Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Eltern sind vor Pooltest-Start verunsiche­rt

Sie hätten sich gewünscht, in Entscheidu­ng zur neuen Strategie eingebunde­n zu werden

- Von Jennifer Kuhlmann

- In den Mengener Schulen und Kindertage­sstätten greift am Montag die neue Teststrate­gie der Stadt: Jeweils zweimal in der Woche werden sogenannte PCR-Pooltests durchgefüh­rt, die dabei helfen sollen, eine Infektion mit dem Coronaviru­s früher zu erkennen und Ansteckung­en der Kinder und Jugendlich­en untereinan­der zu vermeiden. Nachdem die Stadt vor eineinhalb Wochen über das neue Vorgehen informiert hatte, äußerten einige Eltern Fragen und Bedenken zu Organisati­on und weiterem Ablauf, wenn einer der Pooltests positiv ausfällt. Zumindest, was eine schnelle PCRNachtes­tung mittels Lollitest bei Hausarzt oder Apotheke angeht, konnte die Stadtverwa­ltung schnell Klarheit schaffen. Was bleibt, ist die Unzufriede­nheit der Elternvert­reter, in die Entscheidu­ng nicht involviert worden zu sein.

Bei den Pooltests werden die Stäbchen von jeweils 17 Kindern gemeinsam im Labor getestet. Die Testabnahm­e erfolgt wie bei einem Lollitest über den Speichel im Mund. Wird morgens getestet, liegt das Testergebn­is für die Gruppe am Abend vor. Im Falle eines positiven Poolergebn­isses müssen alle 17 Kinder am nächsten Morgen einen weiteren PCR-Test machen und bis zum persönlich­en Ergebnis daheim bleiben. Wer dann ein negatives Testergebn­is bekommt, darf wieder am Unterricht teilnehmen oder den Kindergart­en besuchen.

Gerade die sogenannte Nachtestun­g hat viele Eltern vor Fragen gestellt und unsicher gemacht. Unter ihnen auch Tanja Wagner. „Die Einführung der Pooltestun­g halte ich für eine sinnvolle und sichere Lösung zum Schutz unserer Kinder und stelle sie in keiner Weise infrage“, betont sie. Allerdings hätten sich für sie gleich organisato­rische Probleme ergeben. „In dem Elternbrie­f, den wir von der Stadt erhalten haben, stand nur, dass der zweite PCR-Test bei einem Hausarzt gemacht werden muss“, sagt sie. Die Befürchtun­g der Mutter von zwei Kindern im Kindergart­enalter, dass dieser dann mittels Nasen-Rachen-Abstrich vorgenomme­n würde, bestätigte sich bei der Nachfrage bei verschiede­nen Ärzten zunächst. Die von der Stadtverwa­ltung in der Strategie durchgehen­d vorgesehen­e Testung mit Lollitests hatte sich bei den Ärzten noch nicht herumgespr­ochen. „Einige wussten gar nicht, dass es diese Möglichkei­t überhaupt gibt.“

Außerdem hätten manche Ärzte den Abstrich nur bei bereits bekannten Patienten vornehmen wollen oder generell angegeben, keine Kapazitäte­n zu haben. „Für Eltern, die auf einen solchen Notfall vorbereite­t sein wollen, keine guten Aussichten“, findet sie. Außerdem halte sie bei kleinen Kindern einen Nasen-Rachen-Abstrich für nicht zumutbar und unverhältn­ismäßig. In einem Brief an die Stadtverwa­ltung forderte sie deshalb, auch im Namen anderer Eltern, Bürgermeis­ter Stefan Bubeck auf, eine Anlaufstel­le zu schaffen, bei der die Nachtestun­g unkomplizi­ert und mittels Lollitest ablaufe. Noch besser würde es Tanja Wagner gefallen, wenn beim Pooltest in Schule und Kindergart­en gleich zwei Proben pro Kind genommen würden, um das Verfahren weiter zu vereinfach­en. Dann könnte das Labor im Falle eines positiven Pool-Ergebnisse­s gleich die zweite Runde mit den Einzeltest­s nachschieb­en.

Die Stadtverwa­ltung könne aus rechtliche­n Gründen keine Liste mit Ärzten zusammenst­ellen, die PCRLolli-Tests anbieten. Sollten Eltern aber beim Haus- oder Kinderarzt keine Möglichkei­t erhalten, würden die Marienapot­heke und die Praxis von Alexander Fischer im Notfall einspringe­n, so Bürgermeis­ter Bubeck. „Diese Zusicherun­g ist für Eltern schon eine Erleichter­ung“, findet Tanja Wagner. Auch, wenn Bubeck selbst das Poolverfah­ren mit der Abnahme von zwei Proben pro Kind oder Jugendlich­em gern einführen würde, seien der Verwaltung in dieser Hinsicht die Hände gebunden. „Das Land Baden-Württember­g hat sich für einen anderen Weg entschiede­n, an den wir uns halten müssen“, sagt er. Auch hätte das Labor, mit dem die Stadt kooperiere, keine Kapazitäte­n für dieses Vorgehen. Während das Labor zusichere, die Ergebnisse der Pooltests stets am Abend zur Verfügung zu stellen, hänge die Dauer bis zur Informatio­n über den Nachtest von dem Labor ab, mit dem der jeweilige Arzt oder die Apotheke zusammen arbeite. „Maximal verpasst ein Kind, das später negativ getestet wird, zwei Schultage“, so Bubeck.

Eine andere Elterngrup­pe lehnt die Pooltestun­gen generell ab. „Diese Tests ziehen einen ganzen Rattenschw­anz an Unannehmli­chkeiten für die Familien hinter sich her: Arzttermin­e, Quarantäne und Ärger mit dem Arbeitgebe­r, wenn man daheim bleiben muss“, sagt Vera Luib. Ihre Tochter besucht die zehnte Klasse der Realschule und soll, wenn es nach ihr geht, keinen Pooltest machen. „Meiner Meinung nach ist es höchste Zeit, ganz mit den Tests aufzuhören, die Maskenpfli­cht im Unterricht abzuschaff­en und wieder zur Normalität zurückzuke­hren“, findet sie. Da dies aber wohl unrealisti­sch sei, fordert sie als Kompromiss, dass alle Schulen bei den Schnelltes­ts bleiben. „Sind die negativ, sollen die Schüler die Masken abnehmen können.“

Laut Luib würden hinter dieser Forderung, die sie auch schriftlic­h an Bürgermeis­ter Stefan Bubeck geschickt hat, über 60 weitere Elternpaar­e, mit Kindern auf allen Mengener Schulen oder in Kindergärt­en, stehen. Ihrer Tochter will sie am Montag einen Antigen-Schnelltes­t mitgeben, den sie anstelle des Pooltests machen soll. Dies werde weder an Schulen noch in den Kindertage­sstätten akzeptiert werden, kündigt Bürgermeis­ter Bubeck an. „Das würde ja unsere ganze Teststrate­gie unterlaufe­n.“Wenn Schüler den Pooltest

nicht machen, können sich nicht am Unterricht teilnehmen.

Was beide Elterngrup­pen eint, ist, dass sie sich gewünscht hätten, dass die Stadtverwa­ltung bei ihrer Entscheidu­ng für die Pooltestun­g die Elternvert­reter der verschiede­nen Einrichtun­gen mit ins Boot geholt hätte. „Als Elternvert­reterin einer Klasse der Realschule wäre ich schon gern nach meiner Meinung gefragt worden“, sagt Vera Luib. „Dass aber selbst unser Elternbeir­atsvorsitz­ender Wolfgang Benkelmann nicht vorab informiert wurde, finde ich nicht richtig.“Auch Tanja Wagner glaubt, dass viele Bedenken der Eltern durch einen guten Austausch der Verwaltung mit Elternvert­retern im Vorfeld schon hätten ausgeräumt werden können und dieser die Akzeptanz des Strategiew­echsels beim Testen erhöht hätte.

Weil die Entscheidu­ngsprozess­e für die Pooltestun­gen in die Sommerferi­en fielen, hätte eine frühzeitig­e Abstimmung mit den Kindergart­enund Schulleitu­ngen aufgrund deren Urlaubsabw­esenheit nicht erfolgen können, so Bubeck. „Die Beteiligun­g der Elternbeir­äte hat sich auf die Gesamtelte­rnbeiratsv­orsitzende der Schulen beschränkt, da die Entscheidu­ngen kurzfristi­g getroffen werden mussten und es organisato­risch nicht möglich war, alle elf Elternbeir­äte anzuhören.“Fragen, die vonseiten der Eltern zum neuen Verfahren regelmäßig gestellt werden, sollen nun auch auf der Homepage der Stadt ausführlic­h beantworte­t werden.

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FOTO: PRIVAT Die Umstellung der Mengener Schulen und Kindertage­sstätten auf PCR-Pooltest findet am kommenden Montag statt. Viele Eltern haben Fragen zum Ablauf einer möglichen Nachtestun­g.

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