Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Was geschah wirklich vor dem Alfons X?
Geschlagener Asylbewerber soll zuvor eine Frau sexuell belästigt haben – Keine Anzeige bei der Polizei
- In der Nacht zum Samstag ist ein 27-jähriger Asylbewerber algerischer Herkunft nach dem Schlag eines 29-jährigen Sicherheitsmannes vor der Diskothek Alfons X am Sigmaringer Bahnhof zu Boden gegangen. Dem 29-jährigen Türsteher, der laut Polizeibericht einem 27-jährigen Gast „aus bislang ungeklärter Ursache“mehrfach ins Gesicht und in den Bauch geschlagen haben soll, droht nun ein Prozess wegen Körperverletzung. Bei Recherchen ist die „Schwäbische Zeitung“jedoch auf mehrere Personen gestoßen, die nicht mit dem von der Polizei veröffentlichten Bericht einverstanden sind.
Der Sigmaringer Diskothekenbetreiber Neff Beser kocht vor Wut. „Was die Polizei über den Vorfall schreibt, stimmt einfach nicht“, sagt er. Keineswegs sei der 27-Jährige als Gast im Alfons X gewesen. Bei dem Mann handle es sich nämlich um einen Asylbewerber, der an dem Abend über mehrere Stunden vor dem Eingang der Diskothek herumgelungert und mit seinen Begleitern immer wieder junge Frauen belästigt habe. „Nachdem sich eine Frau darüber beim Türsteher beschwert hatte, hat der die Asylanten zum Gehen aufgefordert“, sagt Beser. Daraufhin habe der Asylbewerber den Türsteher mit einer Flasche angegriffen – „ und der hat ihn dann abgelegt“, so der Diskobetreiber. Zwar sei auch das keine gute Werbung für das Alfons X, doch der Behauptung, seine Angestellten würden scheinbar grundlos Gäste verprügeln, müsse er entschieden entgegen treten. Augenzeuge des Vorfalls war Beser jedoch nach eigener Aussage nicht.
„Zwei Asylanten sind uns schon auf dem Weg zur Diskothek begegnet“, berichtet eine 20-Jährige aus der Umgebung Sigmaringens, die an dem Abend vor Ort war. Einer der Männer habe sie und ihre zwei Freundinnen auf der Straße angesprochen. Erst habe er versucht, sie mit ausgebreiteten Armen am Vorbeigehen zu hindern und ihnen hinterher abfällige Bemerkungen hinterher gerufen. Später, berichten die drei Freundinnen übereinstimmend, seien sie zum Rauchen vor die Tür gegangen. Dabei hätten sie beobachtet, wie dieselben Männer, die bei ihnen aufdringlich geworden waren, zwei andere junge Frauen direkt neben dem Eingang bedrängt hätten. „Die Männer sind immer näher gekommen und haben die Mädchen in die Ecke gedrückt“, sagt die 20-Jährige, „ich konnte die Angst in ihren Augen sehen.“Da habe sie eingegriffen und die beiden jungen Frauen von dort weggezogen. All das habe sie kurze Zeit später dem Türsteher erzählt.
Diesen Teil des Geschehens bestätigen auf Nachfrage auch zwei junge Frauen aus dem Großraum
Stuttgart, die sich am Telefon als die Betroffenen zu erkennen geben.
Über das, was im weiteren Verlauf des Abends geschieht, gibt es nur widersprüchliche Aussagen. Die Version des 29-jährigen Türstehers geht so: „Als ich danach von meinem Platz am oberen Treppenabsatz aus beobachtet habe, wie einer der Männer einer Frau zwischen die Beine griff, bin ich sofort die Treppe runter und habe ihn von ihr weggeschubst“, sagt der Türsteher. Daraufhin habe der Asylbewerber mit einer Flasche nach ihm ausgeholt. Er habe dem Schlag jedoch ausweichen können, die Flasche sei an ihm vorbeigeflogen und auf dem Treppenabsatz zerbrochen. Dann habe er dem 27-jährigen Asylbewerber einen einzigen Schlag gegen die Schläfe verpasst, wodurch dieser zu Boden gegangen sei. Bestätigen konnte den Flaschenwurf der „Schwäbischen Zeitung“gegenüber jedoch bislang nur sein 32-jähriger Türsteherkollege. Und von dem vermeintlichen Opfer des sexuellen Übergriffs fehlt bislang jede Spur. Auch der Gastgeber, der in der Disko seinen 23. Geburtstag gefeiert hat, konnte nicht herausfinden, um wen es sich dabei handelt.
Laut Polizei waren an dem Abend insgesamt acht Polizisten vor Ort im Einsatz. Von ihnen sei die Anzeige gegen den Türsteher wegen Körperverletzung aufgenommen und der Begleiter des 27-Jährigen Algeriers wegen eines ignorierten Platzverweises in Gewahrsam genommen worden. Zu den Belästigungsvorwürfen schreibt Polizeisprecher Christian Sugg vom Polizeipräsidium Ravensburg: „Bei der Sachverhaltsabklärung vor Ort fanden mehrere Gespräche mit weiblichen Gästen statt. In diesen Gesprächen ergaben sich keine Anhaltspunkte, die auf eine strafbare Handlung hindeuteten, wenngleich die Männer Frauen angesprochen, teils auch nach persönlichen Daten gefragt und auch die körperliche Nähe gesucht haben sollen.“
Nicht bekannt sei, ob weitere weibliche Gäste, die sich möglicherweise noch nicht bei der Polizei gemeldet hätten, in strafrechtlich relevanter Art und Weise belästigt wurden. Anzeigen seien bei der Polizei deshalb noch keine eingegangen.