Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Johannes Kretschman­n verpasst Bundestags­mandat

In der Wahlnacht platzt auch der Traum vom Einzug über die Landeslist­e

- Von Michael Hescheler ●» www.schwaebisc­he.de/ btw21-sig

- Johannes F. Kretschman­n nennt es eine „herbe Enttäuschu­ng“. Ihn wurmt, dass die Grünen im Wahlkreis bei den Zweitstimm­en Federn lassen mussten. Und ihn wurmt, dass er den

Sprung ins Parlament verpasst hat. Schon am frühen Wahlabend war klar, dass der Sohn des badenwürtt­embergisch­en Ministerpr­äsidenten das

Direktmand­at verpassen würde. Doch Kretschman­n hoffte auf die Landeslist­e.

Insgesamt entsenden die Grünen laut dem Bundeswahl­leiter 14 Abgeordnet­e über die Landeslist­e in den Bundestag. Die vier Direktmand­ate, die Kretschman­ns Partei in BadenWürtt­emberg gewann, mitgerechn­et, sind 18 Grünen-Abgeordnet­e in den Bundestag gewählt. Kretschman­n war auf Platz 21 der Landeslist­e nominiert worden, also drei Plätze von der Ziellinie entfernt. „Mein Platz hat nicht mehr gezogen“, sagt er am Montagmitt­ag am Telefon.

Am frühen Morgen verdichtet­en sich die Hinweise, dass es Kretschman­n nicht schafft. Erstmals gegen 4 Uhr stieß der Kandidat aus Laiz im Internet auf belastbare Zahlen. Endgültig klar war es erst nach 6 Uhr: Sein Traum ist geplatzt.

„An meiner mangelnden Bekannthei­t lag’s nicht.“In den Wochen vor der Wahl war Kretschman­n wegen seines Namens medial ins Rampenlich­t gerückt. Kaum ein überregion­ales Blatt, das den Laizer nicht porträtier­te und den für den Sohn nicht immer einfachen Vergleich zu seinem Vater zog. Kretschman­ns Schwester Irene sagte über ihren „exzentrisc­hen Bruder“. Er habe den messerscha­rfen Verstand von Winfried und das leutselige Wesen von Gerlinde Kretschman­n.

Den leutselige­n Politiker konnte man am Wahlabend erleben, als er im Donautal ausgelasse­n seinen Musikverei­n Laiz dirigierte.

Am Mittag danach klingt Kretschman­n nachdenkli­ch und analytisch: Das überwältig­ende Ergebnis der Grünen bei der Landtagswa­hl im Frühjahr gehe auf den Deckel seines Vaters. „Die Menschen vertrauen im Land den Grünen und dem Ministerpr­äsidenten, aber auf Bundeseben­e sind diese Zahlen nicht übertragba­r, da die Grünen schon lange nicht mehr an der Regierung waren.“Kretschman­n erlitt eine doppelte Niederlage.

Ursprüngli­ch wollte er seinem CDU-Kontrahent­en das Direktmand­at abnehmen. Dies hatte er ebenfalls nicht geschafft. Bei den Erststimme­n lag er 13,1 Prozentpun­kte hinter Thomas Bareiß und musste auch SPD-Mann Robin Mesarosch an sich vorbeizieh­en lassen. „Der Robin ist nicht auf die Gosch und nicht auf den Kopf gefallen“, lobt er seinen

Mitbewerbe­r, der es über die Landeslist­e schaffte.

Neben SPD-Mann Mesarosch gehörte auch FDP-Kandidat Stephan Link bei den Erststimme­n zu den Gewinnern, weshalb alle drei Bewerber weniger große Stücke vom Kuchen abbekamen. Kretschman­n zieht dieses Fazit: Der Wahlkreis bleibe konservati­v, „für uns Grüne ist es da schwierig, Sprünge zu machen“.

Nun will er seinen Roman fertigschr­eiben und danach in Ruhe überlegen, wie es mit ihm und der Politik weitergeht: „Ich muss das heute noch nicht entscheide­n, aber ich muss meine Schlüsse aus diesem Wahlergebn­is ziehen.“Vater Winfried ging es übrigens bei der Bundestags­wahl 1994 ähnlich wie seinem Sohn. Der Grünen-Politiker scheiterte und wurde einige Jahre später zurück in den Landtag gewählt. Der weitere Verlauf seiner Karriere ist bekannt.

Alle Ergebnisse, Kommentare und Analysen zur Wahl unter

 ?? FOTO: LUKAS M. HEGER ?? Johannes F. Kretschman­n kommentier­t am Wahlabend die ersten Ergebnisse der Grünen.
FOTO: LUKAS M. HEGER Johannes F. Kretschman­n kommentier­t am Wahlabend die ersten Ergebnisse der Grünen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany