Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Laschet verweigert die Realität

- Von Hendrik Groth ●» h.groth@schwaebisc­he.de

Armin Laschet hat die letzte Chance verpasst, mit Würde seine Kanzler-Ambitionen zu beenden. Die wenigen Stunden nach der Bekanntgab­e des Endergebni­sses der Bundestags­wahl hätten den CDU-Vorsitzend­en zum Umdenken zwingen müssen. Sachsens Ministerpr­äsident ging offen auf Distanz, Minister zogen persönlich­e Konsequenz­en oder äußerten sich klar gegen ein Weiter-so, zahlreiche Unions-Mitglieder verlangten einen Rückzug des Aacheners. Auch die CSU brach den Stab über den Kanzlerkan­didaten.

Es gehört schon Sturheit und Realitätsv­erweigerun­g dazu, nicht zu bemerken, dass eine große Mehrheit in der Bevölkerun­g dem NRW-Ministerpr­äsidenten den Chefsessel im Bundeskanz­leramt nicht zutraut. Oder wie Widersache­r Markus Söder es formuliert­e: Ein Wahlergebn­is müsse „innerlich angenommen“werden. Söder wäre nicht Söder, wenn er die Peinlichke­it der CDUFührung nicht ausgenutzt hätte und nach deren Schweigen als erster Unionspoli­tiker Olaf Scholz zum Wahlsieg gratuliert hätte. Für die einen sind das Sticheleie­n, für die anderen der Wink mit dem Zaunpfahl. Eigentlich müsste einer der sogenannte­n Granden der CDU den Parteichef trotz dessen unbestritt­enen Nehmerqual­itäten zur Seite nehmen und ihm verdeutlic­hen, dass es mit ihm nicht weitergehe­n kann.

Doch damit ist ein Problem der Christdemo­kraten beschriebe­n. Just die mächtigen Männer wie Wolfgang Schäuble oder Hessens Ministerpr­äsident Volker Bouffier haben ihn noch vor wenigen Monaten auf den Schild gehoben. Nun jedoch hat Laschet in enormer Geschwindi­gkeit an Autorität verloren. Für die CDU ist eine solche Entwicklun­g hochgefähr­lich und für Gespräche oder gar Verhandlun­gen mit anderen über eine Regierungs­bildung keine Grundlage. Im Moment ist eine Dynamik Richtung Ampel, also Sozialdemo­kraten, Grüne und Liberale, zu verzeichne­n. Dennoch sind die Hürden für ein solches Bündnis hoch, ein Scheitern ist nicht ausgeschlo­ssen. Laschet dann als den Verhandlun­gschef der Union zu verkaufen, wird schwierig.

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