Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Johannes Kretschmann verpasst Bundestagsmandat
In der Wahlnacht platzt auch der Traum vom Einzug über die Landesliste
- Johannes F. Kretschmann nennt es eine „herbe Enttäuschung“. Ihn wurmt, dass die Grünen im Wahlkreis bei den Zweitstimmen Federn lassen mussten. Und ihn wurmt, dass er den
Sprung ins Parlament verpasst hat. Schon am frühen Wahlabend war klar, dass der Sohn des badenwürttembergischen Ministerpräsidenten das
Direktmandat verpassen würde. Doch Kretschmann hoffte auf die Landesliste.
Insgesamt entsenden die Grünen laut dem Bundeswahlleiter 14 Abgeordnete über die Landesliste in den Bundestag. Die vier Direktmandate, die Kretschmanns Partei in BadenWürttemberg gewann, mitgerechnet, sind 18 Grünen-Abgeordnete in den Bundestag gewählt. Kretschmann war auf Platz 21 der Landesliste nominiert worden, also drei Plätze von der Ziellinie entfernt. „Mein Platz hat nicht mehr gezogen“, sagt er am Montagmittag am Telefon.
Am frühen Morgen verdichteten sich die Hinweise, dass es Kretschmann nicht schafft. Erstmals gegen 4 Uhr stieß der Kandidat aus Laiz im Internet auf belastbare Zahlen. Endgültig klar war es erst nach 6 Uhr: Sein Traum ist geplatzt.
„An meiner mangelnden Bekanntheit lag’s nicht.“In den Wochen vor der Wahl war Kretschmann wegen seines Namens medial ins Rampenlicht gerückt. Kaum ein überregionales Blatt, das den Laizer nicht porträtierte und den für den Sohn nicht immer einfachen Vergleich zu seinem Vater zog. Kretschmanns Schwester Irene sagte über ihren „exzentrischen Bruder“. Er habe den messerscharfen Verstand von Winfried und das leutselige Wesen von Gerlinde Kretschmann.
Den leutseligen Politiker konnte man am Wahlabend erleben, als er im Donautal ausgelassen seinen Musikverein Laiz dirigierte.
Am Mittag danach klingt Kretschmann nachdenklich und analytisch: Das überwältigende Ergebnis der Grünen bei der Landtagswahl im Frühjahr gehe auf den Deckel seines Vaters. „Die Menschen vertrauen im Land den Grünen und dem Ministerpräsidenten, aber auf Bundesebene sind diese Zahlen nicht übertragbar, da die Grünen schon lange nicht mehr an der Regierung waren.“Kretschmann erlitt eine doppelte Niederlage.
Ursprünglich wollte er seinem CDU-Kontrahenten das Direktmandat abnehmen. Dies hatte er ebenfalls nicht geschafft. Bei den Erststimmen lag er 13,1 Prozentpunkte hinter Thomas Bareiß und musste auch SPD-Mann Robin Mesarosch an sich vorbeiziehen lassen. „Der Robin ist nicht auf die Gosch und nicht auf den Kopf gefallen“, lobt er seinen
Mitbewerber, der es über die Landesliste schaffte.
Neben SPD-Mann Mesarosch gehörte auch FDP-Kandidat Stephan Link bei den Erststimmen zu den Gewinnern, weshalb alle drei Bewerber weniger große Stücke vom Kuchen abbekamen. Kretschmann zieht dieses Fazit: Der Wahlkreis bleibe konservativ, „für uns Grüne ist es da schwierig, Sprünge zu machen“.
Nun will er seinen Roman fertigschreiben und danach in Ruhe überlegen, wie es mit ihm und der Politik weitergeht: „Ich muss das heute noch nicht entscheiden, aber ich muss meine Schlüsse aus diesem Wahlergebnis ziehen.“Vater Winfried ging es übrigens bei der Bundestagswahl 1994 ähnlich wie seinem Sohn. Der Grünen-Politiker scheiterte und wurde einige Jahre später zurück in den Landtag gewählt. Der weitere Verlauf seiner Karriere ist bekannt.
Alle Ergebnisse, Kommentare und Analysen zur Wahl unter