Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Die Bundesliga braucht Superstars zum Überleben
Die Tage bis zu seinem Ende an der DFL-Spitze kann Christian Seifert mittlerweile im Kopf abzählen. Ende des Jahres wird er die Geschäftsführung der Deutschen Fußball Liga an seine Nachfolgerin Donata Hopfen abgeben. Seit seinem Amtsantritt 2005 hat Seifert die Bundesliga zu einem kommerziellen Erfolgsmodell entwickelt. Das hat ihm zwar von Fußball-Romantikern immer Kritik eingebracht, am Ende hat der 52-Jährige jedoch einen ganz wesentlichen Anteil daran, dass der deutsche Fußball im internationalen Vergleich nach wie vor ganz gut dasteht. Er hat TV-Verträge in Milliardenhöhe ausgehandelt und die internationale Vermarktung vorangetrieben. Und dennoch plagen den DFL-Chef zum Ende seiner Amtszeit große Sorgen. Schließlich ist nicht erst seit den massivem Einbußen durch die CoronaPandemie offensichtlich, dass der Weg der Bundesliga nicht mehr nur nach oben führt. Das deutsche FußballOberhaus hat in den vergangenen Jahren zunehmend an Attraktivität eingebüßt. Seit zehn Spielzeiten gibt es nur einen Meister, internationale Titel sind seit Jahrzehnten Mangelware, immer mehr Traditionsvereine spielen nur noch in der zweiten Liga.
Das eklatanteste Problem ist aber ein anderes: Der Bundesliga fehlen die großen Stars. Im Zeitalter von Social Media, in dem ein Cristiano Ronaldo allein auf Instagram 351 Millionen Follower hat und sein Wechsel zu Manchester United die Massen elektrisiert, zieht nichts so sehr wie Gesichter und Namen. Anders als früher entscheiden sich junge Fußballfans heute nicht mehr für einen Lieblingsverein, sondern vor allem für einen Lieblingsspieler. Ausländische Zuschauer schalten nur ein, wenn sie die Namen kennen.
Doch welcher Bundesligaspieler ist wirklich über die Landesgrenzen hinaus bekannt? Die Suche nach Superstars endete bei zwei Namen: Robert Lewandowski und Erling Haaland. Angesichts der vielen Wechselgerüchte um den jungen Norweger habe ihm ein internationaler Medienmanager gesagt: „Ich gebe euch einen guten Tipp: Legt alle zusammen und haltet Haaland“, erzählte Seifert kürzlich. Natürlich wird es soweit nicht kommen und das Sturmtalent ab Sommer in England oder Spanien kicken. Dennoch müssen DFL und Clubs Strategien entwickeln, wie sie ohne finanzielles Harakiri (siehe Barcelona) große Namen nach Deutschland locken. Ansonsten ist die Bundesliga bald bedeutungslos.
Mit dem Vater oder dem Großvater an der Hand das erste Mal ins Stadion. Aufgeregt mit dem besten Freund in der Kurve stehen. PaniniBilder tauschend auf dem Schulhof, am Wochenende selber im Verein bolzen und anschließend im Fernsehen Bundesliga anschauen – so wurden Generationen von Kindern Fußballfans. So pflanzte sich der Funke fort und wuchs sich aus zu einer Leidenschaft und zu einem Thema, das manchmal doch viel mehr scheint als die schönste Nebensache der Welt. Und heute? YouTube-Videos, FIFA spielen an der Konsole, den Stars auf Instagram folgen. So zumindest wollen es uns viele Fußballbosse weismachen. Doch so sehr sich die Welt auch weitergedreht und das Verhalten der Menschen gewandelt haben mag, richtig Fußballfan wird man weiterhin auf dieselbe Weise wie bereits seit nunmehr über 70 Jahren. Ob da ein Messi, ein Ronaldo oder ein Haaland auf dem Platz stehen, ist schön und kann kurzzeitig begeistern, doch wegen der Weltstars wird niemand wirklich Fan – zu weit weg sind die Überidole, so viel Nähe die sozialen Netzwerke auch vorgaukeln. Und seien wir ehrlich, selbst wenn Haaland gehen wird, wird ein anderer seinen Platz füllen, denn nicht nur die Bundesliga, sondern jeder Verein, von der höchsten bis zur untersten Liga erschafft sich selber ihre Helden. Es sind nicht die großen Superstars, die die Ligen mit Leben füllen, sondern die kleinen Helden, die jede Saison, jedes Wochenende neu auftauchen. Es sind die Typen wie Unions Max Kruse, Freiburgs Nils Petersen oder Schalkes Simon Terodde, denen die Ränge zujubeln. Es sind die für viele Sportfans namenlosen Typen aus Sandhausen, Rostock, Duisburg oder Augsburg, deren Autogramme und Trikots genauso mit stolz ergattert und getragen werden und die viel mehr begeistern als es ein Messi in einer fernen Stadt je könnte. Diese lokalen Kicker mögen zwar nicht die Einschaltquoten auf dem asiatischen Markt überproportional in die Höhe wachsen lassen, doch sollte es darum nicht gehen. Der Markt benötigt ohnehin eine heilende Schrumpfkur. Sollen die Scheichclubs ihre Milliarden verpulvern und dafür auch noch Haaland kaufen. Hierzulande erfreuen sich jung und alt weiter an Köln-Trainer Steffen Baumgart, der jüngst formulierte: Das Kanzleramt „muss noch warten“. Die Bundesliga braucht ihn ohnehin dringender.
„Im Zeitalter
von Social Media zählen nur Namen.“
„Wer braucht schon Haaland,
wenn er Baumgart hat?“
Freitag, 15. Oktober
TSG Hoffenheim – 1. FC Köln
Samstag, 16. Oktober
Borussia Dortmund – FSV Mainz 05 Eintracht Frankfurt – Hertha BSC
1. FC Union Berlin – VfL Wolfsburg
SpVgg Greuther Fürth – VfL Bochum SC Freiburg – RB Leipzig alle 15.30 Mönchengladbach – VfB Stuttgart 18.30 Sonntag, 17. Oktober
Bayer Leverkusen – Bayern München 15.30 FC Augsburg – Arminia Bielefeld 17.30
20.30
Erling Haaland (Bor. Dortmund) Robert Lewandowski (FC Bayern)
3. Patrik Schick (Bayer Leverkusen)
4. Taiwo Awoniyi (Union Berlin)
5. Florian Wirtz (Bayer Leverkusen) Anthony Modeste (1. FC Köln) Moussa Diaby (Bayer Leverkusen) Christopher Nkunku (RB Leipzig)
9. Joshua Kimmich (FC Bayern)
Wout Weghorst (VfL Wolfsburg) Marc-Oliver Kempf (VfB Stuttgart) Serge Gnabry (FC Bayern)
1. 7 7 6 5 4 4 4 4 3 3 3 3