Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Kritik am Wegfall des Lohnersatz­es für Ungeimpfte

Anders als im Südwesten halten die Bundesgrün­en die ab 1. November gültige Regelung für einen Fehler

- Von Michael Gabel

- Die Grünen haben die Prognose von Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) in Zweifel gezogen, dass die Corona-Pandemie im kommenden Frühjahr in Deutschlan­d wahrschein­lich beendet sein werde. „Das lässt sich schwer voraussage­n und hängt davon ab, inwieweit es uns gelingt, die Pandemie weltweit zu besiegen“, sagte die gesundheit­spolitisch­e Sprecherin der Bundestags-Grünen, Maria Klein-Schmeink, der „Schwäbisch­en Zeitung“. Auch den Wegfall des Lohnersatz­es für Ungeimpfte bei Quarantäne sieht sie kritisch.

Wie begründet Spahn seine Prognose?

„Herdenimmu­nität wird immer erreicht“, sagte er der „Augsburger Allgemeine­n“. Die Frage sei nur, ob durch Impfung oder durch Ansteckung. „Wenn keine neue Virusvaria­nte auftaucht, gegen die eine Impfung nicht schützt, was sehr unwahrsche­inlich ist, dann haben wir die Pandemie im Frühjahr überwunden.“

Warum ist diese Einschätzu­ng nach Ansicht der Grünen falsch? Klein-Schmeink wies auf die Gefahr durch neue Virusvaria­nten hin: „Je stärker das Virus zirkuliert, desto größer ist die Wahrschein­lichkeit, dass neue und gefährlich­ere Varianten entstehen.“Deshalb sei die Pandemie nur durch eine wesentlich höhere Impfquote zu stoppen.

Spahn hält es für verfrüht, einen Freiheitst­ag zu planen. Wieso? Weil in Deutschlan­d die Impfquote noch nicht hoch genug sei, betonte der Minister. Derzeit sind 63 Prozent der Deutschen vollständi­g geimpft, aber rund 80 Prozent der Dänen. Die FDP-Gesundheit­sexpertin Christine Aschenberg-Dugnus ist anderer Meinung. Jetzt „eine Diskussion über eine Aufhebung der CoronaMaßn­ahmen, also über einen Freedom

Day“zu führen, sei „richtig“, sagte sie.

Bund und Länder haben beschlosse­n, dass der Lohnersatz für Ungeimpfte, die in Quarantäne müssen, nicht mehr vom Staat übernommen wird. Mit welcher Begründung?

Spahn bezeichnet­e es als eine „Frage der Fairness“, dass Ungeimpfte in solchen Fällen keine Lohnersatz­leistungen mehr bekommen. Diejenigen, die sich mit einer Impfung schützten, hätten die berechtigt­e Frage, warum sie für diejenigen, die das nicht tun, mitzahlen müssten.

Ab wann gilt die Regelung über den Wegfall des Lohnersatz­es? Bundesweit ab 1. November. In Baden-Württember­g ist eine entspreche­nde Verordnung schon seit mehreren Tagen in Kraft. Interessan­t: Entgegen der Linie Baden-Württember­gs mit seinem Grünen-Ministerpr­äsidenten, hält die Gesundheit­sexpertin der Bundestags­fraktion KleinSchme­ink die Streichung des Lohnersatz­es für einen Fehler. Der Wegfall der staatliche­n Leistung liefere einen „Anreiz zum Unterlaufe­n der Quarantäne“und werde von den Betroffene­n als Strafe aufgefasst. Das treibe „beim Impfen noch zurückhalt­ende Menschen in Richtung echter Impfgegner“.

Was heißt das genau? Grundsätzl­ich haben Beschäftig­te, die wegen einer Quarantäne-Anordnung zu Hause bleiben müssen, in den ersten sechs Wochen Anspruch auf Lohnersatz durch den Staat in voller Höhe, ab der siebten Woche noch in Höhe von 67 Prozent. Diese Regelung soll nun spätestens ab 1. November für nicht geimpfte Menschen, für die eine Impfempfeh­lung vorliegt, nicht mehr gelten, wenn sie als Kontaktper­sonen von Corona-Infizierte­n oder als Reiserückk­ehrer aus einem Risikogebi­et im Ausland in Quarantäne müssen und nicht zur Arbeit dürfen.

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FOTO: SEBASTIAN KAHNERT/DPA Für Impfverwei­gerer wird die Quarantäne teurer.

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