Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Straßenfest: Gemeinde übernimmt Kosten
Gemeinderat stimmt für einen Zuschuss bis zu einer Summe von 10 000 Euro
- Um die Vereinskassen zu entlasten und die Vereinsmitglieder zu motivieren, sich voller Engagement und Tatkraft einzubringen, wird die Gemeinde Hohentengen beim Straßenfest 2022 die Allgemeinkosten bis zu einer Höhe von 10 000 Euro übernehmen. Das hat der Gemeinderat Hohentengen am Mittwoch bei einer Gegenstimme von Albert Wetzel festgelegt.
Nachdem das Traditionsfest, an dem sich meist bis zu 40 Vereine aus der ganzen Göge beteiligt haben, aufgrund von Straßenbauarbeiten, dem Kreismusikfest und der Corona-Pandemie einige Male nicht stattfinden konnte und zuletzt 2018 gefeiert wurde, soll die finanzielle Beteiligung der Kommune der Veranstaltung einen neuen Anschub geben. Hintergrund der Entscheidung ist, dass für viele Vereine die Teilnahme am Straßenfest nicht mehr so selbstverständlich sei wie früher. Bei einem Vorbereitungstreffen hätten Vereinsvertreter über die steigenden Kosten geklagt und darüber, dass immer weniger Freiwillige den erhöhten Arbeitsaufwand stemmen müssten. „Wenn dann nach Abzug des 30-Prozent-Anteils am Umsatz, der für die Straßenfestorganisation gezahlt werden muss, nur noch wenig für die eigene Vereinskasse übrig bleibt, stellen sich viele Vereine die Frage, ob sich das Ganze überhaupt noch lohnt“, sagte Gerhard Hochleiter. Der Vorsitzende der Straßenfestgemeinschaft war in die Sitzung gekommen, um die Situation zu verdeutlichen.
In der Tat sei es so, dass die Allgemeinkosten, die beispielsweise für Wasser- und Stromversorgung, Gema-Gebühren, WC-Wagen und Sicherheitspersonal anfallen, immer höher würden. Deshalb würde im Festausschuss einerseits immer nach Einsparpotenzial gesucht, andererseits sei auch klar, dass das Fest eigentlich auch mit neuen Ideen und Angeboten attraktiver gemacht werden müsste. „Wenn zur Eröffnung trotz Fassanstich oder Verlosung außer den am Sternmarsch beteiligten Musikern nur eine Handvoll Menschen kommen, muss sich etwas ändern“, sagte Hochleiter.
Doch schon das Engagement einer oder mehrerer Bands koste schnell mehrere Tausend Euro und könne nicht so ohne Weiteres über die 30-Prozent-Abgabe der Vereine finanziert werden. Zumal auch die Rücklage in der Gemeinschaftskasse geschrumpft sei. „Ideen für das Fest gibt es einige, aber die finanzielle Umsetzung wird schwierig“, sagt Hochleiter.
Bürgermeister Peter Rainer erklärte, dass die Straßenfestgemeinschaft keinen Antrag auf eine Bezuschussung des Fests an die Gemeinde gestellt habe. „Die Idee, die Allgemeinkosten zumindest einmalig zu übernehmen, ist in der Verwaltung entstanden“, sagte er. Gerade, weil sich für das kommende Fest anböte, es mit einem Tag der offenen Tür im neuen Rathaus und der sanierten Göge-Schule zu verbinden und auch die neu gestalteten Bereiche in Hauptund Schulstraße der Öffentlichkeit zu präsentieren. Auch, weil es wohl unter den Vereinen gegenseitige Vorwürfe gegeben habe, den eigenen Anteil an den Allgemeinkosten zu niedrig bemessen zu haben, plädierte Rainer für ein Aussetzen dieser 30Prozent-Regel und eine Art Neuanfang.
Gerhard Hochleiter betonte, dass dies eine große Erleichterung und sicher auch eine Entscheidungshilfe für die Vereine sein werde. Die Forderung von Albert Wetzel, es müssten alle Vereine ihre Abrechnungen offenlegen, um mögliche Pfuschereien aufzudecken, wies er jedoch strickt zurück und stellte sich vor die Vereine. „Ich warne vor solchen Unterstellungen“, sagte er. Schwankungen bei den Umsätzen im Vergleich zum Vorjahr könnten schnell durch besondere Anschaffungen entstehen, wenn etwa die Lebensmittelkontrolle spezielle Leitungen für Trinkwasser fordere. „Außerdem weiß ich schon recht genau, wie viel Umsatz ein Verein mit Bier machen kann. Gibt es Unstimmigkeiten, wird das in einem Vier-Augen-Gespräch geklärt und gehört nicht in den Gemeinderat.“
Die Gemeinderäte begrüßten den Vorschlag der Gemeinde zur finanziellen Beteiligung. Peter Löffler und Martin Reck (beide CDU) legten aber auch Wert darauf, die Vereine daran zu erinnern, dass diese die finanzielle Unterstützung als einen Aufruf auffassen sollten, auch künftig „bei der Stange“zu bleiben. „Die Heimatvereine haben da auch eine Verpflichtung, sich zu beteiligen und sich für den Erhalt der kulturellen Tradition vor Ort zu engagieren“, sagte Peter Löffler.
Ob auch bei weiteren Festen die Kosten anteilig übernommen werden, soll nach Abschluss des Fests im kommenden Jahr entschieden werden. Denkbar wäre laut Hochleiter auch eine Art „Wegezoll“, also ein Eintritt von einem oder zwei Euro fürs Fest, oder das aktive Anwerben von Sponsoren aus dem Kreis der heimischen Unternehmen. Er freute sich über die Entscheidung der Räte und lud Interessierte ein, sich an der Gestaltung des Fests zu beteiligen.