Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
„Wir können nicht einfach Geld drucken“
Der Kandidat der Freien Wähler Jürgen Schiller war bis Ende 2019 in der AfD – Für welchen Kurs er eintritt
- Der Direktkandidat der Freien Wähler für die Bundestagswahl heißt Jürgen Schiller. Der gebürtige Albstädter arbeitet bei der Sigmaringer Stadtverwaltung, zu den Freien Wählern kam er über Umwege: 2018 trat er in die AfD ein und ließ sich 2019 für die Partei in den Kreistag des Zollernalbkreises wählen. „Ich war unzufrieden mit den etablierten Parteien“, erklärt er auf Nachfrage. Ende 2019 trat er jedoch schon wieder aus der AfD aus. Als Grund für seinen Austritt nennt er den für ihn nicht mehr tragbaren Rechtsruck der Partei.
Sichtbarster Ausdruck des Konfliktes, der hinter den Kulissen der Zollernalb-AfD tobte, sei ein Auftritt des dem rechten Parteiflügel angehörigen Politikers Andreas Kalbitz in Albstadt gewesen. Obwohl er eine „gesunde konservative Haltung“vertrete, habe in er „diesen Kurs nicht mehr mittragen wollen und können“, sagt Schiller. Darum habe er die Partei an der Seite des Landtagsabgeordneten Stefan Herre und seiner zwei Kreistagsfraktionskollegen Stefan Buck und Armin Schweitzer verlassen, mit welchen er seither im Kreistag die „Konservativ-Bürgerliche Vereinigung“bildet.
Inhaltlich steht Schiller für eine liberal-konservative Politik. „Der Mietendeckel ist sicher keine Lösung“, sagt der Kandidat, der sich privat auch als Vermieter betätigt. „Es kann nicht sein, dass ich etwas investiere und der Staat mir dann vorschreibt, wie hoch die Miete ausfallen darf“, sagt er. Die öffentliche Förderung des sozialen Wohnungsbaus im Privatsektor hält er für einen Irrweg. „Sozialwohnungen muss der Staat bauen – der Bund muss den Ausbau auf kommunaler Ebene fördern“, sagt er.
Das Thema Migration sieht er kritisch. „Ich habe nichts gegen Ausländer, aber wir können nicht jeden aufnehmen, der bei uns leben möchte“, sagt er. Darum müsse der Bund dringend ein Einwanderungsgesetz beschließen, das Asylrecht solle nur für politisch Verfolgte gelten.
Dem Klimawandel könne Deutschland alleine wohl kaum Einhalt gebieten, sagt Schiller. „Wir möchten gerne Vorbild sein, aber ich bezweifle, dass die USA und China uns auf diesem Weg folgen werden.“Deswegen sei er gegen ein Verbot von Verbrennermotoren. Stattdessen wolle er die Region mit einem vierspurigen Ausbau der Bundesstraßen wirtschaftlich voran bringen. Noch ist unklar, ob die Freien
Wähler im Bund die Fünf-ProzentHürde überwinden. Doch wenn er in den Bundestag gewählt würde, wolle er sich für auskömmliche Renten für alle und gegen eine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters einsetzen. Finanzieren will Schiller das aus einem Topf, in den künftig auch alle Selbständigen mit einzahlen sollen. „Die Beiträge müssen erhöht werden“, sagt er, „schließlich können wir das Geld nicht einfach drucken.“