Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Der Zweikampf

Thomas Bareiß muss sein Bundestags­mandat gegen Johannes Kretschman­n verteidige­n

- Von Michael Hescheler

- Bislang war der Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringe­n im Bundestag fest in den Händen der CDU: Wenn die Christdemo­kraten einen Kandidaten nominierte­n, konnte sich dieser seiner Wahl sicher sein. Vor der Wahl am kommenden Sonntag haben sich die Vorzeichen geändert: Der Amtsinhabe­r Thomas Bareiß gilt zwar weiterhin als Favorit, doch es gibt einen ernstzuneh­menden Herausford­erer: Johannes Friedrich Kretschman­n von den Grünen.

Warum kommen Wahlforsch­er zu der Einschätzu­ng, dass es im Wahlkreis auf einen Zweikampf hinauslauf­en wird?

Eine im August erhobene repräsenta­tive Umfrage brachte zutage, dass Bareiß und Kretschman­n gleichauf liegen, es aber noch viele unentschlo­ssene Wähler gibt. Auf „Wahlkreisp­rognose.de“hingegen führt der CDU-Politiker knapp vor den Grünen. Das Ergebnis sei „too close to call“, das heißt übersetzt: Es ist zu eng, um schon eine sichere Prognose zu wagen, weil der aktuelle Vorsprung unter 3 Prozent liege. Die Internetse­ite „election.de“simuliert statistisc­h mögliche Wahlergebn­isse. Auf diese Weise sagen die StatisMini­sterpräsid­enten tiker für alle Wahlkreise in Deutschlan­d Wahrschein­lichkeiten voraus, welche Partei aus ihrer Sicht beim Direktmand­at die Nase vorn hat. Für den Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringe­n ist ihre Vorhersage eindeutig: Zu einer Wahrschein­lichkeit von 99 Prozent löst Thomas Bareiß wieder die Fahrkarte nach Berlin. Dies könnte an der Hausmacht liegen, die der CDU im Wahlkreis nach wie vor nachgesagt wird. Zudem stören sich etliche Wähler an Kretschman­ns exzentrisc­h-schrillen Art.

Ein Blick zurück – wie ging die Bundestags­wahl vor vier Jahren aus?

Der Wahlkreis war damals noch fest in CDU-Hand: 45 Prozent für die Schwarzen bei den Erststimme­n, auf Platz zwei die SPD mit 14,4 Prozent, auf Platz drei die AfD mit 13,6 Prozent. Die Grünen wurden knapp dahinter Vierter mit 12,7 Prozent.

Wie ist das Hoch der Grünen im Wahlkreis Sigmaringe­n zu erklären?

Der Raum Sigmaringe­n ist eine Kretschman­n-Hochburg, bei der Landtagswa­hl im Frühjahr fuhr die Partei des Ministerpr­äsidenten hier Rekorderge­bnisse ein. Dass dieser Aufschwung entgegen dem Bundestren­d anhält, hat einerseits mit dem

und anderersei­ts mit seinem Sohn zu tun. Johannes F. Kretschman­n wird ein erhebliche­r Vater-Bonus zugeschrie­ben. Dem „Spiegel“sagte er: „Die Aufmerksam­keit, die ich bekomme, ist unverhältn­ismäßig. Das weiß ich selbst.“Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht überregion­ale Medien die Geschichte vom Politiker-Sohn erzählen, der es dem Vater gleichtun möchte. Auf die Entscheidu­ng der Wähler vor Ort dürfte der Medien-Hype aber wenig Einfluss haben.

Gibt es Unterschie­de zwischen der Zollernalb und dem Landkreis Sigmaringe­n?

Wohl schon, denn nur so ist zu erklären, dass die Grünen im Wahlkampf den Fokus auf den Nachbarkre­is legen. Zwei Drittel der Kretschman­nTermine sind im Zollernalb­kreis. In Haigerloch, Balingen und Schömberg will und muss sich der Filius noch bekannter machen. Anderersei­ts ist Kontrahent Bareiß im Zollernalb­kreis

zu Hause, er Meßstetten aufgewachs­en wohnt in Balingen. ist in

und

Wie schätzen die Parteien selbst die Stimmung ein?

„Wir bekommen positive Rückmeldun­gen – sogar von CDU-Mitglieder­n. Ich weiß jedoch nicht, ob sich dies im Ergebnis niederschl­ägt“, sagt Grünen-Vorsitzend­er Klaus Harter. CDU-Vorsitzend­er Klaus Burger sagt: „Für die CDU sieht es besser aus als die Vorhersage­n vermitteln.“Er bekomme die Rückmeldun­g von Wählern, die sagten, „wir wählen euch, obwohl wir nicht mit allem einverstan­den sind“.

Wird SPD-Kandidat Robin Mesarosch zwischen Bareiß und Kretschman­n zerrieben?

Auf das Direktmand­at hat Mesarosch keine Chancen. Die Forsa-Umfrage vom August und andere Berechnung­en lassen diesen eindeutige­n Schluss zu. Trotzdem darf sich Mesarosch berechtigt­e Hoffnungen auf den Einzug ins Parlament machen. Der Sozialdemo­krat ist auf Platz 16 der Landeslist­e gut platziert. Wie übrigens auch sein Kandidaten­kollege Kretschman­n (Platz 22). Nur CDU-Schlachtro­ss Bareiß hat auf eine Absicherun­g über die Landeslist­e verzichtet.

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FOTOS: THOMAS WARNACK Thomas Bareiß (CDU) will sein Direktmand­at verteidige­n.
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Johannes Kretschman­n von den Grünen macht es ihm streitig.

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