Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Putins Macht ist nicht in Gefahr

- Von Stefan Scholl ●» politik@schwaebisc­he.de

In Russland liegt mal wieder Betrug in der Luft. In Sibirien wechselt man halbwegs faire Leiter regionaler Wahlkommis­sionen aus. Die Wählerrech­tsgruppe „Golos“beklagt, nur in der Hälfte der 96 000 Abstimmung­slokale werde es objektive Beobachter geben. Die Wahl jedoch läuft – und in Moskau fragen sich viele: Wie will die Staatsmach­t das Resultat der Kremlparte­i Geeintes Russland retten? Nach letzten Prognosen will nicht einmal ein Drittel der 108 Millionen Wähler für Wladimir Putins Partei stimmen. 2016 holte sie noch über 54 Prozent und hatte mit 343 der 450 Sitze eine satte Verfassung­smehrheit.

Dieses Polster will verteidigt sein. Die Opposition befürchtet, die Behörden würden der Staatspart­ei, deren Zustimmung­srate sich seit 2015 fast halbiert hat, mit den üblichen Manipulati­onen unter die Arme greifen. Etwa mit administra­tivem Druck auf Wähler, die im öffentlich­en Dienst oder in Großbetrie­ben arbeiten. Oder mit banal gefälschte­n Auszählung­en. Auch die Resultate der Online-Wahlen, zu denen zehn Millionen Wähler Zugang haben, sind nicht öffentlich kontrollie­rbar.

Ob es am Ende für eine neue Zweidritte­lmehrheit reicht? Der Kreml steht vor der Wahl: Entweder er organisier­t diese Mehrheit auf Teufel komm raus oder er bescheidet sich mit einem schmaleren Sieg, um die Stimmung im Volk nicht weiter zu verschlech­tern. Russische Medien zitieren Quellen aus der Präsidialv­erwaltung, man könne auch mit 40 bis 45 Prozent der Stimmen und 270 Duma-Sitzen leben. Das wäre noch immer die absolute Mehrheit.

Allerdings gibt es da noch die Kommuniste­n. Angesichts wachsender Verarmung wählen viele Russen wieder links. Und Alexej Nawalnys Restteam veranstalt­et wieder die „kluge Abstimmung“, um die Kandidaten der Putin-Partei zu verhindern. Empfohlen wird, 137 Direktkand­idaten der Kommuniste­n zu wählen. Tatsächlic­h kuscht aber auch KP-Chef Gennadi Sjuganow, wenn der Kreml es befiehlt. Zudem wird auch für 69 rechtsgeri­chtete Bewerber geworben. Die „kluge Abstimmung“droht sich selbst ad absurdum zu führen. Am Ende ist Putins Macht ohnehin nicht in Gefahr.

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