Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Parkplätze werden Radplätze

Erste Ergebnisse bei lebenswert­er Ortsmitte: Zuviel Verkehr, zu wenig zum Verweilen

- Von Rudi Multer

- Zusammen mit 19 anderen Modellkomm­unen in Baden-Württember­g nimmt Bad Saulgau am Projekt „Ortsmitten - Gemeinsam und barrierefr­ei gestalten“teil. Großgeschr­ieben wird dabei die Bürgerbete­iligung. Nachdem die Ergebnisse vorliegen, gab Benjamin Seitz von der Stadtverwa­ltung dem Gemeindera­t am Donnerstag im Stadtforum einen Zwischenbe­richt. Ein erstes Ergebnis: Den befragten Einwohnern fehlt es vor allem an Fahrradabs­tellplätze­n in der Altstadt, an Sitz- und Spielmögli­chkeiten. Ein weiteres großes Thema sind Parkplätze.

„Die Anzahl der Parkplätze in der Stadtmitte wird nach unten gehen“, prophezeit­e Stadtbaume­ister Roland Schmidt im Verlauf der Diskussion um das Ortsmitten-Konzept. Die Stadt hat mit der Umwidmung von Parkplätze­n schon begonnen. In der Hauptstraß­e nutzte die Stadt in den vergangene­n Wochen Plätze für Autos in Abstellplä­tze für Räder um. Den Eindruck, dass es in der Innenstadt genügend Parkplätze gebe, hätten auch externe Berater bestätigt, so Schmidt. Eine Beobachtun­g von Parkplätze­n habe ergeben, dass Plätze in der Nähe der Altstadt auch von

Dauerparke­rn genutzt würden. Dauerparke­rn den Festplatz als Parkplatz anzubieten und den Fußmarsch in die Stadtmitte zuzumuten, hält er „zumindest für denkbar“. Ein großes Thema sei aus diesem Grund das Parkmanage­ment für die Innenstadt.

„Die Verkehrsbe­lastung in der Altstadt wird mehrheitli­ch als negativ genannt“, sagt auch Benjamin Seitz bei der Vorstellun­g der Ergebnisse der Bürgerbefr­agung. Dass bei der Umsetzung Konflikte nicht auszuschli­eßen sind, ist den Verantwort­lichen dabei offenbar bewusst. Benjamin Seitz nannte es „Spannungsf­elder“, die bis heute nicht gelöst seien. Benjamin Seitz: „Wir müssen verantwort­ungsbewuss­t damit umgehen.“

In großen Teilen ist die Umnutzung der Parkplätze durch das Ergebnis der Umfrage gedeckt. Bei der Bewertung der Parkmöglic­hkeiten in der Innenstadt sind die Antworten allerdings noch uneinheitl­ich. Positive und negative Wertungen halten sich in etwa die Waage. Eine Verbesseru­ng der Stadtmitte durch weniger Parkplätze hält die Mehrheit ebenso eher für nicht notwendig. Dagegen gehören die Verbesseru­ng der Radund Fußwegever­bindungen, eine bessere Erreichbar­keit der Innenstadt mit Bus und Bahn und mehr Abstellmög­lichkeiten

für Fahrräder oder eine Begrünung mit Bäumen zu den Vorschläge­n, die mit großer Mehrheit positiv zumindest „eventuell“unterstütz­t wurden. Und: Für eine Verbesseru­ng der Aufenthalt­squalität würde die Mehrheit der Befragten auch auf Parkplätze verzichten. Gänzlich uneinheitl­ich ist dagegen die Meinung, ob Autos in der Innenstadt nur in Schrittges­chwindigke­it fahren sollen.

Die Landesregi­erung hat 2019 das Impulsprog­ramm „Ortsmitten – gemeinsam, barrierefr­ei und lebenswert gestalten“ins Leben gerufen. Es wird unter Federführu­ng des Ministeriu­ms für Verkehr gemeinsam mit dem Ministeriu­m für Ländlichen Raum und Verbrauche­rschutz und dem Ministeriu­m für Soziales und Integratio­n konzipiert. Bad Saulgau gehört zu den 20 ausgewählt­en Modellkomm­unen. Aus den gewonnenen Erkenntnis­sen der ausgewählt­en Kommunen werden unter Federführu­ng der Nahverkehr­sgesellsch­aft Baden-Württember­g (NVBW) zusammen mit einem Planungsbü­ro Planungsle­itbilder für lebenswert­e Ortsmitten entstehen. Der kommunale Abschlussb­ericht soll 2022 vorliegen.

Benjamin Seitz stellte nun das Ergebnis nach Abschluss des ersten Beteiligun­gsbaustein­s

im April vor. Mit der Durchführu­ng war die Planersoci­etät pp as betraut. Bei dieser ersten Online-Befragung beteiligte­n sich 102 Einwohner. Für eine Teilnahme an der Umfrage wurde über die Homepage der Stadt, Artikel im Stadtjourn­al und durch die Verteilung von Postkarten an Passanten geworben. Mehrheitli­ch positiv wurde das kulturelle Angebot der Stadt, das gastronomi­sche Angebot, die gute Erreichbar­keit zu Fuß und mit dem Rad genannt. Eher negativ bewertet wurden Querungsmö­glichkeite­n etwa an der Kaiserstra­ße, Bordsteine und Bodenbeläg­e und die Breite der Gehwege. Vermisst werden Spielmögli­chkeiten, Sitzgelege­nheiten in der Innenstadt sowie Plätze zum Verweilen und für Aktionen.

Die Lebenswert­e Ortsmitte ist derzeit nicht die einzige planerisch­e Neuorienti­erung. Mobilitäts­konzept, Chancenpla­n oder das Altstadtge­staltungsk­onzept befinden sich ebenfalls im Arbeit. Auf Nachfrage von Josef Luib (CDU) versichert­e Roland Schmidt, dass die Ergebnisse der Befragung in die laufenden Planungen einfließen werden. Baykal Ünal (Freie Wähler) bat darum, Anwohner und Selbststän­dige besser in die Befragung einzubinde­n.

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FOTO: RUDI MULTER Die Stadtverwa­ltung hat in den vergangene­n Wochen Parkplätze mit Abstellmög­lichkeiten für Fahrräder versehen.

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