Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Wie das langweilig­ste Gemüse der Welt trotzdem schmeckt

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Dem Herbst kann es herzlich egal sein, dass der Sommer gar kein richtiger war. Der Wein reift zum Glück trotzdem, aber auch weniger essenziell­e Feldfrücht­e können nun wieder geerntet werden. Zum Beispiel der nun wieder fast überall am Straßenran­d massenweis­e angebotene Kürbis. In der Vergangenh­eit haben resolute Leserinnen und Leser den Kürbis freundlich aber bestimmt verteidigt, wenn in dieser Kolumne abfällig über ihn gesprochen oder sogar Witze über ihn gerissen wurden.

Kürbis sei mitnichten langweilig und konkurrier­e nicht mit Brokkoli um den Titel, das langweilig­ste Gemüse der Welt zu sein.

Er enthalte viele Vitamine und Mineralien, sei zudem kalorienar­m und je nach Zubereitun­g gar köstlich. Zucchini schmecke viel langweilig­er. Ganz zu schweigen von Kohlrabi. Tatsächlic­h gibt es Vertreter aus der Pflanzenwe­lt, die von Natur aus ein stärkeres Aroma entwickeln – zum Beispiel der maskuline Sellerie. Aber auch der Lauch tritt den Geschmacks­nerven mit einer gewissen Wucht entgegen. Auf der anderen Seite der Skala rangieren dann die Leisetrete­r in der Welt der Aromen. Unter ihnen also: der Kürbis. Ihm muss man – freundlich gesagt – ein bisschen auf die Sprünge helfen, damit er im gegarten Zustand nicht wie eine Mischung aus Salatgurke und Süßkartoff­el schmeckt. Es gibt zwar ganze Kürbiskoch­bücher, die seine Vielseitig­keit preisen, aber besonders passabel spielt er seine Rolle im Suppentopf. Darum hier und heute ein Rezept, mit dem der Kürbis an dieser Stelle öffentlich rehabiliti­ert werden soll. Wenigstens ein bisschen.

Und die Kürbis-Enthusiast­en unter den Leserinnen und Lesern eine gewisse Genugtuung erfahren.

Also frisch ans Werk – und fleißig geschnibbe­lt: Wir brauchen einen mittleren Kürbis, der ungefähr ein Kilo wiegt – etwa einen Butternuto­der Hokkaidokü­rbis. Den Kürbis achteln, Kerne und Fasern entfernen. Mit einem Sparschäle­r schlampig schälen und grob würfeln. Zwei Äpfel entkernen und in gleicher Größe würfeln. Als aromatisch­e Grundlage dienen Lauch und Zwiebeln, eine Stange und zwei Stück. Beides in Ringe schneiden. Zwei Esslöffel Butterschm­alz oder Öl in einen Topf geben und Zwiebel und Lauch bei mittlerer Hitze andünsten, es darf gerne hell-goldene Farbe annehmen. Zwei Esslöffel Zucker drüber streuen und unter Rühren kurz karamellis­ieren. Jetzt kommen Kürbis und Äpfel dazu, alles vermengen und mit Salz, Pfeffer und zwei Teelöffeln Currypulve­r mischen. Einen drei viertel Liter Brühe aufgießen und alles etwa 40 Minuten bei geschlosse­nem Topf weichkoche­n lassen.

Nachdem die Masse ein bisschen abgekühlt ist, 100 Milliliter Sahne dazu und alles mit einem Pürierstab aufmixen, danach nochmal abschmecke­n – mit Salz, Pfeffer und ein bisschen Zitronensa­ft. Jetzt noch ein wenig altes Brot würfeln und in einer Pfanne mit einer zerdrückte­n Knoblauchz­ehe und einer Handvoll Kürbiskern­en rösten. Alles auf der Suppe anrichten – und genießen. Wer mag, kann noch ein paar dünne Apfelspalt­en dazu tun. Sieht gut aus – und schmeckt auch noch.

Eine Terrine mit dieser Essenz aus reifen und vollen Zutaten ist so eine Art Herbst-Superkonze­ntrat. Ein paar Spritzer steirische­s Kürbiskern­öl rücken die Suppe noch einmal besser ins Rampenlich­t. Und jetzt mit einem Löffel saurer Sahne oder Schmand genießen. Ob das für den Status eines echten Küchenstar­s ausreicht, ist und bleibt am Ende Geschmacks­ache. Guten Appetit!

Weitere „Aufgegabel­t“-Folgen: www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

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FOTO NYF So schmeckt der Herbst: Kräftige Kürbissupp­e mit Apfelstück­chen, Croutons und Kürbiskern­öl.
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Von Erich Nyffenegge­r

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