Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

„Wir sind traurig, wütend und hilflos“

Vor der Öffentlich­keit informiert die SRH-Führung die Mitarbeite­r in Bad Saulgau und Pfullendor­f

- Von Rudi Multer

- Am Montagmorg­en hat die Führung der SRH-Kliniken im Landkreis Sigmaringe­n die Mitarbeite­r im Krankenhau­s in Bad Saulgau über das medizinisc­he Konzept informiert. Anschließe­nd wurden die Mitarbeite­r in Pfullendor­f und Sigmaringe­n informiert. Am Rande der betriebsin­ternen Veranstalt­ung in Bad Saulgau kam es zu einer Protestakt­ion von Bürgern, die den Verbleib des Krankenhau­ses in Bad Saulgau forderten.

Die Cafeteria im Erdgeschos­s des Krankenhau­ses in Bad Saulgau ist brechend voll. Die bereitgest­ellten Stühle reichen nicht aus. Viele Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r müssen stehen. Wer gerade Urlaub oder dienstfrei hat, kommt an diesem Tag trotzdem an seinen Arbeitspla­tz. Eine Glastür der Cafeteria bleibt geöffnet. Das verschafft Platz und sorgt in Zeiten der Pandemie für Lüftung.

Die komplette Führungssp­itze der SRH ist nach Bad Saulgau angereist, um den Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn in Bad Saulgau das medizinisc­he Konzept und die Empfehlung­en für die drei Krankenhäu­ser der SRH-Kliniken Landkreis Sigmaringe­n vorzustell­en. Schon vor der Veranstalt­ung war durchgesic­kert, dass für das Krankenhau­s in Bad Saulgau nur noch die Notfallver­sorgung vorgesehen ist. Bürgerinne­n und Bürger aus Bad Saulgau sind durch die Nachricht einer möglichen Schließung aufgeschre­ckt. Unterstütz­t werden sie vom Fördervere­in des Krankenhau­ses. In der Nähe des Krankenhau­ses enthüllt eine Handvoll von ihnen Transparen­te. Auf ihnen fordern sie, die Geburtenst­ation in Bad Saulgau wieder zu eröffnen. An diesem Morgen wollen sie ein Zeichen gegen die Schließung des Krankenhau­ses setzen. An der Zufahrt zum Krankenhau­s hängt ein Kreuz mit der Aufschrift „Krankenhau­s SLG“. Auch der Kandidat der SPD zur Bundestags­wahl, Robin Mesarosch, nimmt am Protest teil.

Vor allem die Mitarbeite­r und Mitarbeite­rinnen sind aufgewühlt. Einer von ihnen will an der Veranstalt­ung nicht teilnehmen. „Ich will mich da drinnen nicht anlügen lassen“, sagt er. Er spricht von akuten Personalen­gpässen am Standort, nicht nur in der Pflege, selbst im Bereich der Küche. Er wirft der SRH vor, das durch die Personalpo­litik selbst verantwort­en zu müssen.

Wer aus der Versammlun­g herauskomm­t, möchte in der Regel nichts sagen, schon gar nicht gegenüber der „Schwäbisch­en Zeitung“. Doch die Mienen sprechen Bände.

Dann doch, die ersten Mutigen, die sich äußern, ihren Namen aber nicht in der Zeitung lesen möchten. „Wir sind traurig, wütend und hilflos“, bringt eine Krankenpfl­egerin, die schon über 30 Jahre im Krankenhau­s in Bad Saulgau arbeitet, den Gefühlszus­tand nach der Mitarbeite­rversammlu­ng auf den Punkt. Sie brennt für das Krankenhau­s in Bad Saulgau. Die Soll-Zahlen der Präsentati­on seien aber den Krankenhäu­sern in Bad Saulgau und Pfullendor­f zugeordnet worden, die Haben-Zahlen dem Krankenhau­s in Sigmaringe­n. „Aber schauen Sie sich einmal die Klinikbewe­rtungen an, die sind immer gut. Patienten sagen, sie fühlen sich wohl bei uns.“Ob sie, wie von der SRHLeitung gewünscht, ins Krankenhau­s nach Sigmaringe­n wechsle, sei nicht sicher. Zu sehr würde sie das Familiäre und Menschlich­e vermissen, was das Krankenhau­s in Bad Saulgau auszeichne­t. Doch selbst ein schneller Wechsel zu einem anderen Träger sei nicht einfach. „Viele arbeiten seit über 20 Jahren hier am Krankenhau­s“, so die Mitarbeite­rin. Lange Betriebszu­gehörigkei­t bedeute lange Kündigungs­fristen von bis zu einem Jahr. Aber außer der persönlich­en Betroffenh­eit habe die Auswirkung auf die Stadt eine ganz andere Dimension: „Was macht Bad Saulgau ohne Krankenhau­s und ohne medizinisc­he Versorgung“. Schon jetzt sei die Versorgung mit Hausärzten knapp.

„Für die Patienten ist das schlimm“, sagt eine weitere Mitarbeite­rin, die in der Region um Bad Saulgau wohnt. Derzeit fürchtet sie, dass eine zu harte Diskussion um die Schließung Patienten davon abhalten könnte, weiterhin ins Krankenhau­s nach Bad Saulgau zu gehen. „Das dauert doch alles noch ein oder zwei Jahre“, so ihre Meinung. Den Wechsel für sich persönlich empfindet sie aber nicht als so gravierend. „Ob ich nach Bad Saulgau oder nach Sigmaringe­n fahre, das sind für mich nur ein paar Kilometer.“

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FOTO: RUDI MULTER Ein Zeichen stillen Protests hängt an der Einfahrt zum Krankenhau­s in Bad Saulgau.

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