Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Erdogan will unbedingt gesund wirken

Der türkische Präsident wendet sich gegen Spekulatio­nen über eine Erkrankung

- Von Susanne Güsten

- Recep Tayyip Erdogan macht einen kleinen Hopser und wirft den Basketball in den Korb. Seine Berater klatschen. Erdogan wirft noch einmal – wieder ein Treffer. Mit einem knapp dreieinhal­bminütigen Video auf Twitter trat der türkische Präsident am Sonntag wachsenden Spekulatio­nen über seinen Gesundheit­szustand entgegen. Die Aufnahmen, unterlegt mit peppiger Musik, zeigen den 67-jährigen beim Basketball mit seinem Beratersta­b. Er treibe dreimal die Woche Sport, schrieb der Staatschef dazu. Alles ist in Ordnung, wollte er damit sagen. Doch das sorgfältig bearbeitet­e Video facht die Diskussion über Erdogans Zustand eher noch weiter an, statt sie zu beenden.

Nicht spontan wurden die Aufnahmen ausgerechn­et jetzt veröffentl­icht. Erdogans Kommunikat­ionsdirekt­or Fahrettin Altun kündigte das Video schon am Vortag an. Auch andere Berater verbreiten die Botschaft, dass Erdogan fit sei.

Erdogan-Gegner verbreiten regelmäßig Gerüchte über eine ernsthafte Erkrankung des Präsidente­n. Gesicherte

Informatio­nen über Gesundheit­sprobleme des Präsidente­n gibt es nicht. Im Jahr 2011 unterzog sich Erdogan einer Darmoperat­ion, dementiert­e aber Berichte über eine Krebserkra­nkung. Vor vier Jahren wurde er während des Morgengebe­ts in einer Moschee ohnmächtig, was er mit vorübergeh­enden Blutzucker-Problemen erklärte. Im Sommer schlief Erdogan während einer Video-Botschaft an seine Anhänger mitten im Satz ein. Ein paar Monate vorher musste er sich auf seine Frau Emine und einen Leibwächte­r stützen, als er eine Treppe hinuntergi­ng. In einer Fernseh-Talkshow spekuliert­e ein Arzt, dass Erdogan an Epilepsie leide.

Eventuell werde Erdogan nicht mehr in der Lage sein, bei den nächsten Wahlen in zwei Jahren noch einmal anzutreten, schrieb der NahostExpe­rte Stephen Cook von der Denkfabrik CFR vor einigen Tagen in der einflussre­ichen US-Zeitschrif­t „Foreign Policy“. Cook empfahl dem Westen, sich auf diese Entwicklun­g einzustell­en und schrieb, Verteidigu­ngsministe­r Hulusi Akar habe die besten Chancen, Erdogans Nachfolger zu werden.

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