Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Eltern sind vor Pooltest-Start verunsichert
Sie hätten sich gewünscht, in Entscheidung zur neuen Strategie eingebunden zu werden
- In den Mengener Schulen und Kindertagesstätten greift am Montag die neue Teststrategie der Stadt: Jeweils zweimal in der Woche werden sogenannte PCR-Pooltests durchgeführt, die dabei helfen sollen, eine Infektion mit dem Coronavirus früher zu erkennen und Ansteckungen der Kinder und Jugendlichen untereinander zu vermeiden. Nachdem die Stadt vor eineinhalb Wochen über das neue Vorgehen informiert hatte, äußerten einige Eltern Fragen und Bedenken zu Organisation und weiterem Ablauf, wenn einer der Pooltests positiv ausfällt. Zumindest, was eine schnelle PCRNachtestung mittels Lollitest bei Hausarzt oder Apotheke angeht, konnte die Stadtverwaltung schnell Klarheit schaffen. Was bleibt, ist die Unzufriedenheit der Elternvertreter, in die Entscheidung nicht involviert worden zu sein.
Bei den Pooltests werden die Stäbchen von jeweils 17 Kindern gemeinsam im Labor getestet. Die Testabnahme erfolgt wie bei einem Lollitest über den Speichel im Mund. Wird morgens getestet, liegt das Testergebnis für die Gruppe am Abend vor. Im Falle eines positiven Poolergebnisses müssen alle 17 Kinder am nächsten Morgen einen weiteren PCR-Test machen und bis zum persönlichen Ergebnis daheim bleiben. Wer dann ein negatives Testergebnis bekommt, darf wieder am Unterricht teilnehmen oder den Kindergarten besuchen.
Gerade die sogenannte Nachtestung hat viele Eltern vor Fragen gestellt und unsicher gemacht. Unter ihnen auch Tanja Wagner. „Die Einführung der Pooltestung halte ich für eine sinnvolle und sichere Lösung zum Schutz unserer Kinder und stelle sie in keiner Weise infrage“, betont sie. Allerdings hätten sich für sie gleich organisatorische Probleme ergeben. „In dem Elternbrief, den wir von der Stadt erhalten haben, stand nur, dass der zweite PCR-Test bei einem Hausarzt gemacht werden muss“, sagt sie. Die Befürchtung der Mutter von zwei Kindern im Kindergartenalter, dass dieser dann mittels Nasen-Rachen-Abstrich vorgenommen würde, bestätigte sich bei der Nachfrage bei verschiedenen Ärzten zunächst. Die von der Stadtverwaltung in der Strategie durchgehend vorgesehene Testung mit Lollitests hatte sich bei den Ärzten noch nicht herumgesprochen. „Einige wussten gar nicht, dass es diese Möglichkeit überhaupt gibt.“
Außerdem hätten manche Ärzte den Abstrich nur bei bereits bekannten Patienten vornehmen wollen oder generell angegeben, keine Kapazitäten zu haben. „Für Eltern, die auf einen solchen Notfall vorbereitet sein wollen, keine guten Aussichten“, findet sie. Außerdem halte sie bei kleinen Kindern einen Nasen-Rachen-Abstrich für nicht zumutbar und unverhältnismäßig. In einem Brief an die Stadtverwaltung forderte sie deshalb, auch im Namen anderer Eltern, Bürgermeister Stefan Bubeck auf, eine Anlaufstelle zu schaffen, bei der die Nachtestung unkompliziert und mittels Lollitest ablaufe. Noch besser würde es Tanja Wagner gefallen, wenn beim Pooltest in Schule und Kindergarten gleich zwei Proben pro Kind genommen würden, um das Verfahren weiter zu vereinfachen. Dann könnte das Labor im Falle eines positiven Pool-Ergebnisses gleich die zweite Runde mit den Einzeltests nachschieben.
Die Stadtverwaltung könne aus rechtlichen Gründen keine Liste mit Ärzten zusammenstellen, die PCRLolli-Tests anbieten. Sollten Eltern aber beim Haus- oder Kinderarzt keine Möglichkeit erhalten, würden die Marienapotheke und die Praxis von Alexander Fischer im Notfall einspringen, so Bürgermeister Bubeck. „Diese Zusicherung ist für Eltern schon eine Erleichterung“, findet Tanja Wagner. Auch, wenn Bubeck selbst das Poolverfahren mit der Abnahme von zwei Proben pro Kind oder Jugendlichem gern einführen würde, seien der Verwaltung in dieser Hinsicht die Hände gebunden. „Das Land Baden-Württemberg hat sich für einen anderen Weg entschieden, an den wir uns halten müssen“, sagt er. Auch hätte das Labor, mit dem die Stadt kooperiere, keine Kapazitäten für dieses Vorgehen. Während das Labor zusichere, die Ergebnisse der Pooltests stets am Abend zur Verfügung zu stellen, hänge die Dauer bis zur Information über den Nachtest von dem Labor ab, mit dem der jeweilige Arzt oder die Apotheke zusammen arbeite. „Maximal verpasst ein Kind, das später negativ getestet wird, zwei Schultage“, so Bubeck.
Eine andere Elterngruppe lehnt die Pooltestungen generell ab. „Diese Tests ziehen einen ganzen Rattenschwanz an Unannehmlichkeiten für die Familien hinter sich her: Arzttermine, Quarantäne und Ärger mit dem Arbeitgeber, wenn man daheim bleiben muss“, sagt Vera Luib. Ihre Tochter besucht die zehnte Klasse der Realschule und soll, wenn es nach ihr geht, keinen Pooltest machen. „Meiner Meinung nach ist es höchste Zeit, ganz mit den Tests aufzuhören, die Maskenpflicht im Unterricht abzuschaffen und wieder zur Normalität zurückzukehren“, findet sie. Da dies aber wohl unrealistisch sei, fordert sie als Kompromiss, dass alle Schulen bei den Schnelltests bleiben. „Sind die negativ, sollen die Schüler die Masken abnehmen können.“
Laut Luib würden hinter dieser Forderung, die sie auch schriftlich an Bürgermeister Stefan Bubeck geschickt hat, über 60 weitere Elternpaare, mit Kindern auf allen Mengener Schulen oder in Kindergärten, stehen. Ihrer Tochter will sie am Montag einen Antigen-Schnelltest mitgeben, den sie anstelle des Pooltests machen soll. Dies werde weder an Schulen noch in den Kindertagesstätten akzeptiert werden, kündigt Bürgermeister Bubeck an. „Das würde ja unsere ganze Teststrategie unterlaufen.“Wenn Schüler den Pooltest
nicht machen, können sich nicht am Unterricht teilnehmen.
Was beide Elterngruppen eint, ist, dass sie sich gewünscht hätten, dass die Stadtverwaltung bei ihrer Entscheidung für die Pooltestung die Elternvertreter der verschiedenen Einrichtungen mit ins Boot geholt hätte. „Als Elternvertreterin einer Klasse der Realschule wäre ich schon gern nach meiner Meinung gefragt worden“, sagt Vera Luib. „Dass aber selbst unser Elternbeiratsvorsitzender Wolfgang Benkelmann nicht vorab informiert wurde, finde ich nicht richtig.“Auch Tanja Wagner glaubt, dass viele Bedenken der Eltern durch einen guten Austausch der Verwaltung mit Elternvertretern im Vorfeld schon hätten ausgeräumt werden können und dieser die Akzeptanz des Strategiewechsels beim Testen erhöht hätte.
Weil die Entscheidungsprozesse für die Pooltestungen in die Sommerferien fielen, hätte eine frühzeitige Abstimmung mit den Kindergartenund Schulleitungen aufgrund deren Urlaubsabwesenheit nicht erfolgen können, so Bubeck. „Die Beteiligung der Elternbeiräte hat sich auf die Gesamtelternbeiratsvorsitzende der Schulen beschränkt, da die Entscheidungen kurzfristig getroffen werden mussten und es organisatorisch nicht möglich war, alle elf Elternbeiräte anzuhören.“Fragen, die vonseiten der Eltern zum neuen Verfahren regelmäßig gestellt werden, sollen nun auch auf der Homepage der Stadt ausführlich beantwortet werden.