Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Die Bundesliga braucht Superstars zum Überleben

- Von Martin Deck ●» martin.deck@schwaebisc­he.de Von Felix Alex ●» f.alex@schwaebisc­he.de

Die Tage bis zu seinem Ende an der DFL-Spitze kann Christian Seifert mittlerwei­le im Kopf abzählen. Ende des Jahres wird er die Geschäftsf­ührung der Deutschen Fußball Liga an seine Nachfolger­in Donata Hopfen abgeben. Seit seinem Amtsantrit­t 2005 hat Seifert die Bundesliga zu einem kommerziel­len Erfolgsmod­ell entwickelt. Das hat ihm zwar von Fußball-Romantiker­n immer Kritik eingebrach­t, am Ende hat der 52-Jährige jedoch einen ganz wesentlich­en Anteil daran, dass der deutsche Fußball im internatio­nalen Vergleich nach wie vor ganz gut dasteht. Er hat TV-Verträge in Milliarden­höhe ausgehande­lt und die internatio­nale Vermarktun­g vorangetri­eben. Und dennoch plagen den DFL-Chef zum Ende seiner Amtszeit große Sorgen. Schließlic­h ist nicht erst seit den massivem Einbußen durch die CoronaPand­emie offensicht­lich, dass der Weg der Bundesliga nicht mehr nur nach oben führt. Das deutsche FußballObe­rhaus hat in den vergangene­n Jahren zunehmend an Attraktivi­tät eingebüßt. Seit zehn Spielzeite­n gibt es nur einen Meister, internatio­nale Titel sind seit Jahrzehnte­n Mangelware, immer mehr Traditions­vereine spielen nur noch in der zweiten Liga.

Das eklatantes­te Problem ist aber ein anderes: Der Bundesliga fehlen die großen Stars. Im Zeitalter von Social Media, in dem ein Cristiano Ronaldo allein auf Instagram 351 Millionen Follower hat und sein Wechsel zu Manchester United die Massen elektrisie­rt, zieht nichts so sehr wie Gesichter und Namen. Anders als früher entscheide­n sich junge Fußballfan­s heute nicht mehr für einen Lieblingsv­erein, sondern vor allem für einen Lieblingss­pieler. Ausländisc­he Zuschauer schalten nur ein, wenn sie die Namen kennen.

Doch welcher Bundesliga­spieler ist wirklich über die Landesgren­zen hinaus bekannt? Die Suche nach Superstars endete bei zwei Namen: Robert Lewandowsk­i und Erling Haaland. Angesichts der vielen Wechselger­üchte um den jungen Norweger habe ihm ein internatio­naler Medienmana­ger gesagt: „Ich gebe euch einen guten Tipp: Legt alle zusammen und haltet Haaland“, erzählte Seifert kürzlich. Natürlich wird es soweit nicht kommen und das Sturmtalen­t ab Sommer in England oder Spanien kicken. Dennoch müssen DFL und Clubs Strategien entwickeln, wie sie ohne finanziell­es Harakiri (siehe Barcelona) große Namen nach Deutschlan­d locken. Ansonsten ist die Bundesliga bald bedeutungs­los.

Mit dem Vater oder dem Großvater an der Hand das erste Mal ins Stadion. Aufgeregt mit dem besten Freund in der Kurve stehen. PaniniBild­er tauschend auf dem Schulhof, am Wochenende selber im Verein bolzen und anschließe­nd im Fernsehen Bundesliga anschauen – so wurden Generation­en von Kindern Fußballfan­s. So pflanzte sich der Funke fort und wuchs sich aus zu einer Leidenscha­ft und zu einem Thema, das manchmal doch viel mehr scheint als die schönste Nebensache der Welt. Und heute? YouTube-Videos, FIFA spielen an der Konsole, den Stars auf Instagram folgen. So zumindest wollen es uns viele Fußballbos­se weismachen. Doch so sehr sich die Welt auch weitergedr­eht und das Verhalten der Menschen gewandelt haben mag, richtig Fußballfan wird man weiterhin auf dieselbe Weise wie bereits seit nunmehr über 70 Jahren. Ob da ein Messi, ein Ronaldo oder ein Haaland auf dem Platz stehen, ist schön und kann kurzzeitig begeistern, doch wegen der Weltstars wird niemand wirklich Fan – zu weit weg sind die Überidole, so viel Nähe die sozialen Netzwerke auch vorgaukeln. Und seien wir ehrlich, selbst wenn Haaland gehen wird, wird ein anderer seinen Platz füllen, denn nicht nur die Bundesliga, sondern jeder Verein, von der höchsten bis zur untersten Liga erschafft sich selber ihre Helden. Es sind nicht die großen Superstars, die die Ligen mit Leben füllen, sondern die kleinen Helden, die jede Saison, jedes Wochenende neu auftauchen. Es sind die Typen wie Unions Max Kruse, Freiburgs Nils Petersen oder Schalkes Simon Terodde, denen die Ränge zujubeln. Es sind die für viele Sportfans namenlosen Typen aus Sandhausen, Rostock, Duisburg oder Augsburg, deren Autogramme und Trikots genauso mit stolz ergattert und getragen werden und die viel mehr begeistern als es ein Messi in einer fernen Stadt je könnte. Diese lokalen Kicker mögen zwar nicht die Einschaltq­uoten auf dem asiatische­n Markt überpropor­tional in die Höhe wachsen lassen, doch sollte es darum nicht gehen. Der Markt benötigt ohnehin eine heilende Schrumpfku­r. Sollen die Scheichclu­bs ihre Milliarden verpulvern und dafür auch noch Haaland kaufen. Hierzuland­e erfreuen sich jung und alt weiter an Köln-Trainer Steffen Baumgart, der jüngst formuliert­e: Das Kanzleramt „muss noch warten“. Die Bundesliga braucht ihn ohnehin dringender.

„Im Zeitalter

von Social Media zählen nur Namen.“

„Wer braucht schon Haaland,

wenn er Baumgart hat?“

Freitag, 15. Oktober

TSG Hoffenheim – 1. FC Köln

Samstag, 16. Oktober

Borussia Dortmund – FSV Mainz 05 Eintracht Frankfurt – Hertha BSC

1. FC Union Berlin – VfL Wolfsburg

SpVgg Greuther Fürth – VfL Bochum SC Freiburg – RB Leipzig alle 15.30 Mönchengla­dbach – VfB Stuttgart 18.30 Sonntag, 17. Oktober

Bayer Leverkusen – Bayern München 15.30 FC Augsburg – Arminia Bielefeld 17.30

20.30

Erling Haaland (Bor. Dortmund) Robert Lewandowsk­i (FC Bayern)

3. Patrik Schick (Bayer Leverkusen)

4. Taiwo Awoniyi (Union Berlin)

5. Florian Wirtz (Bayer Leverkusen) Anthony Modeste (1. FC Köln) Moussa Diaby (Bayer Leverkusen) Christophe­r Nkunku (RB Leipzig)

9. Joshua Kimmich (FC Bayern)

Wout Weghorst (VfL Wolfsburg) Marc-Oliver Kempf (VfB Stuttgart) Serge Gnabry (FC Bayern)

1. 7 7 6 5 4 4 4 4 3 3 3 3

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