Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Mit vollem Willen
VfB Stuttgart feiert erlösenden Sieg im Südwest-Duell und seine treffsicheren Verteidiger
(SID/dpa) - Bei der stimmungsvollen Fan-Party ließ Pellegrino Matarazzo seinen DerbyHelden um Konstantinos Mavropanos gerne den Vortritt. „Das war der Moment der Spieler, deshalb bin ich ein bisschen zurückgetreten“, sagte der Trainer des VfB Stuttgart über die Jubelszenen in der Cannstatter Kurve. Dort feierten die Schwaben das verdiente 3:1 (1:0) im SüdwestDuell gegen die TSG Hoffenheim als erlösenden Befreiungsschlag nach schweren Wochen.
Matarazzo schaute mit großen Augen und ein paar Metern Abstand zu – und war gefühlsmäßig doch mittendrin. „Tolle Fans, tolles Stadion“, habe er gedacht. Und überhaupt sei dieser erste Dreier nach fünf Spielen ohne Sieg, dieser Triumph der Leidenschaft für alle Stuttgarter „eine Bestätigung, dass wir auf dem richtigen Weg sind“.
Das gilt vor allem für die Tore jagenden Verteidiger Marc Oliver Kempf, der bereits seinen dritten Saisontreffer erzielte (18.), und Konstantinos Mavropanos. „Wahnsinn“und „außergewöhnlich“sei dessen Tor zum 2:0 gewesen, lobte Sportdirektor Sven Mislintat. Der Grieche holte sich auf Höhe der Mittellinie den Ball, sprintete zum Strafraum und schlenzte mit links ins linke untere Eck (60. Minute). „Einmal Maschine angeschmissen. Mit vollem Willen geradeaus“, sagte Mislintat. Nicht nur er fühlte sich „erinnert an einen Brasilianer, der mal bei Leverkusen und Bayern gespielt hat“– Lucio.
Mit seinem südamerikanischen Sturm und Drang, aber auch mit seiner Einstellung und Lernwilligkeit sei der griechische Nationalspieler ein „Prototyp“dieser Mannschaft, schwärmte der Sportdirektor, der Mavropanos von seinem Ex-Club Arsenal losgeeist hat. Der VfB hat für die Leihgabe eine Kaufverpflichtung im Sommer: Im Falle des Klassenerhalts kostet der 23-Jährige drei Millionen Euro, andernfalls wäre die Ablöse frei verhandelbar. „So oder so wird Dinos dann bei uns drei Jahre unter Vertrag stehen“, sagte Mislintat zufrieden.
Sinnbildlich steht Mavropanos’ Tor für die Kämpfernatur der Stuttgarter
an diesem siebten Spieltag der Fußball-Bundesliga. Und es steht mit dafür, dass zwei Verteidiger zu den Schlüsselspielern für einen wichtigen Sieg gegen die Hoffenheimer wurden, die es allerdings auch laut Trainer Sebastian Hoeneß dem Gegner zu einfach machten. Die Schwaben brauchten den Erfolg, um sich von einer Negativserie mit fünf Spielen ohne Sieg zu erlösen. Im Fall eines weiteren Misserfolgs hätte der VfB mit nur fünf Punkten in der Länderspielpause in der Abstiegsregion festgehangen.
Vor diesem Hintergrund übernahmen Defensivspieler das Toreschießen
„Das war der Fußball, den wir letzte Saison gezeigt haben, der uns
stark gemacht hat.“
und kompensierten diesmal die Langzeit-Ausfälle der Offensivkräfte Sasa Kalajdzic und Silas Katompa Mvumpa. Im VfB-Angriff hatte es zuletzt geruckelt, doch gegen emotionslose Hoffenheimer agierten die Schwaben zielstrebiger und effizienter. „Ich glaube, das war der Fußball, den wir letzte Saison gezeigt haben, der uns stark gemacht hat. Jeder war für den anderen da, jeder war gallig in den Zweikämpfen, und wir haben uns getraut, Fußball zu spielen“, sagte Kempf, der mit drei Treffern die vereinsinterne Torjägerliste anführt. „Viel Selbstbewusstsein rausziehen“, könne der VfB aus diesem
Marc-Oliver Kempf
Spiel, das U21-Nationalspieler Roberto Massimo (81.) entschied. „Es war eine andere Zielstrebigkeit da, anderer Tiefgang, anderer Mut, der uns gut getan hat“, bilanzierte Trainer Matarazzo: „Wir nehmen viel Positives mit.“
Ganz anders die TSG, deren Tor durch Joker Jacob Bruun Larsen (84.) viel zu spät kam. Coach Sebastian Hoeneß verließ Stuttgart „mit einem schlechten Gefühl“. Am Sonntag entließ er seine Mannschaft mit einer „gewissen Botschaft“in die Länderspielpause: Jedem Einzelnen müsse „klar sein, dass wir Spiele mit Überzeugung auf unsere Seite ziehen müssen“, sagte er. Diese Gier fehlte nach gutem Beginn und dem Lattentreffer von Ihlas Bebou (17.) fast komplett. Beim VfB ist diese nach dem Befreiungsschlag hingegen wieder geweckt.