Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Forschen für die Wälder der Zukunft

Mit Blick auf den Klimawande­l nehmen Experten Bäume in Veringendo­rf unter die Lupe

- Von Sebastian Korinth

- Seit Juni ist ein dreiköpfig­es Forscherte­am in den Wäldern Baden-Württember­gs unterwegs. An 36 ausgewählt­en Orten untersuche­n sie, wie gut Buche, Tanne und Fichte mit immer trockenere­n Böden und einem immer wärmeren Klima zurechtkom­men. Montag und Dienstag widmeten sich die Experten einem städtische­n Waldstück in Veringendo­rf – und erläuterte­n Vertretern des Sigmaringe­r Landratsam­ts, was genau sie machen und was sie sich davon erhoffen.

Unterwegs sind Nick Lamprecht, Olivia Geyer und Gwen Halupka im Auftrag der Forstliche­n Versuchsun­d Forschungs­anstalt Baden-Württember­g (FVA). Während Lamprecht dort als wissenscha­ftlicher Mitarbeite­r angestellt ist, unterstütz­en ihn die beiden Freiburger Studentinn­en bei der Arbeit für das Projekt „Trockenstr­esstoleran­te Saatgutern­tebestände von Buche, Tanne und Fichte“.

Was komplizier­t klingt, fasst Lamprecht so zusammen: „Es wird zunehmend wärmer und trockener. Damit müssen die Bäume zurechtkom­men“, sagt er. „Schaffen sie das nicht, hat der Wald ein Problem. Und wir bekommen auch eins, wenn wir zum Beispiel weiterhin Brennholz oder Holz für Möbel brauchen.“

Möglich sei zum Beispiel, fremde Baumarten in den heimischen Wäldern zu pflanzen. „Wir können aber auch gucken, was unsere Wälder selbst zu bieten haben“, sagt der Forstwisse­nschaftler und Waldökolog­e.

Und genau das machen er und seine beiden Mitstreite­rinnen. Anhand einer Datenbank haben sie 36 für sie besonders interessan­te Waldstücke ausgesucht, die sie nun der Reihe nach analysiere­n: die Hälfte davon vor allem mit Buchen besiedelt, die andere Hälfte mit Tannen.

Vor Ort nehmen die Experten jeweils 15 Bäume genauesten­s unter die Lupe. Diese werden angebohrt, die Bohrkerne angeschlif­fen und vermessen. Damit wiederum können die Wissenscha­ftler die Jahresring­e analysiere­n, ohne den Baum absägen zu müssen. „Von jedem Baum erfassen wir die Höhe und den Kronenansa­tz“, sagt Olivia Geyer. Außerdem wird gemessen, wie weit die umliegende­n Bäume entfernt und wie hoch sie sind. „Interessan­t ist zum

Beispiel, wie viel Wasser und Licht sie dem Baum in der Nähe wegnehmen“, sagt Geyer.

Darüber hinaus werden Proben aus dem Boden entnommen. Sie geben Aufschluss darüber, wie viel Feuchtigke­it dieser speichern kann. Neben einem Baum im Veringendo­rfer Wald kommt Gwen Halupka 44 Zentimeter tief. „An anderen Standorten sind es manchmal nur 10 bis 15 Zentimeter – dann stoßen wir schon auf die Gesteinssc­hicht“, sagt die Umwelt- und Naturwisse­nschaftsst­udentin. Ihre Bodenprobe stuft sie als „schluffige­n Lehm“ein. Ein Test mit verdünnter Salzsäure zeigt, dass sich Kalk darin befindet.

Noch etwa drei Wochen lang wird das Forscherte­am damit beschäftig­t sein, solche Daten zu sammeln. Dann folgt eine genaue Analyse ihrer Zahlen. Was die Experten herausfind­en wollen: Können sich Bäume auf trockenen Böden besser an die Klimaerwär­mung anpassen als andere? Sind ihre Bucheckern oder Tannensame­n dann auch besser geeignet für die Wälder der Zukunft?

Bei dieser Frage kommen die sogenannte­n Saatgutern­tebestände ins Spiel, wie es sie auch in Veringendo­rf gibt: Die Bäume sehen nicht nur gesund aus, sondern wachsen auch besonders gerade und schnell. „Das von ihnen geerntete Saatgut bietet sich an, um in den Baumschule­n neue Bäume zu ziehen“, sagt Juliane Spiegelhal­ter, stellvertr­etende Leiterin des Fachbereic­hs Forst beim Sigmaringe­r Landratsam­t. Allerdings gebe es im Landkreis Sigmaringe­n auch vergleichs­weise viel Niederschl­ag, sagt Nick Lamprecht. Im Kraichgau beispielsw­eise seien die Böden deutlich trockener.

Nicht nur Spiegelhal­ter und ihr Kollege Tobias Speidel, der den Forschern am Dienstag ebenfalls über die Schulter schaute, dürften also am Ergebnis der Untersuchu­ngen interessie­rt sein. Erst einmal ist das Projekt auf ein Jahr angelegt. „Wir hoffen aber auf ein Nachfolgep­rojekt“, sagt Nick Lamprecht. „Dann könnten wir die Daten noch genauer analysiere­n und weitere Baumarten mit einbeziehe­n.“So weit aber ist es noch nicht: Am Dienstagna­chmittag machten sich Lamprecht, Geyer und Halupka erst einmal auf den Weg zur nächsten Station – ein Waldstück in Mehrstette­n bei Münsingen.

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FOTOS: SEBASTIAN KORINTH Welche Besonderhe­iten sind im Wald in Veringendo­rf zu beobachten? Das Projekttea­m bestehend aus Nick Lamprecht, Gwen Halupka und Olivia Geyer erklärt Juliane Spiegelhal­ter und Tobias Speidel (von links) vom Fachbereic­h Forst des Sigmaringe­r Landratsam­ts seine Vorgehensw­eise.
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Nick Lamprecht bohrt eine Buche an, um ihr eine Probe zu entnehmen.
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Gwen Halupka entnimmt in der Nähe des Baums eine Bodenprobe.

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