Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Fasnet unter Vorbehalt
Wie sich die Schwäbisch-Alemannischen Narrenzünfte für Feiern unter Corona-Bedingungen rüsten
Der Herbst ist eigentlich die Zeit, in der die Narren der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN) mit ihren 68 Mitgliedszünften in die heiße Phase ihrer Fasnetsplanungen gehen. Aber welche Großveranstaltungen können Narren im zweiten CoronaJahr überhaupt verlässlich in ihren Kalender aufnehmen? Roland Wehrle, Präsident der VSAN, und sein Vize Peter Schmidt haben bei einem Gespräch in Ehingen erklärt, was aus ihrer Sicht möglich ist.
Eigentlich sollte an der Fasnet 2022 in Ehingen das Landschaftstreffen Donau mit Tausenden von Besuchern stattfinden, in Bad Saulgau das oberschwäbische Gegenstück. Doch während die Ehinger Narrenzunft Spritzenmuck das Treffen abgesagt hat, will die Dorauszunft aus Saulgau an den Planungen festhalten. Es ist ein herbstlicher Tag im Narrenstädtchen Munderkingen. Die Sonne scheint auf den Munderkinger Brunnen – ein Ort, wo Tausende an der Fasnet den Brunnensprung anschauen. „Ich habe großes Verständnis für die Absage aus Ehingen. Ich habe auch großen Respekt vor dieser Entscheidung“, erklärt Wehrle, der bekannt dafür ist, in Sachen Fasnet ein fast grenzenloser Optimist zu sein. „Jede Zunft muss für sich selbst entscheiden. Wir als Vereinigung wollen da nicht eingreifen, weil eben die Verantwortung bei der veranstaltenden Zunft liegt“, betont Wehrle.
Im Gegenzug will der Präsident auch dafür werben, das Vorhaben aus Bad Saulgau zu unterstützen. „Ich bin schon auch dankbar, dass die Saulgauer an ihren Planungen festhalten“, sagt Wehrle. Doch wie steht es mit der Fasnet im Allgemeinen, wie ist die Stimmung der Zünfte in dem Verband, der 1924 gegründet wurde und damit eine von Deutschlands ältesten Narrenvereinigungen ist? „Gar nicht so schlecht“, sagt der Präsident, der mit dem baden-württembergischen Sozialministerium hinter der landesweiten Impfkampagne „Rettet die Fasnacht“steht. Denn auch der Präsident weiß, dass eine Rückkehr zur normalen Fasnet, wie sie die VSAN zwischen Dreikönig und Aschermittwoch feiert, schwierig werden dürfte.
„Ein großer Umzug und eine Straßenfasnet sind derzeit nicht kontrollierbar. Anders schaut es mit den Saalveranstaltungen aus. Hier stehen wir als Vereinigung vor einer völlig neuen Situation, die wir so nicht erwartet haben. Hier sind Veranstaltungen mit 3G oder 2G an der Fasnet sehr wahrscheinlich“, erklärt Wehrle, der inständig darauf hofft, dass die Impfquote in Deutschland bis dahin einen deutlichen Sprung nach oben macht. 3G würde bedeuten, dass Geimpfte, Genesene und Getestete Zutritt haben, 2G, dass nur Geimpfte und Genesene mitfeiern dürfen
„Nur so können wir wieder zu einem normalen Leben zurückkommen. Denn Covid-19 wird uns immer begleiten“, betont der Präsident von rund 70 000 Mitgliedern. Deswegen wird sich Wehrle auch am Mittwoch mit der AG Südwestdeutscher Narrenverbände treffen, um dort mit anderen Verbänden zu diskutieren, wie eine Fasnet 2022 aussehen könnte. „Mein klarer Wunsch ist hier eine
Vernetzung mit dem Land BadenWürttemberg. Wir wollen erreichen, dass es für alle einheitliche Regelungen gibt – natürlich immer angepasst an die Corona-Verordnungen“, hofft Wehrle, wohlwissend, dass „die Fasnet im kommenden Jahr nicht ganz so sein wird, wie wir uns das wünschen“.
Denn gerade bei der Straßenfasnet seien Zelte, in die nur Einlass mit 3G oder 2G stattfindet, kaum vorstellbar, weil der Aufwand für die Vereine hier „einfach nicht darstellbar ist“. Für Vizepräsident Peter Schmidt ist es indes wichtig zu betonen: „Wir dürfen bei allem nicht vergessen, dass jede Veranstaltung, die organisiert ist, besser ist, als unorganisierte Veranstaltungen, die aus dem Ruder laufen können.“
Dass die Sehnsucht nach einer Fasnet in der Vereinigung groß ist, beschreibt der Präsident so: „Wir alle haben ein exorbitant großes Bedürfnis nach einer Fasnacht. Wir wollen unser Brauchtum leben, wollen dieses weitergeben. Fasnacht ist ein Kulturgut und hat somit auch ein Recht darauf, gelebt zu werden. Aber die persönliche Unversehrtheit steht an oberster Stelle“, so Wehrle, der sagt: „Was unter den Corona-Bedingungen an der Fasnet möglich ist, sollten wir auch tun.“
Als nächsten Schritt will das Präsidium der VSAN an der Herbstarbeitstagung und Hauptversammlung am 9. Oktober mit seinen Mitgliedszünften das weitere Vorgehen besprechen. „Gleiches Recht für alle 68 Mitgliedszünfte, das muss unser Ziel sein“, sagt Wehrle.