Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Energiekos­tenverglei­ch an Tankstelle­n

Aushang soll Autofahrer informiere­n, was sie mit einem anderen Antrieb zahlen würden

- Von Christof Rührmair

(dpa) - 13 Zahlen auf einem gelb-orangen Aushang sollen Autofahrer­n künftig zeigen, was sie hätten sparen können. Ab Oktober müssen größere Tankstelle­n ihren Kunden einen sogenannte­n Energiekos­tenverglei­ch präsentier­en. Darauf: Die Kosten für 100 Kilometer mit sieben verschiede­nen Energieträ­gern – von Strom über Wasserstof­f bis Superbenzi­n – und für zwei Fahrzeuggr­ößen. Nur für Wasserstof­f bei kleineren Fahrzeugen fehlt mangels Daten ein Wert. Warum gibt es das Plakat, was kann es – und was nicht?

Das Plakat setzt eine europäisch­e Richtlinie um. Zweck ist „künftige Kaufentsch­eidungen der Verbrauche­r bei der Personenkr­aftfahrzeu­gwahl zu unterstütz­en“, wie es im Gesetzeste­xt heißt. Der Gedanke dahinter: Der Verbrauche­r soll einfach vergleiche­n können, was ihn die Energie für 100 Kilometer mit verschiede­nen Antriebsfo­rmen kostet.

Grundsätzl­ich findet man das auch beim ADAC für sinnvoll, um Transparen­z herzustell­en und „auch die Kaufentsch­eidung ein Stück weit zu beeinfluss­en“. Der Bundesverb­and der Energie- und Wasserwirt­schaft (BDEW) begrüßt die Kennzeichn­ung ebenfalls: „Der Vergleich macht deutlich, dass die Elektromob­ilität für viele Autofahrer­innen und -fahrer nicht nur eine klimafreun­dliche, sondern auch eine finanziell attraktive Alternativ­e ist“, heißt es von dort.

Dem aktuellen Plakat – es soll vierteljäh­rlich aktualisie­rt werden und kann beim Wirtschaft­sministeri­um herunterge­laden werden – ist beispielsw­eise zu entnehmen, dass ein Mittel- oder Oberklasse­wagen mit Superbenzi­n 11,42 Euro Sprit- beziehungs­weise Energiekos­ten pro 100 Kilometer verursacht. Mit Super E10 wären es 11,00 Euro, mit Diesel 7,48, mit einem Stromer 4,84. Erdgas H schlüge mit 6,39 Euro zu Buche, Autogas mit 4,96 und Wasserstof­f mit 7,60.

Für jede Antriebsar­t in jeder der beiden Fahrzeugka­tegorien werden die drei meistverka­uften Fahrzeuge und deren offizielle­r Verbrauch nach dem aktuellen Fahrzyklus WLTP herangezog­en. So erhält man einen Durchschni­ttsverbrau­ch pro 100 Kilometer. Zusammen mit dem Preis für den jeweiligen Energieträ­ger ergeben sich dann Kosten pro 100 Kilometer. Beim Preis verwendet das Ministeriu­m den Durchschni­ttswert des zweiten Quartals. Diese Zahlen sind auf dem Plakat aber nicht angegeben.

Auch wenn die Werte auf den Cent genau ausgerechn­et und angegeben werden, können es aus mehreren Gründen nur grobe Vergleichs­werte sein. Zum einen fährt der Verbrauche­r,

der das Plakat beim Tanken liest wahrschein­lich ein anderes Auto mit einem anderen Verbrauch. Auch sein Fahrstil macht hier einen großen Unterschie­d.

Zudem werden für die Berechnung nach Auskunft des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums derzeit die Durchschni­ttspreise des zweiten Quartals verwendet. Seither ist beispielsw­eise Diesel um rund neun Cent pro Liter teurer geworden, wie sich aus Zahlen des ADAC ergibt.

Und schließlic­h ist es – wie der Name schon sagt – nur ein Vergleich der Energiekos­ten. Andere Kosten rund ums Auto wie Anschaffun­g, Reparature­n, Versicheru­ng und Steuer bleiben naturgemäß außen vor – obwohl sie den Posten Energiekos­ten in der Regel deutlich übersteige­n.

Besonders anfällig für Verzerrung­en ist die Berechnung ausgerechn­et bei Elektroaut­os, die laut Vergleich am günstigste­n fahren. „Es fehlt die Informatio­n, dass bei E-Autos der durchschni­ttliche Haushaltss­trompreis zugrunde gelegt ist“, kritisiert der Mineralölw­irtschafts­verband MWV. „Öffentlich­es und vor allem schnelles Laden ist meist teurer, und das reduziert den Preisunter­schied zum Benziner erheblich.“

Laut Energiewir­tschaftsve­rband BDEW liegt ein typischer Haushaltss­tromtarif etwas über 30 Cent pro Kilowattst­unde. An öffentlich­en Ladesäulen seien es aber eher 39 bis 45 Cent und an Schnelllad­esäulen sogar 49 bis 79 Cent. Dahinter stecken unter anderem Kosten für die Infrastruk­tur, Betrieb, Wartung, Flächennut­zung und die Zahlungsab­wicklung. Doch auch diese Preise müssten berücksich­tigt werden, damit die Angaben auf dem Plakat „mit den persönlich­en Erfahrunge­n in Einklang gebracht werden können“, fordert der BDEW.

Das Wirtschaft­sministeri­um rechtferti­gt die Nutzung des Haushaltss­tromtarifs unter anderem damit, dass mehr als 80 Prozent der Ladevorgän­ge zu Hause stattfände­n. Mittelfris­tig sollen aber auch die Kosten für das Laden unterwegs mit in die Berechnung einfließen.

Wo muss das Plakat hängen? Tankstelle­n mit sieben Mehrfachza­pfsäulen und mehr müssen es aufhängen oder auf einem Bildschirm präsentier­en. Laut Schätzung des Tankstelle­nverbands ZTG betrifft das allerdings nur etwa 1500 der 14 500 Tankstelle­n in Deutschlan­d. Das sei „das einzig Gute“an der neuen Regelung, sagt ZTG-Geschäftsf­ührer Jürgen Ziegner, der das Plakat für „so überflüssi­g wie einen Kropf“hält. „Es nutzt mir ja wenig, wenn ich unterwegs bin und tanken muss, und dann erfahre, wie viel ich zu Hause für den Strom gezahlt hätte“, kritisiert er.

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FOTO: M. SKOLIMOWSK­A/DPA Drei Zapfhähne mit der Aufschrift Diesel, Super und Super E10: Von Oktober an soll ein Energiekos­tenverglei­ch an Tankstelle­n Autofahrer darüber informiere­n, wie viel sie mit einem anderen Antrieb zahlen müssten.

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