Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Kritik am Wegfall des Lohnersatzes für Ungeimpfte
Anders als im Südwesten halten die Bundesgrünen die ab 1. November gültige Regelung für einen Fehler
- Die Grünen haben die Prognose von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in Zweifel gezogen, dass die Corona-Pandemie im kommenden Frühjahr in Deutschland wahrscheinlich beendet sein werde. „Das lässt sich schwer voraussagen und hängt davon ab, inwieweit es uns gelingt, die Pandemie weltweit zu besiegen“, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der Bundestags-Grünen, Maria Klein-Schmeink, der „Schwäbischen Zeitung“. Auch den Wegfall des Lohnersatzes für Ungeimpfte bei Quarantäne sieht sie kritisch.
Wie begründet Spahn seine Prognose?
„Herdenimmunität wird immer erreicht“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“. Die Frage sei nur, ob durch Impfung oder durch Ansteckung. „Wenn keine neue Virusvariante auftaucht, gegen die eine Impfung nicht schützt, was sehr unwahrscheinlich ist, dann haben wir die Pandemie im Frühjahr überwunden.“
Warum ist diese Einschätzung nach Ansicht der Grünen falsch? Klein-Schmeink wies auf die Gefahr durch neue Virusvarianten hin: „Je stärker das Virus zirkuliert, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass neue und gefährlichere Varianten entstehen.“Deshalb sei die Pandemie nur durch eine wesentlich höhere Impfquote zu stoppen.
Spahn hält es für verfrüht, einen Freiheitstag zu planen. Wieso? Weil in Deutschland die Impfquote noch nicht hoch genug sei, betonte der Minister. Derzeit sind 63 Prozent der Deutschen vollständig geimpft, aber rund 80 Prozent der Dänen. Die FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus ist anderer Meinung. Jetzt „eine Diskussion über eine Aufhebung der CoronaMaßnahmen, also über einen Freedom
Day“zu führen, sei „richtig“, sagte sie.
Bund und Länder haben beschlossen, dass der Lohnersatz für Ungeimpfte, die in Quarantäne müssen, nicht mehr vom Staat übernommen wird. Mit welcher Begründung?
Spahn bezeichnete es als eine „Frage der Fairness“, dass Ungeimpfte in solchen Fällen keine Lohnersatzleistungen mehr bekommen. Diejenigen, die sich mit einer Impfung schützten, hätten die berechtigte Frage, warum sie für diejenigen, die das nicht tun, mitzahlen müssten.
Ab wann gilt die Regelung über den Wegfall des Lohnersatzes? Bundesweit ab 1. November. In Baden-Württemberg ist eine entsprechende Verordnung schon seit mehreren Tagen in Kraft. Interessant: Entgegen der Linie Baden-Württembergs mit seinem Grünen-Ministerpräsidenten, hält die Gesundheitsexpertin der Bundestagsfraktion KleinSchmeink die Streichung des Lohnersatzes für einen Fehler. Der Wegfall der staatlichen Leistung liefere einen „Anreiz zum Unterlaufen der Quarantäne“und werde von den Betroffenen als Strafe aufgefasst. Das treibe „beim Impfen noch zurückhaltende Menschen in Richtung echter Impfgegner“.
Was heißt das genau? Grundsätzlich haben Beschäftigte, die wegen einer Quarantäne-Anordnung zu Hause bleiben müssen, in den ersten sechs Wochen Anspruch auf Lohnersatz durch den Staat in voller Höhe, ab der siebten Woche noch in Höhe von 67 Prozent. Diese Regelung soll nun spätestens ab 1. November für nicht geimpfte Menschen, für die eine Impfempfehlung vorliegt, nicht mehr gelten, wenn sie als Kontaktpersonen von Corona-Infizierten oder als Reiserückkehrer aus einem Risikogebiet im Ausland in Quarantäne müssen und nicht zur Arbeit dürfen.