Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Der Zweikampf
Thomas Bareiß muss sein Bundestagsmandat gegen Johannes Kretschmann verteidigen
- Bislang war der Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen im Bundestag fest in den Händen der CDU: Wenn die Christdemokraten einen Kandidaten nominierten, konnte sich dieser seiner Wahl sicher sein. Vor der Wahl am kommenden Sonntag haben sich die Vorzeichen geändert: Der Amtsinhaber Thomas Bareiß gilt zwar weiterhin als Favorit, doch es gibt einen ernstzunehmenden Herausforderer: Johannes Friedrich Kretschmann von den Grünen.
Warum kommen Wahlforscher zu der Einschätzung, dass es im Wahlkreis auf einen Zweikampf hinauslaufen wird?
Eine im August erhobene repräsentative Umfrage brachte zutage, dass Bareiß und Kretschmann gleichauf liegen, es aber noch viele unentschlossene Wähler gibt. Auf „Wahlkreisprognose.de“hingegen führt der CDU-Politiker knapp vor den Grünen. Das Ergebnis sei „too close to call“, das heißt übersetzt: Es ist zu eng, um schon eine sichere Prognose zu wagen, weil der aktuelle Vorsprung unter 3 Prozent liege. Die Internetseite „election.de“simuliert statistisch mögliche Wahlergebnisse. Auf diese Weise sagen die StatisMinisterpräsidenten tiker für alle Wahlkreise in Deutschland Wahrscheinlichkeiten voraus, welche Partei aus ihrer Sicht beim Direktmandat die Nase vorn hat. Für den Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen ist ihre Vorhersage eindeutig: Zu einer Wahrscheinlichkeit von 99 Prozent löst Thomas Bareiß wieder die Fahrkarte nach Berlin. Dies könnte an der Hausmacht liegen, die der CDU im Wahlkreis nach wie vor nachgesagt wird. Zudem stören sich etliche Wähler an Kretschmanns exzentrisch-schrillen Art.
Ein Blick zurück – wie ging die Bundestagswahl vor vier Jahren aus?
Der Wahlkreis war damals noch fest in CDU-Hand: 45 Prozent für die Schwarzen bei den Erststimmen, auf Platz zwei die SPD mit 14,4 Prozent, auf Platz drei die AfD mit 13,6 Prozent. Die Grünen wurden knapp dahinter Vierter mit 12,7 Prozent.
Wie ist das Hoch der Grünen im Wahlkreis Sigmaringen zu erklären?
Der Raum Sigmaringen ist eine Kretschmann-Hochburg, bei der Landtagswahl im Frühjahr fuhr die Partei des Ministerpräsidenten hier Rekordergebnisse ein. Dass dieser Aufschwung entgegen dem Bundestrend anhält, hat einerseits mit dem
und andererseits mit seinem Sohn zu tun. Johannes F. Kretschmann wird ein erheblicher Vater-Bonus zugeschrieben. Dem „Spiegel“sagte er: „Die Aufmerksamkeit, die ich bekomme, ist unverhältnismäßig. Das weiß ich selbst.“Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht überregionale Medien die Geschichte vom Politiker-Sohn erzählen, der es dem Vater gleichtun möchte. Auf die Entscheidung der Wähler vor Ort dürfte der Medien-Hype aber wenig Einfluss haben.
Gibt es Unterschiede zwischen der Zollernalb und dem Landkreis Sigmaringen?
Wohl schon, denn nur so ist zu erklären, dass die Grünen im Wahlkampf den Fokus auf den Nachbarkreis legen. Zwei Drittel der KretschmannTermine sind im Zollernalbkreis. In Haigerloch, Balingen und Schömberg will und muss sich der Filius noch bekannter machen. Andererseits ist Kontrahent Bareiß im Zollernalbkreis
zu Hause, er Meßstetten aufgewachsen wohnt in Balingen. ist in
und
Wie schätzen die Parteien selbst die Stimmung ein?
„Wir bekommen positive Rückmeldungen – sogar von CDU-Mitgliedern. Ich weiß jedoch nicht, ob sich dies im Ergebnis niederschlägt“, sagt Grünen-Vorsitzender Klaus Harter. CDU-Vorsitzender Klaus Burger sagt: „Für die CDU sieht es besser aus als die Vorhersagen vermitteln.“Er bekomme die Rückmeldung von Wählern, die sagten, „wir wählen euch, obwohl wir nicht mit allem einverstanden sind“.
Wird SPD-Kandidat Robin Mesarosch zwischen Bareiß und Kretschmann zerrieben?
Auf das Direktmandat hat Mesarosch keine Chancen. Die Forsa-Umfrage vom August und andere Berechnungen lassen diesen eindeutigen Schluss zu. Trotzdem darf sich Mesarosch berechtigte Hoffnungen auf den Einzug ins Parlament machen. Der Sozialdemokrat ist auf Platz 16 der Landesliste gut platziert. Wie übrigens auch sein Kandidatenkollege Kretschmann (Platz 22). Nur CDU-Schlachtross Bareiß hat auf eine Absicherung über die Landesliste verzichtet.