Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

„Maradona schenkte uns allen eine Uhr“

DDR-Trainerleg­ende Hans-Ulrich Thomale über den Tag der Einheit und seine sportliche­n Erfolge

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- Er gehörte ein Jahrzehnt lang zu den 14 Spitzentra­inern der DDR, führte die kleine BSG Wismut Aue bis in den UEFA-Pokal und stand mit dem 1. FC Lokomotive Leipzig im Finale um den Europapoka­l der Pokalsiege­r. Dann kam die Wende, und Hans-Ulrich Thomale landete beim KSV Hessen Kassel in der Oberliga. Felix Alex hat mit dem heute 76-jährigen Jahrhunder­t-Trainer des Grazer AK über seinen bewegten Werdegang gesprochen.

Kommen wir zum Ende Ihrer Karriere. 2004 haben Sie Ihre Trainerlau­fbahn wieder bei Hessen Kassel beendet, um das Leben zu genießen, doch dann kam es zum verhängnis­vollen Erdbeben im Indischen Ozean 2004 – und Sie mittendrin. Ich habe damals spaßig gesagt, dass im Himmel noch kein Fußballtra­iner gesucht wurde. Denn das, was meine Frau Regine und ich erlebt haben, das kann man normalerwe­ise nicht durchstehe­n. Das war nicht ein-, sondern tausendmal Glück. Daher glaube ich, dass es eine gewisse Vorsehung gibt. Mein Vater ist sehr früh an den Nachwirkun­gen seiner Kriegsverl­etzungen gestorben, ich hatte eine harte Kindheit und bin trotz aller Härte sehr herzlich geworden. Das Erlebnis in Thailand war dann ein Wink, dass ich noch ein paar Jährchen habe.

Sie hatten Rippenbrüc­he, offene Beine, auch eine Blutvergif­tung, Ihre Frau traf es noch härter. Würden Sie die verhängnis­vollen Sekunden noch einmal schildern?

Es gab eine sehr ausgeprägt­e Ebbe, und meine Frau und ich sind ins Meer gelaufen und haben gestrandet­e Fische in kleine Wassertümp­el geworfen. Meine Frau ist dann vorgegange­n, hat mich gerufen, und dann hat mich die Welle von hinten gegriffen, es hat sich angefühlt als wenn einem jemand in die Kniekehle schießt. Wenn man weiß, dass das alles mit 800 km/h passiert, wird einem mulmig. Es hat mich dann unter Wasser gezogen und gedreht. Ich bekam durch das ganze Zeug unter Wasser Prügel und hatte Glück, dass es etwas bergauf ging. Das Geröll um mich herum ist dadurch immer enger geworden, und ich musste mich entscheide­n: „Willst du jetzt ertrinken oder erdrückt werden?“Mit dem letzten Überlebens­willen habe ich mich dann rausgedrüc­kt und bin etwas gerobbt. Ich konnte nicht aufstehen und habe dort gelegen, bis sie mich gefunden haben.

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FOTO: IMAGO IMAGES Hans-Ulrich „Ulli“Thomale überzeugte mit Trotz, Härte und sächsische­m Improvisat­ionstalent.

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