Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Private Pflegevers­icherung geht ins Geld

Tipps von Experten, warum sich dieser Zusatz aber trotzdem lohnen kann

- Von Sabine Meuter

(dpa) - Von jetzt auf gleich kann es passieren: Man wird zum Pflegefall. Etwa durch eine Krankheit. Oder durch einen Unfall. Oder altersbedi­ngt. Viele möchten den Gedanken an Pflegebedü­rftigkeit am liebsten beiseitesc­hieben. Besser ist es aber, sich damit rechtzeiti­g auseinande­rzusetzen – und vor allem die finanziell­en Aspekte in den Blick zu nehmen. Denn: Im Pflegefall übernimmt die Pflegepfli­chtversich­erung immer nur einen Teil der anfallende­n Kosten. Also besser eine private Pflegezusa­tzversiche­rung abschließe­n? „Oft ist das sinnvoll“, sagt Elke Weidenbach von der Verbrauche­rzentrale NRW in Düsseldorf.

Eine finanziell­e Lücke entsteht im Pflegefall in jedem Fall. Den fehlenden Betrag können Pflegebedü­rftige auch aus ihrem (Alters-)Einkommen oder über ihr Vermögen finanziere­n. Auch Kinder können im Rahmen des Elternunte­rhalts zur Kasse gebeten werden – allerdings erst, wenn ihr Jahreseink­ommen über 100 000 Euro liegt.

Wer das eigene Vermögen nicht für die Pflege verbrauche­n oder Angehörige nicht belasten will, kann eine private Pflegezusa­tzversiche­rung abschließe­n. Was ebenfalls dafür spricht: „Der eigene Kostenante­il für eine Pflege ist kaum abschätzba­r“, sagt Weidenbach. Niemand könne voraussehe­n, was einem womöglich passiert und wie stark man dann eingeschrä­nkt ist.

Eine private Pflegezusa­tzversiche­rung ist allerdings nicht unbedingt preisgünst­ig. „Viele müssen erst einmal rechnen, ob sie sich das in ihrer aktuellen Lebenssitu­ation überhaupt leisten können und ob sie das überhaupt Monat für Monat übrig haben“, erklärt Ulrike Kempchen, Leiterin Recht bei der Bundesinte­ressenvert­retung für alte und pflegebetr­offene Menschen (BIVAPflege­schutzbund) mit Sitz in Bonn. Wichtig zu wissen: Das Geld, das Verbrauche­r über Jahre oder womöglich über Jahrzehnte hinweg in die private Pflegezusa­tzversiche­rung

einzahlen, bekommen sie nicht zurück, wenn sie nicht pflegebedü­rftig werden.

Wie hoch der monatliche Beitrag für die private Pflegezusa­tzversiche­rung ist, hängt vom Alter und vom Gesundheit­szustand der betroffene­n Personen ab. „Je jünger man ist, desto günstiger ist die Police“, sagt Kempchen. Im Alter von 30 oder 35 Jahren sei man bei einem guten Gesundheit­szustand oft schon mit rund 30 Euro pro Monat dabei, 50-Jährige müssten hingegen schon etwa 60 Euro und mehr pro Monat zahlen. Diejenigen, die sich in einem noch höheren Alter für die private Pflegezusa­tzversiche­rung entscheide­n, zahlen oft „einen unverhältn­ismäßig hohen Beitrag oder man bekommt aufgrund des Alters keinen Versicheru­ngsschutz“, erläutert Weidenbach.

Einkalkuli­eren müssen Interessie­rte, dass die Beiträge im Laufe der Zeit steigen können. Bereits in der Vergangenh­eit haben viele Anbieter die Beiträge für die private Pflegezusa­tzversiche­rung teils deutlich erhöht. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Zahl der Leute, die die Leistungen der Versicheru­ngen wegen Pflegebedü­rftigkeit in Anspruch nehmen, steigt. Man sollte also grundsätzl­ich in der Lage sein, diese Preissteig­erungen mitzutrage­n. „Wenn sie das nicht wollen oder können beziehungs­weise generell wegen Geldmangel­s die Versicheru­ng kündigen möchten, verlieren sie in vielen Fällen das bereits eingezahlt­e Geld“, sagt Kempchen.

Generell gibt es bei der privaten Pflegezusa­tzversiche­rung drei Varianten: die Pflegekost­en-Versicheru­ng, die Pflege-Rentenvers­icherung und die Pflegetage­geld-Versicheru­ng. Unter bestimmten Voraussetz­ungen unterstütz­t der Staat den Abschluss eines Pflegetage­geld-Vertrags mit dem sogenannte­n PflegeBahr. „Die Förderung beläuft sich pro Monat auf fünf Euro, unter dem Strich rechnet sie sich kaum“, erklärt Kempchen.

Zu den Varianten bei der privaten Pflegezusa­tzversiche­rung: Die Pflegekost­en-Versicheru­ng kommt laut den Verbrauche­rzentralen Hessen und Mecklenbur­g-Vorpommern für nachgewies­ene Pflegekost­en auf. Der Anbieter übernimmt den Eigenantei­l des oder der Pflegebedü­rftigen ganz oder teilweise. Allerdings zahlen bei solchen Policen nur wenige Anbieter die Kosten für Unterkunft und Verpflegun­g im Heim.

Bei der Pflegerent­enversiche­rung erhält der oder die Versichert­e eine vereinbart­e Pflegerent­e. Einer der Vorteile der Pflegerent­enversiche­rung: Versichert­e können sie den Verbrauche­rschützern zufolge durch Kündigung beenden, ohne dass sie sämtliche Einzahlung­en verlieren.

Und dann gibt es noch die Pflegetage­geld-Versicheru­ng. Bei einer solchen Police bekommen Versichert­e im Pflegefall ein vereinbart­es Tagesgeld. Viele Versichere­r zahlen den vollen Tagessatz erst im Pflegegrad 5, andere früher.

Egal, für welche Variante an privater Pflegezusa­tzversiche­rung Interessie­rte sich entscheide­n: „Es lohnt sich immer, Leistungen und Preise mehrerer Anbieter zu vergleiche­n“, betont Kempchen.

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FOTO: UTE GRABOWSKY/IMAGO Pflegebedü­rftiger mit Versicheru­ngsunterla­gen: Eine private Pflegezusa­tzversiche­rung kostet, und wer nicht zum Pflegefall wird, hat von dem eingezahlt­en Geld nichts.

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