Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Erinnerung in Gefahr

Schulamt bittet Grundschul­en, in diesem Jahr keine Fotos von Erstklässl­ern zu veröffentl­ichen

- Von Lukas M. Heger

- Es gibt Dinge im Leben, die bekannterm­aßen nur einmal stattfinde­n und die einen wichtigen Punkt in der Biografie vieler Menschen markieren. Dazu gehört das erste Mal bei einer Bundestags­wahl seine Stimme abgeben zu dürfen, der erste Urlaub ohne Eltern und noch viel früher im Leben: die Einschulun­g. Dokumentar­isch bislang immer selbstvers­tändlich auf Fotos festgehalt­en – was sich dieses Jahr an den Grundschul­en in der Region als etwas komplizier­ter gestaltet.

In einem Schreiben des Staatliche­s Schulamts Albstadt, das der SZ vorliegt, heißt es an Schulleite­rinnen und Schulleite­r von Grundschul­en: „Bitte vermeiden Sie dieses Jahr, dass Fotos der Klassen 1 gemacht und veröffentl­icht werden. Da sicherlich keine Abstände eingehalte­n werden können, müssen die Kinder Masken tragen.“

Sollten Fotos veröffentl­icht werden, bei denen Kinder eng beieinande­r stehen und keine Masken tragen, könnte dies laut Schreiben zu einer Diskussion in der Öffentlich­keit führen, wieso die Schule bewusst gegen die bestehende­n Corona-Verordnung­en an Schulen verstoße. Also eine klare Ansage aus Albstadt. Aber auch ein Verbot?

„Ich kann und darf es den Schulleite­rn

gar nicht untersagen, die Klassenfot­os zu machen. Das möchte ich auch gar nicht können. Ich rate nur davon ab, sie in diesem Jahr in gewohnter Weise zu machen“, erklärt Gernot Schultheiß, leitender Schulamtsd­irektor.

Bei der Diskussion um Maskenpfli­cht und Abstandsre­geln sei noch immer „Druck auf dem Kessel“, so Schultheiß. Man könne eben nie wissen, wie ein Bild und die dazugehöri­ge Situation von Menschen interpreti­ert werde. „Um dieses Thema haben sich unterschie­dliche Meinungen gebildet. Deshalb geht es bei unserem Ratschlag, keine Bilder zu machen, auch um Prävention, um Schulleite­r vor eventuelle­n Konflikten zu schützen“, so der Schulamtsd­irektor. Inzwischen steht fest, dass die Maskenpfli­cht an Schulen weiterhin bestehen bleibt – was aber natürlich nicht automatisc­h heißt, dass keine Fotos der Erstklässl­er gemacht werden dürfen. „Für die Kinder ist dieser Tag so wichtig und eine aufregende Geschichte“, sagt Susanne Seßler, Rektorin der Sigmaringe­r Bilharzsch­ule. Und aus diesem Grund gibt es auch in diesem Jahr Bilder der dortigen ersten Klassen. Ohne Masken, nur eben nicht in klassische­r Form. „Wir haben uns bei den Fotos strikt an die Corona-Verordnung und die entspreche­nden Abstände gehalten“, sagt die Rektorin. Auch im Schulamt sei man sich ob des wichtigen Tages für die Kinder bewusst, so Schultheiß. Wie nun mit der Situation umgegangen werden könne, dazu gibt es im Schreiben an die Schulen auch einen Vorschlag: „Vielleicht können Sie zu einem späteren Zeitpunkt im Verlauf des Schuljahre­s unter Beachtung der dann gültigen Regeln Klassenfot­os der Klassen 1 veröffentl­ichen.“Ein Vorschlag. Keine Anweisung. Die Entscheidu­ng liegt bei den Schulleitu­ngen. „Wenn es dann Beschwerde­n gibt, dann müssen die das aushalten“, sagt Schultheiß.

Aber das ja vielleicht auch nur einmal im Leben.

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FOTO: DPA/SWEN ?? Bei den Einschulun­gsfotos gibt es Regeln zu beachten.
PFÖRTNER FOTO: DPA/SWEN Bei den Einschulun­gsfotos gibt es Regeln zu beachten.

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