Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Forschen für die Wälder der Zukunft
Mit Blick auf den Klimawandel nehmen Experten Bäume in Veringendorf unter die Lupe
- Seit Juni ist ein dreiköpfiges Forscherteam in den Wäldern Baden-Württembergs unterwegs. An 36 ausgewählten Orten untersuchen sie, wie gut Buche, Tanne und Fichte mit immer trockeneren Böden und einem immer wärmeren Klima zurechtkommen. Montag und Dienstag widmeten sich die Experten einem städtischen Waldstück in Veringendorf – und erläuterten Vertretern des Sigmaringer Landratsamts, was genau sie machen und was sie sich davon erhoffen.
Unterwegs sind Nick Lamprecht, Olivia Geyer und Gwen Halupka im Auftrag der Forstlichen Versuchsund Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA). Während Lamprecht dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter angestellt ist, unterstützen ihn die beiden Freiburger Studentinnen bei der Arbeit für das Projekt „Trockenstresstolerante Saatguterntebestände von Buche, Tanne und Fichte“.
Was kompliziert klingt, fasst Lamprecht so zusammen: „Es wird zunehmend wärmer und trockener. Damit müssen die Bäume zurechtkommen“, sagt er. „Schaffen sie das nicht, hat der Wald ein Problem. Und wir bekommen auch eins, wenn wir zum Beispiel weiterhin Brennholz oder Holz für Möbel brauchen.“
Möglich sei zum Beispiel, fremde Baumarten in den heimischen Wäldern zu pflanzen. „Wir können aber auch gucken, was unsere Wälder selbst zu bieten haben“, sagt der Forstwissenschaftler und Waldökologe.
Und genau das machen er und seine beiden Mitstreiterinnen. Anhand einer Datenbank haben sie 36 für sie besonders interessante Waldstücke ausgesucht, die sie nun der Reihe nach analysieren: die Hälfte davon vor allem mit Buchen besiedelt, die andere Hälfte mit Tannen.
Vor Ort nehmen die Experten jeweils 15 Bäume genauestens unter die Lupe. Diese werden angebohrt, die Bohrkerne angeschliffen und vermessen. Damit wiederum können die Wissenschaftler die Jahresringe analysieren, ohne den Baum absägen zu müssen. „Von jedem Baum erfassen wir die Höhe und den Kronenansatz“, sagt Olivia Geyer. Außerdem wird gemessen, wie weit die umliegenden Bäume entfernt und wie hoch sie sind. „Interessant ist zum
Beispiel, wie viel Wasser und Licht sie dem Baum in der Nähe wegnehmen“, sagt Geyer.
Darüber hinaus werden Proben aus dem Boden entnommen. Sie geben Aufschluss darüber, wie viel Feuchtigkeit dieser speichern kann. Neben einem Baum im Veringendorfer Wald kommt Gwen Halupka 44 Zentimeter tief. „An anderen Standorten sind es manchmal nur 10 bis 15 Zentimeter – dann stoßen wir schon auf die Gesteinsschicht“, sagt die Umwelt- und Naturwissenschaftsstudentin. Ihre Bodenprobe stuft sie als „schluffigen Lehm“ein. Ein Test mit verdünnter Salzsäure zeigt, dass sich Kalk darin befindet.
Noch etwa drei Wochen lang wird das Forscherteam damit beschäftigt sein, solche Daten zu sammeln. Dann folgt eine genaue Analyse ihrer Zahlen. Was die Experten herausfinden wollen: Können sich Bäume auf trockenen Böden besser an die Klimaerwärmung anpassen als andere? Sind ihre Bucheckern oder Tannensamen dann auch besser geeignet für die Wälder der Zukunft?
Bei dieser Frage kommen die sogenannten Saatguterntebestände ins Spiel, wie es sie auch in Veringendorf gibt: Die Bäume sehen nicht nur gesund aus, sondern wachsen auch besonders gerade und schnell. „Das von ihnen geerntete Saatgut bietet sich an, um in den Baumschulen neue Bäume zu ziehen“, sagt Juliane Spiegelhalter, stellvertretende Leiterin des Fachbereichs Forst beim Sigmaringer Landratsamt. Allerdings gebe es im Landkreis Sigmaringen auch vergleichsweise viel Niederschlag, sagt Nick Lamprecht. Im Kraichgau beispielsweise seien die Böden deutlich trockener.
Nicht nur Spiegelhalter und ihr Kollege Tobias Speidel, der den Forschern am Dienstag ebenfalls über die Schulter schaute, dürften also am Ergebnis der Untersuchungen interessiert sein. Erst einmal ist das Projekt auf ein Jahr angelegt. „Wir hoffen aber auf ein Nachfolgeprojekt“, sagt Nick Lamprecht. „Dann könnten wir die Daten noch genauer analysieren und weitere Baumarten mit einbeziehen.“So weit aber ist es noch nicht: Am Dienstagnachmittag machten sich Lamprecht, Geyer und Halupka erst einmal auf den Weg zur nächsten Station – ein Waldstück in Mehrstetten bei Münsingen.