Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Blutig und nah dran
Die Doku-Serie „SOS Großstadtklinik“des SWR zeigt den Alltag in einem Stuttgarter Krankenhaus
(dpa) - Gelblich, löchrig und blutig sieht der Magen aus, den Barbara Kraft ihrem Patienten gerade aus dem Bauch herausgeschnitten hat. Diagnose Krebs. Die Geräte im OP-Saal piepsen leise, während die Chirurgin den nächsten Schritt erklärt: Aus dem Dünndarm soll ein Ersatzmagen gebildet werden. Als Zuschauer der SWR-Doku „SOS Großstadtklinik“ist man ganz nah dran am Skalpell und kann den Ärztinnen und Ärzten im DiakonieKlinikum Stuttgart über die Schulter schauen.
Den direkten Einblick in das Krankenhaus ermöglichten Bodycams und 17 sogenannte Remote-Kameras, die das Produktionsteam fernsteuern konnte. Mehr als acht Wochen lang begleitete das Team den Klinikalltag. Herausgekommen ist eine neunteilige Doku-Reihe, die Patientengespräche, Behandlungen und Klinikpersonal ab dem 4. Oktober im SWR zeigt.
Die gezeigten Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte sowie Sanitäterinnen und Sanitäter kommentieren dabei für den Laien, was sie da eigentlich machen. „Sie müssen sich das vorstellen wie eine kurze Schwangerschaft“, sagt beispielsweise Chefärztin
Kraft nach einer Leistenbruch-Operation, bei der Gas in den Bauchraum gefüllt wird. Durch Aufblähen des Bauchs mit dem Gas werde Platz für die OP-Instrumente geschaffen.
Sämtliche gezeigten Patientinnen und Patienten hatten den Dreharbeiten vorab zugestimmt, wie die Filmemacher und das Klinikum betonen. Nur wenige Menschen wurden verpixelt.
Der Fokus der Doku wurde bewusst auf Ärztinnen und Ärzte sowie auf Pflegepersonal gelegt, wie Produzentin Eileen Fröhlich erläutert. Ursprünglich sollte nur die Notaufnahme gefilmt werden. Ziel war es, anhand des Klinikpersonals die Geschichten der Patienten möglichst lange weiterzuerzählen, wie Fröhlich sagt. Deswegen begleitet die Doku auch Patienten und Personal in der Orthopädie, Chirurgie und Onkologie.
Obwohl es sich bei „SOS Großstadtklinik“um eine Dokumentation handelt, erinnern dramatische Musik und Aufnahmen in Zeitlupe der Protagonisten, wie sie mit wehenden Haaren und Kitteln durch die Gänge laufen, etwas an Serien wie „Grey’s Anatomy“oder „In aller Freundschaft“.
660 Stunden Rohmaterial hatte das Filmteam am Ende der Dreharbeiten im Frühjahr 2021 zusammen. Wie war es, sich als Ärztin oder Pflegerin bei der Arbeit filmen zu lassen und interviewt zu werden? „Das war schon präsent, aber ich erkläre auch sonst Studenten im OP, was ich mache“, sagt Chirurgin Kraft. Die 63jährige dreifache Mutter wollte mit der Doku Frauen Mut machen, dass man auch mit Kindern als Chefärztin arbeiten kann.
Die Kameras habe sie schnell ausgeblendet, sagt Pflegerin Mónica Rosende Evaristo. Die Doku sei ein Erfolg, aber Probleme wie den Mangel an Pflegekräften zeige sie nicht. „Aber es kommt rüber, dass Krankenschwester ein toller Job ist.“
„SOS Großstadtklinik“in der ARD Mediathek und ab dem 4. Oktober jeden Montag um 20.15 Uhr im SWR Fernsehen.