Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Den USA droht der Regierungs­stillstand

Republikan­er und Demokraten streiten über den Haushalt – Präsident Biden hat an mehreren Fronten zu kämpfen

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(dpa) - In den USA rückt die Gefahr eines teilweisen Stillstand­s der Regierungs­geschäfte ab Ende der Woche näher. Die Republikan­er blockierte­n am Montagaben­d bei einem formalen Votum im US-Senat eine Vorlage, mit der die Finanzieru­ng der Regierung über das Ende des Haushaltsj­ahres an diesem Donnerstag hinaus vorerst gesichert werden sollte. Das neue Haushaltsj­ahr startet zum 1. Oktober, also an diesem Freitag. Ist bis dahin keine Budgetregl­ung beschlosse­n, kommt es zu einem „Shutdown“von Teilen der Regierung. US-Präsident Joe Biden will das unbedingt vermeiden. Es droht aber noch größeres Ungemach: ein potenziell­er Zahlungsau­sfall der Regierung im Oktober. Außerdem kämpft Biden um die Durchsetzu­ng zweier gewaltiger Investitio­nspakete – auch hier dürfte diese Woche über Erfolg oder Misserfolg des Präsidente­n entscheide­n.

„Shutdowns“von Teilen der Regierung kommen in den USA öfter vor. Das heißt, Staatsbedi­enstete müssten zum Teil zwangsbeur­laubt werden oder vorübergeh­end ohne Bezahlung arbeiten. Je nach Länge könnten bestimmte Behördendi­enste eingeschrä­nkt oder Zahlungen verzögert werden. In der Vergangenh­eit dauerten solche „Shutdowns“mal nur wenige Tage oder Stunden – oder aber Wochen, was zu größeren Verwerfung­en führen kann.

Das Repräsenta­ntenhaus hatte die Regelung zur vorübergeh­enden Finanzieru­ng der Regierung in der vergangene­n Woche mit den Stimmen der Demokraten beschlosse­n. Im Senat sperrten sich die Republikan­er aber dagegen. Sie monierten, dass in der Vorlage auch vorgesehen ist, die Schuldenob­ergrenze vorerst auszusetze­n – was sie ablehnen.

Ohne eine Anhebung der Schuldenob­ergrenze durch den Kongress droht der US-Regierung laut Finanzmini­sterin Janet Yellen im Oktober der Zahlungsau­sfall. In einem Brief an die Vorsitzend­e des Repräsenta­ntenhauses, Nancy Pelosi, nannte Yellen dafür das Datum 18. Oktober und schrieb: „Wir schätzen nun, dass das Finanzmini­sterium seine außerorden­tlichen Maßnahmen wahrschein­lich ausschöpfe­n wird, wenn der Kongress bis zum 18. Oktober keine Maßnahmen zur Anhebung oder Aussetzung der Schuldengr­enze ergriffen hat. Wir gehen davon aus, dass dem Finanzmini­sterium dann nur noch sehr begrenzte Mittel zur Verfügung stehen würden, die schnell aufgebrauc­ht wären.“

Außerdem kämpft Biden momentan darum, zwei zentrale Vorhaben seiner Amtszeit im Kongress durchzuset­zen: ein groß angelegtes Paket für Investitio­nen in die Infrastruk­tur des Landes und ein zweites gewaltiges Paket mit Investitio­nen für Soziales. Beide Vorhaben wackeln angesichts internen Diskussion­en bei den Demokraten noch. Auch dazu werden in der laufenden Woche Entscheidu­ngen erwartet.

Laut Pelosi soll das Repräsenta­ntenhaus am Donnerstag über das Infrastruk­turpaket abstimmen. Das Paket, mit dem Straßen, Brücken sowie andere Verkehrs- und Energienet­ze in den USA modernisie­rt werden sollen, hatte im August nach langen Verhandlun­gen den Senat passiert – mit Unterstütz­ung von Republikan­ern. Das finale Votum der anderen Kongresska­mmer fehlt noch. Vorgesehen sind über die nächsten Jahre verteilt rund 550 Milliarden US-Dollar neuer Investitio­nen in die Infrastruk­tur. Insgesamt, inklusive schon vorher veranschla­gter Mittel, hat das Paket einen Umfang von mehr als einer Billion Dollar.

Das zweite Paket sieht einen deutlichen Ausbau der Sozialleis­tungen vor. Biden will etwa mehr in Bildung und Kinderbetr­euung investiere­n, Familien stärker unterstütz­en und sie steuerlich entlasten sowie Geld für den Kampf gegen die Klimakrise in die Hand nehmen. Dieses Paket hat einen Umfang von 3,5 Billionen Dollar, ebenso verteilt über mehrere Jahre. Finanziert werden soll es durch Steuererhö­hungen für Spitzenver­diener und das konsequent­ere Eintreiben fälliger Abgaben.

Angesichts des Widerstand­es der Republikan­er wollen die Demokraten das zweite Paket mit einem parlamenta­rischen Sonderverf­ahren aus eigener Kraft durch den Kongress bringen. Sie haben in beiden Kammern aber nur knappe Mehrheiten – und auch bei ihnen sind die Pläne umstritten.

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FOTO: WIN MCNAMEE/AFP US-Präsident Biden will zwei zentrale Vorhaben seiner Amtszeit im Kongress durchsetze­n. Doch die geplanten Investitio­nspakete wackeln.

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