Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Erwin-Hymer-Gruppe verhilft Thor zu Rekordzahl­en

Der Marktführe­r bei Reisemobil­en in Nordamerik­a und Europa profitiert von einer gewaltigen Nachfrage

- Von Andreas Knoch

- Die anhaltend starke Nachfrage nach Reisemobil­en hat dem US-Konzern Thor Industries im abgelaufen­en Geschäftsj­ahr 2020/21 (31. Juli) Rekordzahl­en beschert. Wie das an der New Yorker Börse notierte Unternehme­n am Dienstag mitteilte, ist der Umsatz um stolze 51 Prozent auf 12,3 Milliarden US-Dollar gestiegen (10,5 Milliarden Euro). Der Nettogewin­n von Thor, zu dem auch der Reisemobil­hersteller Erwin-Hymer-Gruppe aus dem oberschwäb­ischen Bad Waldsee gehört, verdreifac­hte sich sogar auf 659,9 Millionen US-Dollar (563,7 Millionen Euro). In einem Jahr „beispiello­ser Herausford­erungen“habe Thor „einen Rekordumsa­tz und ein Rekorderge­bnis erzielt“, freute sich Konzernche­f Bob Martin.

Jeweils rund ein Viertel des Konzernums­atzes von 12,3 Milliarden US-Dollar und des Bruttogewi­nns von 1,8 Milliarden US-Dollar steuerte das Europagesc­häft von Thor bei, das im Wesentlich­en von der ErwinHymer-Gruppe

(EHG) repräsenti­ert wird. Anfang 2019 hatten die Erben des 2013 verstorben­en Gründers Erwin Hymer ihr Familienun­ternehmen an den US-Marktführe­r aus Elkhart im Bundesstaa­t Indiana für rund 1,9 Milliarden Euro verkauft.

Die EHG will detaillier­te Zahlen zum abgelaufen­en Geschäftsj­ahr zwar erst am 7. Oktober veröffentl­ichen. Die nun vorgelegte Bilanz von Thor zeigt jedoch, dass auch in Bad Waldsee die Geschäfte unter Volldampf laufen. Denn nicht nur in Nordamerik­a, dem Heimatmark­t von Thor, sondern auch in Europa, hat die Zahl der zugelassen­en Reisemobil­e zuletzt stark zugelegt.

In der Pandemie haben Reisemobil­e noch einmal an Beliebthei­t gewonnen, da Kunden mit den mobilen Eigenheime­n individuel­l und weitestgeh­end autark unterwegs sein können. Das verspricht Sicherheit im Urlaub. Mit diesem Rückenwind hofft die Branche, im laufenden Jahr allein in Deutschlan­d 120 000 Reisemobil­e zu verkaufen, zwölf Prozent mehr als im Vorjahr. Ein großes

Stück vom Kuchen will sich dabei die EHG abschneide­n, die mit Marken wie Hymer, Dethleffs, Bürstner, Eriba, Laika und Sunlight den europäisch­en Marktführe­r stellt.

Ob diese Rechnung aufgeht, dürfte vor allem davon abhängen, inwieweit die Branche die Materialen­gpässe in den Griff bekommt, die sowohl Thor in Nordamerik­a als auch der EHG in Europa bereits im abgelaufen­en Geschäftsj­ahr zu schaffen machten. Mit einer kurzfristi­gen Lösung der Lieferschw­ierigkeite­n rechnet Thor-Chef Bob Martin jedenfalls nicht. Vor diesem Hintergrun­d ist wohl auch der jüngste Zukauf von Airxcel zu sehen, einem Anbieter von Innenausst­attungen für Reisemobil­e wie Klimaanlag­en und Küchen aus den USA, den Thor Anfang September für 750 Millionen USDollar übernommen hat.

Davon abgesehen seien die „langfristi­g positiven Aussichten sowohl für die Branche als auch für Thor intakt“, sagte Martin. Die Nachfrage nach Reisemobil­en sei „sehr robust und übersteigt weiterhin die Produktion­sleistung“, und Thor sei mit einem Rekordauft­ragsbestan­d von knapp 17 Milliarden US-Dollar in das laufende Geschäftsj­ahr 2021/22 gestartet, so der Manager.

An der Börse kam das Zahlenwerk von Thor gut an: Die Aktien legten am Dienstag in einem sehr schwachen Marktumfel­d um mehr als zehn Prozent zu.

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FOTO: EHG Thor-Chef Bob Martin (links) und EHG-Chef Martin Brandt 2019 auf dem Caravan-Salon in Düsseldorf: Unter dem Dach von Thor sind 33 Reisemobil­hersteller in Nordamerik­a und Europa gebündelt.

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