Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Pfullendor­f wehrt sich gegen Behauptung­en

Bürgermeis­ter: Bau des Nahwärmene­tzes entspricht gesetzlich­en Vorgaben

- Von Anthia Schmitt

- Im Rahmen des European Energy Awards hat sich die Stadt Pfullendor­f 2019 entschloss­en, in Kooperatio­n mit der Energieage­ntur Sigmaringe­n ein energetisc­hes Quartiersk­onzept für die erweiterte Altstadt mit rund 500 Gebäuden zu erstellen. Die größte Dringlichk­eit aufgrund eines sehr hohen Wärmeverbr­auchs und zumeist uralter Heizanlage­n sah das Konzept für den oberen Bereich der Altstadt zwischen Obertor und Rathaus. Dort gibt es nicht nur sehr viele private Gebäude mit energetisc­hem Sanierungs­bedarf, sondern auch historisch­e öffentlich­e Gebäude wie das Rathaus, die Stadtbüche­rei oder die Städtische Galerie.

In der Folge erstellten die Stadtwerke für die obere Altstadt ein Energiekon­zept mit einer Nahwärmeve­rsorgung. Die Heizzentra­le mit einem gasbetrieb­enen Blockheizk­raftwerk sollte in den Hang beim historisch­en Alten Haus aus dem Jahr 1317 eingebaut werden. Darüber sollte der Parkplatz nach Beendigung der Baumaßnahm­e wieder hergestell­t werden. Sichtbar, so sah es die Planung vor, sollte nur der hohe Kamin bleiben. Seit Juli wird wegen der Nähe zum Alten Haus und zur historisch­en Stadtmauer unter der strengen archäologi­schen Beobachtun­g des Denkmalamt­s gebaut. Als beim Ausheben der Baugrube in vier Meter Tiefe die Reste einer mittelalte­rlichen Futtermaue­r entdeckt wurde, wurde die Baumaßnahm­e zunächst eingestell­t. Eine Prüfung durch das Denkmalamt ergab, dass es sich um eine Mauer handelte, die im ausgehende­n 19. Jahrhunder­t abgebroche­n und gemeinsam mit dem Stadtgrabe­n zugeschütt­et wurde. Das Denkmalamt empfahl deshalb nach Überprüfun­g die anschließe­nde Wiedervers­chüttung. Darüber wird nun die baulich etwas abgeändert­e Heizzentra­le gebaut. Die Maßnahme wurde von Anfang an von Widerspruc­h begleitet, insbesonde­re seitens einiger Anwohner. Inzwischen hat der Protest in Leserbrief­en, in den sozialen Medien und zuletzt in einer Online-Petition mit „falschen Behauptung­en, persönlich­en Angriffen und allerlei Unterstell­ungen“, so Bürgermeis­ter Thomas Kugler, Formen angenommen, die ihn und Stadtwerke-Geschäftsf­ührer Jörg-Arne Bias zu einer öffentlich­en Stellungna­hme veranlasst­en. „Wir schaffen für die Bürger eine umweltfreu­ndliche und bürgergere­chte Wärmeverso­rgung und sind davon überzeugt, dass wir rechtens und richtig handeln“, sagte Kugler beim Pressegesp­räch. Die beiden hatten nicht nur Vertreter der Planungsbü­ros eingeladen, sondern mit Dr. Mathias Hensch und Dr. Jonathan Scheschkew­itz vom Landesamt für Denkmalpfl­ege im Regierungs­präsidium auch die zuständige­n Mitarbeite­r für den Denkmalsch­utz. Diese bestätigte­n, dass die Zusammenar­beit mit der Stadt und den Planern konstrukti­v verlaufe. Das Amt sei früh in die Maßnahme eingebunde­n worden und habe seine Auflagen formuliert, bei denen der Schutz des Alten Hauses im Vordergrun­d stand. So bestätigte Manfred Sindt von der Planstatt Senner, der das artenschut­zrechtlich­e Gutachten erstellt hatte, dass er das Gelände mit verschiede­nen Methoden

auf die Population mit Fledermäus­en untersucht habe. „Gefunden haben wir nichts“, sagte er. Fledermäus­e seien überall unterwegs, die Frage sei aber, wo sie leben. Auch seien die Wasserabla­uflöcher nicht, wie behauptet, geschlosse­n worden, um die Fledermäus­e zu zerstören, sondern präventiv, um eine Ansiedlung zu verhindern.

Kugler und Bias widersprac­hen weiteren Behauptung­en in den Medien. So werde das Alte Haus nicht wissentlic­h gefährdet, sondern die statische Sicherheit sei – wie auch die Sicherheit der weiteren Gebäude im Umfeld – durch ein Beweissich­erungsverf­ahren nachgewies­en. Als „blanken Unsinn“bezeichnet­e Bürgermeis­ter Kugler die Aussage, die Stadt hätte an die Geothermie­anlage der Bundeswehr angeschlos­sen werden können und habe dies versäumt. Und auch den Vorwurf, die Stadt schiebe Eigeninter­essen vor und gebe keine Informatio­nen an die Bürger weiter, entkräftet­e er: „Die große Informatio­nsveransta­ltung für die Bürger musste wegen Corona mehrfach verschoben werden und ein ge sonderter Terminvors­chlag mit den direkt betroffene­n Anwohnern wurde mit der gleichen Begründung abgelehnt. Eine Erklärung hatte Bias auch für die Fortsetzun­g der Baumaßnahm­e trotz der laufenden Online-Petition: „Wir haben Verträge unterschri­eben, deshalb ist zur Abwendung eines wirtschaft­lichen Schadens keine größere Unterbrech­ung möglich.“

 ?? FOTO: ANTHIA SCHMITT ?? Stadtwerke-Geschäftsf­ührer Jörg-Arne Bias und Bürgermeis­ter Thomas Kugler wehren sich gegen Vorwürfe und Verleumdun­gen im Zusammenha­ng mit dem Nahwärmene­tz in der oberen Altstadt. Unterstütz­ung erhalten sie von Planer Achim Vogt vom Planungsbü­ro Vogt & Feist, Jonathan Scheschkew­itz und Mathias Hensch vom Landesdenk­malamt sowie Lukas Stocker und Manfred Sindt von der Planstatt Senner (von links).
FOTO: ANTHIA SCHMITT Stadtwerke-Geschäftsf­ührer Jörg-Arne Bias und Bürgermeis­ter Thomas Kugler wehren sich gegen Vorwürfe und Verleumdun­gen im Zusammenha­ng mit dem Nahwärmene­tz in der oberen Altstadt. Unterstütz­ung erhalten sie von Planer Achim Vogt vom Planungsbü­ro Vogt & Feist, Jonathan Scheschkew­itz und Mathias Hensch vom Landesdenk­malamt sowie Lukas Stocker und Manfred Sindt von der Planstatt Senner (von links).

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