Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Zwei echte Bewerber und ein Alleinunterhalter
Kandidaten für das Bürgermeisteramt stellen sich den Wählern in Riedhausen vor
- Mehr als 220 Besucher haben am Montagabend die Vorstellung der Bürgermeisterkandidaten in der Turnhalle in Riedhausen verfolgt. Sie erlebten zwei Bewerber, die sich ernsthaft um das Amt bemühen, und einen, der zumindest einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat.
Die Spielregeln waren für die potenziellen Nachfolger von Bürgermeister Ekkehard Stettner identisch: 15 Minuten Redezeit, anschließend gab es für die Bürger die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Die anderen Bewerber mussten die Halle dabei verlassen. Wer am Montag keine Zeit hatte oder die Menschenansammlung scheute, kann sich die Auftritte im Internet ansehen. Den Link dazu will die Gemeinde auf ihrer Homepage veröffentlichen.
Für den meisten Gesprächsstoff dürfte Harald Gisy mit seiner Viertelstunde auf der Bühne gesorgt haben. Der Diplom-Betriebswirt, Jahrgang 1961, wohnt in Engen und hatte schon vorab im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“angekündigt, außer der Kandidatenvorstellung keinen weiteren Wahlkampf zu planen. Seine Zeit am Rednerpult nutzte er am Montagabend aber auch nicht, um die rund 220 anwesenden Wähler ernsthaft von sich zu überzeugen. Gisy stieg mit Witzeleien in seine Vorstellung ein, fragte später noch von der Bühne aus nach einer Übernachtungsgelegenheit. Was anfangs vielleicht noch einen humorvollen Charme versprühte, schien im Laufe der Rede seine Wirkung zu verlieren. Das Publikum wurde zunehmend unruhig, das Gelächter eher spöttisch als amüsiert. Die paar Berufsjahre, die ihm als über 60-Jährigen noch bleiben, will er „mal was ganz anderes machen, so einen Bürgermeisterjob“. Den stelle er sich einfach als Dienst an der Gemeinde vor – bis hin zur Beratung der Bürger in Finanzfragen. Von den anwesenden Bürgern wollte am Montagabend aber niemand mehr von Gisy wissen.
Als alles vorbei war und das Wahlvolk in Grüppchen vor der Turnhalle seine Eindrücke austauschte, stand Gisy alleine, abseits an der Pfarrscheuer in der Dunkelheit. Sein
Wahlkämpfchen war vorbei. Es ist ihm zugute zu halten, dass er überhaupt nach Riedhausen gekommen ist, auch wenn der Anlass eher eine verlorene Wette gewesen zu sein scheint, als Interesse am Bürgermeisteramt.
Ganz anders verliefen die Auftritte der Mitbewerber. Steffen Tomaschko wohnt seit drei Jahren mit Frau und zwei Kindern in Riedhausen. Er stellte in seiner Rede kurz seine Vita als Schreinermeister vor, der nun in der Holzbranche im Vertrieb arbeitet. Einen Schwerpunkt legte er auf seine Motivation für die Kandidatur und vor allem vier Themen, denen er sich als Bürgermeister widmen wollen würde. Sein größtes Anliegen: ein regionaler Versorger. Für den habe er zwar noch keine konkreten Pläne, aber Ideen, wo und wie sich dieser realisieren ließe. Wichtig sind ihm zudem das geplante Neubaugebiet „Kirchsteigäcker II“und die Schaffung von Gewerbeflächen, aber auch ausreichend Kindergartenplätze und die Grundschule sowie gute Schulbusverbindungen von und nach Riedhausen.
Auch den Themen Breitbandausbau und Mobilfunk will Tomaschko sich widmen. Bislang hat ein Teil des Ortes Glasfaseranschlüsse, der andere hängt noch am Kupferkabel. Dabei setzt der 44-Jährige darauf, Zuschüsse zu nutzen und vorausschauend zu planen. Den Mobilfunkausbau nennt Tomaschko ein Reizthema. „Mein Ziel ist es, mit Ihnen gemeinsam einen geeigneten und vor allem vertretbaren Platz für einen Sendemast zu suchen“, sagte Tomaschko und erntet dafür vereinzeltes Raunen aus dem Publikum. Konkrete Fragen hatte kein Bürger an den Kandidaten. Die Ostracherin Yvonne Heine, 25
Jahre, ledig, Studentin an der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl, hebt in ihrer Rede Fachwissen und regionale Verwurzelung hervor. An der Hochschule hätten schon zahlreiche Bürgermeister die Grundlagen für ihr Amt erworben. Sie selber werde das Studium abgeschlossen haben, wenn sie im Fall des Wahlsiegs das Amt antritt. Ihr sei bewusst, dass sie mit 25 Jahren noch nicht viel Lebenserfahrung für das Amt mitbringt. „Stattdessen gehe ich unbelastet in diese Wahl und strebe nach einer zukunftsorientierten Entwicklung. Dank meines Alters kann ich diese auch langfristig fördern und begleiten“, sagte Heine.
An Riedhausen schätze sie den Zusammenhalt und sieht aufgrund des Kreisentwicklungsberichts sehr viel Potenzial in der Gemeinde. Dem darin prognostizierten Bevölkerungszuwachs für den Kreis Ravensburg müsse auch Riedhausen sich stellen, indem es sich attraktiv hält – etwa durch bezahlbaren Wohnraum für Einheimische und Zuziehende. Aber auch durch den Ausbau der Infrastruktur für Breitband und Mobilfunk bis hin zur Freizeitgestaltung. Wichtig sei ihr, keine Versprechen zu machen, die sie nicht halten kann. Darauf verweist sie auch, als sie in der Fragerunde auf Bemühungen für einen Nahversorger angesprochen wird. „Es wird kein Vollsortimenter nach Riedhausen kommen. Diese Illusion muss ich Ihnen nehmen“, sagte Heine. Ihr schwebe auf der Freifläche am Feuerwehrhaus eine Art Café mit Backwaren und den nötigsten Lebensmitteln vor. Während Gisy und Tomaschko jeweils rund zehn Sekunden Applaus erhielten, war der für Heine fast doppelt so lang.