Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Anna Netrebko bringt Glamour auf die Bühne
Die russische Sopranistin wird 50 – Die Unterstützung von Putin brachte ihr Kritik ein
(dpa) - Die russische Sängerin ist viel mehr als ein Opernstar. In sozialen Medien verkörpert sie Glamour gewürzt mit Bodenständigkeit. Doch ihre Ansichten abseits der Musik sorgen manchmal auch für Stirnrunzeln.
Wenige Tage vor Anna Netrebkos 50. Geburtstag am Samstag starb ihr Vater, wie die Sopranistin ihren Hunderttausenden Followern auf Instagram erzählte. Dennoch werde ihr Galakonzert im Moskauer Kremlpalast am 18. September stattfinden, schrieb sie und verwies auf die Fröhlichkeit ihres Vaters: „Er hätte nicht gewollt, dass seine Liebsten nach seinem Ableben diese unglaubliche Energie verlieren, die ihm innewohnte.“
Das lebhafte Temperament zeigte sich schon in Annas Kindheit im südrussischen Krasnodar nahe der Schwarzmeerküste. „Diese wilde Energie sprudelte, ich konnte nie ruhig sprechen. Ich schrie immer“, erzählte sie in der TV-Dokumentation „Anna Netrebko – Anna The Great“aus dem Jahr 2014. Die Tochter eines Geologen und einer Ingenieurin liebte es, sich zu verkleiden und im Mittelpunkt zu stehen. Sie nahm Ballettunterricht und begann als 16-Jährige eine Ausbildung als Sopranistin.
Während sie am Konservatorium in St. Petersburg studierte, arbeitete sie als Reinigungskraft am MariinskiTheater. Im Jahr 1994 wurde sie dort engagiert. Beim Vorsingen überzeugte sie den Intendanten und Dirigenten Waleri Gergijew, der sie wenige Monate zuvor noch putzen gesehen hatte.
Der internationale Durchbruch gelang ihr 2002, als sie bei den Salzburger Festspielen als Donna Anna in „Don Giovanni“unter dem gestrengen Maestro Nikolaus Harnoncourt debütierte.
Netrebko lebt in Wien und besitzt seit 2006 auch den österreichischen Pass. Sie verbringt jedoch auch viel
Zeit in Moskau, St. Petersburg und New York. Sie ist an der Wiener Staatsoper, der Metropolitan Opera, der Mailänder Scala, dem Moskauer Bolschoi-Theater und anderen führenden Häusern präsent. Mit ihrer Stimme, die neben den hellen Farbtönen auch dunkle Wärme ausstrahlt, hat sie sich ein Repertoire aufgebaut, das sich von Mozart und lyrischen italienischen und französischen Rollen in den letzten Jahren hin zu dramatischeren Partien ausgeweitet hat.
Auf der Bühne steht sie oft mit ihrem Ehemann Yusif Eyvazov. Mit dem Tenor aus Aserbaidschan ist sie seit 2015 verheiratet. Auf Instagram zeigen die beiden ihre Zuneigung zu Netrebkos 13-jährigem Sohn Tiago, der aus ihrer früheren Beziehung mit dem Bassbariton Erwin Schrott stammt.
Während Netrebko künstlerisch unangefochten ist, hat sie sich in politischen und gesellschaftlichen Fragen Kritik eingehandelt. Sie unterstützte 2012 Wladimir Putin vor der russischen Präsidentenwahl und übergab 2014 eine Spende für Künstler in der von pro-russischen Separatisten kontrollierten Ostukraine. Und 2018 meinte sie gegenüber dem britischen Sender Klassik FM, dass in der Klassik-Szene sexueller Missbrauch nur passiere, wenn er zugelassen werde. Auf Twitter ruderte sie jedoch schnell zurück: „Kein Opfer eines sexuellen Übergriffes ist je schuld“, betonte sie.