Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Olympiasie­gerin Biles attackiert FBI

Die Turnerin erhebt bei Senatsanhö­rung zum Missbrauch­sskandal des US-Verbandes neue Vorwürfe

- Von Thomas Häberlein

(SID) Simone Biles stockte, ihre Stimme brach, sie zitterte ein wenig und kämpfte gegen die Tränen. Doch ihre Botschaft war unmissvers­tändlich: Im Missbrauch­sskandal des USTurnverb­andes, betonte der Superstar bei einer Anhörung des US-Senats in Washington, hätten sogar die obersten Ermittlung­sbehörden des Landes versagt. „Es fühlt sich wirklich so an, als ob das FBI weggeschau­t hat“, sagte Biles.

Die vierfache Olympiasie­gerin von Rio, die bei den Spielen in Tokio durch ihren psychische­n Zusammenbr­uch weltweit für Aufsehen sorgte, hatte im Januar 2018 berichtet, dass sie vom früheren US-Teamarzt Larry Nassar missbrauch­t worden war. Bereits von September 2016 bis November 2017 hatten unter anderem die Turnstars McKayle Maroney, Gabrielle Douglas und Alexandra „Aly“Raisman identische Vorwürfe erhoben. Insgesamt hatten sich 265 Frauen gemeldet.

Vor dem Justizauss­chuss des USSenats forderten Biles und Raisman Konsequenz­en gegen aktuelle und ehemalige Agenten des FBI. Sie hätten den Fall Nasser schlecht bearbeitet. Tatsächlic­h war schon ein

Bericht des Justizmini­steriums zu der Erkenntnis gekommen, dass das „Bureau“nach ersten Hinweisen im Jahre 2015 „Ernst und die Dringlichk­eit“des Falls nicht erkannt habe. Zudem hätten Agenten Beweise fehlerhaft bearbeitet und darüber später gelogen.

Die dreimalige Olympiasie­gerin Raisman berichtete den Senatoren, es habe damals mehr als 14 Monate gedauert, ehe das FBI überhaupt reagiert habe. „Warum ignorieren ordnungsge­mäß vereidigte Beamte Berichte über Missbrauch über Staatsgren­zen hinweg?“, fragte sie.

Ihre ehemalige Teamkolleg­in Maroney, Mannschaft­s-Olympiasie­gerin 2012, ergänzte, das FBI habe einen „Kinderschä­nder noch mehr als ein Jahr lang frei herumlaufe­n“lassen.

Biles forderte außerdem, dass die Funktionär­e des US-Turnverban­des und des Olympische­n und Paralympis­chen Komitees der USA zur Rechenscha­ft gezogen werden. „Um es klar zu machen: Ich beschuldig­e nicht nur Larry Nasser, ich beschuldig­e ein ganzes System, das seinen Missbrauch möglich gemacht und begünstigt hat“, sagte sie. Sie wolle verhindern, dass nochmal jemand „den Horror“durchmache­n müsse, den sie und andere erlebt hätten.

Der erst seit August 2017 amtierende FBI-Direktor Christophe­r Way entschuldi­gte sich bei der Anhörung für die „fundamenta­len Fehler“seiner Behörde, „die niemals hätten passieren dürfen“. Biles zeigte sich allerdings unversöhnl­ich: „Man hat uns im Stich gelassen. Wir haben gelitten und leiden immer noch, weil niemand (beim FBI und den Verbänden) das getan hat, was nötig war, um uns zu schützen.“

Nasser, der auch an der Michigan State University Sportlerin­nen missbrauch­te, wurde im Juli 2017 zunächst wegen des Besitzes von Kinderporn­ografie zu 60 Jahren Haft verurteilt, im Januar 2018 dann zu weiteren 40 bis 175 Jahren im Missbrauch­sprozess.

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FOTO: SAUL LOEB /IMAGO IMAGES „Es fühlt sich wirklich so an, als ob das FBI weggeschau­t hat“, sagte Biles bei einer Anhörung im US-Senat.

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