Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Das bayerische Rätsel

- Von Guido Bohsem ●» politik@schwaebisc­he.de

Was will Markus Söder? Noch vor ein paar Monaten schien er nichts dringliche­r zu wünschen, als das Amt des Bundeskanz­lers. Er zog mit seiner CSU in eine Schlammsch­lacht gegen die Schwesterp­artei CDU und insbesonde­re gegen deren Vorsitzend­en Armin Laschet. Wie so oft in seiner Karriere überdrehte er dabei und zog deshalb den Kürzeren. Doch führte das beim bayerische­n Ministerpr­äsidenten nicht etwa zu einer Phase der Demut, nein, sein Ziel schien nun zu sein, Laschet als Kanzler zu verhindern. Seine Illoyalitä­t im Wahlkampf jedenfalls schadete dem Kanzlerkan­didaten der Union mehr als die Angriffe des politische­n Gegners. Jeder spürte, das ist keine Politik, das ist persönlich. Angesichts des Wahlergebn­isses muss man Söder beglückwün­schen. Die Union fuhr eine historisch­e Niederlage ein und Armin Laschet steht vor den Trümmern seiner Karriere.

Was will Markus Söder? Nur Rache oder mehr? Womöglich sieht er immer noch die Chance, Kanzler zu werden. Er könnte sich wie ein Phoenix aus den Überresten der Schwesterp­artei erheben und die JamaikaKoa­lition schmieden. Versammelt Söder die Kanzlermeh­rheit hinter sich und nicht der Sozialdemo­krat Scholz, keine Verfassung­sklage dieser Welt könnte das in Zweifel ziehen. Absurd wäre es trotzdem. Wer glaubt, die Deutschen hätten gerade in dieser Wahl nur nach Parteien und Inhalten entschiede­n und nicht nach Personen, muss sehr naiv sein.

Was will Markus Söder? Würde er nach Berlin gehen, fielen die Würfel diesmal zu seinen Gunsten? Wahrschein­lich weiß er selbst es auch noch nicht. Doch wer ihn kennt, weiß, es würde ihm schwerer fallen, es nicht zu tun. Es besteht jedoch noch eine ganz andere Möglichkei­t. Womöglich plant Söder größer und orientiert sich dabei an Österreich­s Sebastian Kurz. Die Idee, CDU und CSU unter Führung aus München zu einer tatsächlic­hen Union zu vereinen, vielleicht unter dem Titel „Liste Söder“, brächte eine völlig neue Perspektiv­e in die Politik, wäre sogar disruptiv und noch nie war die Gelegenhei­t so günstig wie derzeit.

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