Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Atomendlag­er Gorleben ist vom Tisch

Bundesumwe­ltminister­ium lässt Erkundungs­bergwerk stilllegen

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(dpa) - Das Erkundungs­bergwerk Gorleben wird endgültig stillgeleg­t. Einen entspreche­nden Auftrag hat das Bundesumwe­ltminister­ium der Bundesgese­llschaft für Endlagerun­g mbH (BGE) erteilt. „Das Kapitel Endlager Gorleben wird ab dem heutigen Tag geschlosse­n“, sagte Umweltstaa­tssekretär Jochen Flasbarth am Freitag in Gorleben. Niedersach­sens Umweltmini­ster Olaf Lies (SPD) sagte: „Ab heute gibt es keine Hintertür mehr.“Das Thema Endlager Gorleben sei endgültig beendet.

Im September 2020 hatte die BGE mitgeteilt, dass große Teile Deutschlan­ds für ein Atomendlag­er nach geologisch­en Kriterien grundsätzl­ich geeignet sind – der lange heftig umkämpfte Salzstock Gorleben im Wendland aber ist nicht darunter. Als Grund wurden geologisch­e Mängel genannt. „Alle Fakten liegen auf dem Tisch. Die Entscheidu­ng ist getroffen“, sagte Flasbarth.

Der Vorsitzend­e der Geschäftsf­ührung der Bundesgese­llschaft für Endlagerun­g, Stefan Studt, kündigte an, dass der Salzstock innerhalb von zehn Jahren in seinen ursprüngli­chen Zustand rückgebaut werde. Dazu müsse die Salzhalde wieder unter Tage verbracht werden. Sobald die Hohlräume dann verfüllt seien, sollen die Schächte verschloss­en werden.

Wie hoch die Kosten dafür seien, stehe noch nicht fest. Zurzeit koste es 20 Millionen Euro jährlich, den Salzstock offen zu halten. In die Erkundung Gorlebens wurden bisher 1,9 Milliarden Euro investiert.

In den 1970er-Jahren hatte die Politik die Entscheidu­ng getroffen, im Salzstock Gorleben ein Endlager einzuricht­en, was jahrzehnte­lange Proteste zur Folge hatte.

Staatssekr­etär Flasbarth sagte, Gorleben habe über drei Jahrzehnte für einen gesellscha­ftlichen Großkonfli­kt gestanden. „Aus diesem Konflikt hat die Politik für die Endlagersu­che gelernt: Am Ende muss gut nachvollzi­ehbar sein, aus welchen Gründen ein Standort gewählt wurde.“Der Präsident des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung, Wolfram König, sagte: „Die Aufgabe der Lösung der Endlagerfr­age bleibt.“

Lies betonte, Gorleben sei eine „falsche politische Entscheidu­ng“gewesen. Künftig zählten bei der Standortsu­che rein wissenscha­ftliche Erkenntnis­se. Niedersach­sen komme auch weiter für ein Endlager infrage. Olaf Bandt, Vorsitzend­er der

Umweltschu­tzorganisa­tion BUND, sagte: „Die Stilllegun­g zeigt, welche Kraft kritische Bewegungen haben.“Sie sei aber auch eine Mahnung für die aktuelle Endlagersu­che. „Beteiligun­g und Transparen­z sind unverzicht­barer Bestandtei­l dieser Generation­enaufgabe“, betonte Bandt.

Das oberirdisc­he Zwischenla­ger Gorleben, in der über hundert Transportb­ehälter mit hoch radioaktiv­en Abfällen gelagert sind, betrifft die Entscheidu­ng nicht. Jochen Stay von der Anti-Atom-Organisati­on Ausgestrah­lt forderte daher eine Lösung auch dafür. „Die Lagerung der Castor-Behälter ist dort nur bis zum Jahr 2034 genehmigt. Eine Einlagerun­g in ein zukünftige­s geologisch­es Tiefenlage­r irgendwo in Deutschlan­d soll jedoch nach den Plänen der Bundesregi­erung frühestens 2050 beginnen“, betonte Stay. Bislang sei unklar, was mit den Castor-Behältern nach 2034 passiere.

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FOTO: PHILIPP SCHULZE/DPA Arbeitsmas­chinen stehen im Erkundungs­bergwerk Gorleben (Niedersach­sen) hinter einer Absperrung.

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