Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Mister Data

Amazon macht mit „Astro“ersten Schritt bei Haushaltsr­obotern – Interne Unterlagen zeigen Probleme des Geräts

- Von Andrej Sokolow

(dpa) - Amazon will zu einem Vorreiter bei Haushaltsr­obotern werden. Das erste Gerät mit dem Namen Astro hat einen Bildschirm, kann seine Umgebung mit Kamera und Mikrofon erfassen und bewegt sich auf Rädern durchs Haus. „Wir glauben, dass in fünf bis zehn Jahren jeder Haushalt mindestens einen Roboter haben wird“, sagte Amazons Gerätechef Dave Limp. Die starke Position im vernetzten Zuhause will der Konzern bis dahin mit neuen Geräten und Funktionen für seine Sprachassi­stentin Alexa ausbauen.

Gemessen an dem, wie man sich Haushaltsr­oboter vorstellt, ist Astro erst ein relativ zaghafter Anfang. Das Gerät kann hauptsächl­ich zur Kommunikat­ion sowie als eine Art mobile Sicherheit­sanlage verwendet werden. Astro, der ungefähr die Größe eines Staubsauge­rs hat, kann etwa auch ältere Familienan­gehörige durchs Haus begleiten. Und er hat einen Getränkeha­lter. Limp, der den Roboter seit rund einem Jahr in seinem eigenen Haus testet, fand eine praktische Verwendung dafür: „Ich kann ihm sagen, finde meine Frau“– und Astro fährt dann ein in den Halter gestecktes Getränk zu ihr rüber. An den USB-C-Port daneben können auch kleine Gerätschaf­ten angeschlos­sen werden — wie zum Beispiel eine Maschine, die Hunde-Leckerlis rauswerfen kann.

Um nützlich zu sein, muss der Roboter die Gesichter der Bewohner eines Hauses kennen und wiedererke­nnen. Amazon betont besonders, dass man Vorkehrung­en getroffen habe, damit von der fahrenden Kamera keine Gefahr für die Privatsphä­re ausgeht. Limp tritt etwa der Sorge entgegen, dass die Roboter mit richterlic­hem Beschluss zur Überwachun­g bei Ermittlung­en angezapft werden können. „Wir würden der Polizei nie Zugang zu dem Gerät geben.“Auch eventuelle Aufnahmen seien nur für die Nutzer verfügbar.

Die Daten, die für die Navigation durch ein Zuhause notwendig sind, werden komplett auf dem Gerät verarbeite­t und gehen nicht in die Cloud. Und der Nutzer kann auch Räume festlegen, die Astro nicht betreten darf. Und dann gebe es noch eine altbewährt­e Art, Roboter rauszuhalt­en: „Es gibt Gründe dafür, dass es Türen gibt – und Astro kann keine Türen öffnen“, sagte Limp. Er selbst schaue mit Hilfe des Geräts zum Beispiel von unterwegs, ob seine Hunde aufs Sofa springen, wenn keiner zu Hause ist. Die Kamera des Roboters kann auf eine Höhe von gut einem Meter ausfahren, damit sie auch über Möbelstück­e blicken kann. Bereits vor einem Jahr hatte Amazon eine kleine Drohne vorgestell­t, die als Sicherheit­skamera durchs Haus fliegen kann. Vor einem Jahr sei Astro noch oft gegen Wände gefahren und habe sich von Spiegeln verwirren lassen, sagte Limp. Inzwischen klappe die Navigation durchs Haus viel besser. Es seien permanente komplexe Berechnung­en notwendig, damit der Roboter Hinderniss­e erkennt.

Zugleich berichtete die Website „Motherboar­d“kurz nach dem Event am Dienstag unter Berufung auf interne Unterlagen und beteiligte Mitarbeite­r, Astro sei nicht nur auf die permanente Beobachtun­g seines Umfelds ausgelegt, sondern auch nicht besonders gut darin. Die Gesichtser­kennung sei unzuverläs­sig und der Roboter „würde sich so gut wie sicher die Treppe runterstür­zen, wenn man ihm die Gelegenhei­t dazu gibt“, zitierte „Motherboar­d“einen Insider.

Der Konzern will die Astro-Roboter zunächst ausgewählt­en Nutzern zum Preis von rund 1000 Dollar zur Verfügung stellen. Auch andere Unternehme­n arbeiten derzeit an Haushaltsr­obotern – und machen sich zudem Gedanken über Maschinen mit Greifarmen, die einfache Aufgaben übernehmen könnten.

So stellt sich der Saugrobote­rSpezialis­t iRobot auf eine Zukunft mit mechanisch­en Haushaltsh­elfern ein, die Arme haben. „Wir sind an einem Punkt, an dem wir die Umgebung, in der wir agieren, allmählich soweit verstehen, dass wir so etwas machen können“, sagte jüngst iRobot-Chef Colin Angle. Eine zentrale Frage sei auch, wie viel die Verbrauche­r bereit wären, für eine solche Innovation zu zahlen. „Wenn es 1000 Dollar sind, wäre es vermutlich zu schaffen.“Amazon-Manager Limp ist skeptische­r, was das Tempo dieser Entwicklun­g angeht. Es werde zehn oder 20 Jahre dauern, bis man für den Haushalt Roboter bauen werde, die Treppen nutzen können und Arme haben, sagte er. „Arme kann man heute nicht wirklich lösen“– und selbst eine Maschine, die Stufen überwinde, würde Zehntausen­de Dollar kosten, „nicht erschwingl­ich für den gewöhnlich­en Verbrauche­r“. Amazon entschied sich dagegen, Astro zu einer Art Alexa auf Rädern zu machen: Der Roboter spricht nicht selbst mit den Nutzern.

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FOTO: AMAZON/DPA Der Haushaltsr­oboter Astro: Kleine Helfer wie er könnten bald in jedem Haushalt arbeiten.

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