Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Erdogan will unbedingt gesund wirken
Der türkische Präsident wendet sich gegen Spekulationen über eine Erkrankung
- Recep Tayyip Erdogan macht einen kleinen Hopser und wirft den Basketball in den Korb. Seine Berater klatschen. Erdogan wirft noch einmal – wieder ein Treffer. Mit einem knapp dreieinhalbminütigen Video auf Twitter trat der türkische Präsident am Sonntag wachsenden Spekulationen über seinen Gesundheitszustand entgegen. Die Aufnahmen, unterlegt mit peppiger Musik, zeigen den 67-jährigen beim Basketball mit seinem Beraterstab. Er treibe dreimal die Woche Sport, schrieb der Staatschef dazu. Alles ist in Ordnung, wollte er damit sagen. Doch das sorgfältig bearbeitete Video facht die Diskussion über Erdogans Zustand eher noch weiter an, statt sie zu beenden.
Nicht spontan wurden die Aufnahmen ausgerechnet jetzt veröffentlicht. Erdogans Kommunikationsdirektor Fahrettin Altun kündigte das Video schon am Vortag an. Auch andere Berater verbreiten die Botschaft, dass Erdogan fit sei.
Erdogan-Gegner verbreiten regelmäßig Gerüchte über eine ernsthafte Erkrankung des Präsidenten. Gesicherte
Informationen über Gesundheitsprobleme des Präsidenten gibt es nicht. Im Jahr 2011 unterzog sich Erdogan einer Darmoperation, dementierte aber Berichte über eine Krebserkrankung. Vor vier Jahren wurde er während des Morgengebets in einer Moschee ohnmächtig, was er mit vorübergehenden Blutzucker-Problemen erklärte. Im Sommer schlief Erdogan während einer Video-Botschaft an seine Anhänger mitten im Satz ein. Ein paar Monate vorher musste er sich auf seine Frau Emine und einen Leibwächter stützen, als er eine Treppe hinunterging. In einer Fernseh-Talkshow spekulierte ein Arzt, dass Erdogan an Epilepsie leide.
Eventuell werde Erdogan nicht mehr in der Lage sein, bei den nächsten Wahlen in zwei Jahren noch einmal anzutreten, schrieb der NahostExperte Stephen Cook von der Denkfabrik CFR vor einigen Tagen in der einflussreichen US-Zeitschrift „Foreign Policy“. Cook empfahl dem Westen, sich auf diese Entwicklung einzustellen und schrieb, Verteidigungsminister Hulusi Akar habe die besten Chancen, Erdogans Nachfolger zu werden.