Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
„Wir sind traurig, wütend und hilflos“
Vor der Öffentlichkeit informiert die SRH-Führung die Mitarbeiter in Bad Saulgau und Pfullendorf
- Am Montagmorgen hat die Führung der SRH-Kliniken im Landkreis Sigmaringen die Mitarbeiter im Krankenhaus in Bad Saulgau über das medizinische Konzept informiert. Anschließend wurden die Mitarbeiter in Pfullendorf und Sigmaringen informiert. Am Rande der betriebsinternen Veranstaltung in Bad Saulgau kam es zu einer Protestaktion von Bürgern, die den Verbleib des Krankenhauses in Bad Saulgau forderten.
Die Cafeteria im Erdgeschoss des Krankenhauses in Bad Saulgau ist brechend voll. Die bereitgestellten Stühle reichen nicht aus. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen stehen. Wer gerade Urlaub oder dienstfrei hat, kommt an diesem Tag trotzdem an seinen Arbeitsplatz. Eine Glastür der Cafeteria bleibt geöffnet. Das verschafft Platz und sorgt in Zeiten der Pandemie für Lüftung.
Die komplette Führungsspitze der SRH ist nach Bad Saulgau angereist, um den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Bad Saulgau das medizinische Konzept und die Empfehlungen für die drei Krankenhäuser der SRH-Kliniken Landkreis Sigmaringen vorzustellen. Schon vor der Veranstaltung war durchgesickert, dass für das Krankenhaus in Bad Saulgau nur noch die Notfallversorgung vorgesehen ist. Bürgerinnen und Bürger aus Bad Saulgau sind durch die Nachricht einer möglichen Schließung aufgeschreckt. Unterstützt werden sie vom Förderverein des Krankenhauses. In der Nähe des Krankenhauses enthüllt eine Handvoll von ihnen Transparente. Auf ihnen fordern sie, die Geburtenstation in Bad Saulgau wieder zu eröffnen. An diesem Morgen wollen sie ein Zeichen gegen die Schließung des Krankenhauses setzen. An der Zufahrt zum Krankenhaus hängt ein Kreuz mit der Aufschrift „Krankenhaus SLG“. Auch der Kandidat der SPD zur Bundestagswahl, Robin Mesarosch, nimmt am Protest teil.
Vor allem die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind aufgewühlt. Einer von ihnen will an der Veranstaltung nicht teilnehmen. „Ich will mich da drinnen nicht anlügen lassen“, sagt er. Er spricht von akuten Personalengpässen am Standort, nicht nur in der Pflege, selbst im Bereich der Küche. Er wirft der SRH vor, das durch die Personalpolitik selbst verantworten zu müssen.
Wer aus der Versammlung herauskommt, möchte in der Regel nichts sagen, schon gar nicht gegenüber der „Schwäbischen Zeitung“. Doch die Mienen sprechen Bände.
Dann doch, die ersten Mutigen, die sich äußern, ihren Namen aber nicht in der Zeitung lesen möchten. „Wir sind traurig, wütend und hilflos“, bringt eine Krankenpflegerin, die schon über 30 Jahre im Krankenhaus in Bad Saulgau arbeitet, den Gefühlszustand nach der Mitarbeiterversammlung auf den Punkt. Sie brennt für das Krankenhaus in Bad Saulgau. Die Soll-Zahlen der Präsentation seien aber den Krankenhäusern in Bad Saulgau und Pfullendorf zugeordnet worden, die Haben-Zahlen dem Krankenhaus in Sigmaringen. „Aber schauen Sie sich einmal die Klinikbewertungen an, die sind immer gut. Patienten sagen, sie fühlen sich wohl bei uns.“Ob sie, wie von der SRHLeitung gewünscht, ins Krankenhaus nach Sigmaringen wechsle, sei nicht sicher. Zu sehr würde sie das Familiäre und Menschliche vermissen, was das Krankenhaus in Bad Saulgau auszeichnet. Doch selbst ein schneller Wechsel zu einem anderen Träger sei nicht einfach. „Viele arbeiten seit über 20 Jahren hier am Krankenhaus“, so die Mitarbeiterin. Lange Betriebszugehörigkeit bedeute lange Kündigungsfristen von bis zu einem Jahr. Aber außer der persönlichen Betroffenheit habe die Auswirkung auf die Stadt eine ganz andere Dimension: „Was macht Bad Saulgau ohne Krankenhaus und ohne medizinische Versorgung“. Schon jetzt sei die Versorgung mit Hausärzten knapp.
„Für die Patienten ist das schlimm“, sagt eine weitere Mitarbeiterin, die in der Region um Bad Saulgau wohnt. Derzeit fürchtet sie, dass eine zu harte Diskussion um die Schließung Patienten davon abhalten könnte, weiterhin ins Krankenhaus nach Bad Saulgau zu gehen. „Das dauert doch alles noch ein oder zwei Jahre“, so ihre Meinung. Den Wechsel für sich persönlich empfindet sie aber nicht als so gravierend. „Ob ich nach Bad Saulgau oder nach Sigmaringen fahre, das sind für mich nur ein paar Kilometer.“