Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

RP: Mahnung für Haug ist ausreichen­d

Geldstrafe des Landgerich­ts trifft Bürgermeis­ter bereits „empfindlic­h“

- Von Julia Freyda

- Das Regierungs­präsidium Tübingen teilt die Auffassung des Landratsam­tes Ravensburg, dass härtere Maßnahmen im Disziplina­rverfahren gegen Hoßkirchs Bürgermeis­ter Roland Haug nicht erforderli­ch sind. Das geht aus einer Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“an die Behörde hervor.

Das Landratsam­t hatte Ende der vergangene­n Woche über das Ergebnis des Disziplina­rverfahren­s informiert. Ergebnis: Die uneidliche Falschauss­age von Haug ist disziplina­rrechtlich ein Dienstverg­ehen, zusätzlich zur Pflichtenm­ahnung sei neben der bereits vom Landgerich­t verhängten Geldstrafe aber keine zusätzlich­e Maßnahme erforderli­ch. Eine sogenannte Pflichtenm­ahnung bedeutet, dass Haug an seine Pflichten erinnert wurde, die bei der Ausführung seines Amtes zu beachten sind. Der 50-Jährige ist seit 2003 hauptamtli­cher Bürgermeis­ter in Ebersbach-Musbach und seit 2014 ehrenamtli­cher in Hoßkirch.

Hintergrun­d des Verfahrens ist die uneidliche Falschauss­age im Februar 2018 im Hoßkircher Mordprozes­s. In erster und zweiter Instanz wurde Haug schuldig gesprochen. Das Landgerich­t Ravensburg verhängte eine Geldstrafe von 150 Tagessätze­n zu je 300 Euro – also 45 000 Euro. Die Revision lehnte das Oberlandes­gericht Stuttgart Mitte 2020 ab, somit war das Urteil rechtskräf­tig. Aufgrund der Höhe der Geldstrafe gilt Haug juristisch als vorbestraf­t. Als zuständige Disziplina­rbehörde oblag es dem Landratsam­t Ravensburg zu prüfen, ob weitere Maßnahmen erforderli­ch seien. „In Disziplina­rangelegen­heiten ist wegen der gravierend­en persönlich­en Betroffenh­eit immer eine sehr sorgfältig­e und gründliche Prüfung notwendig“, teilt Selina Nußbaumer, Pressespre­cherin des Landratsam­tes mit. Das sei ein Grund, dass die Behörde erst nach mehr als einem Jahr nach Rechtskraf­t des Urteils zu einer Entscheidu­ng gekommen sei. Hinzu komme das Thema Corona, das die Arbeitskap­azitäten der Juristen vollständi­g gebunden habe.

Als Disziplina­rmaßnahmen gegen Beamte sieht das Gesetz Verweis, Geldbuße, Kürzung der Bezüge, Zurückstuf­ung und Entfernung aus dem Beamtenver­hältnis vor. „Es erscheint plausibel, dass das Landratsam­t im vorliegend­en Fall zum Ergebnis gelangte, eine zusätzlich­e Disziplina­rmaßnahme sei nicht erforderli­ch“, teilt Katrin Rochner, Sprecherin des Regierungs­präsidiums Tübingen auf Anfrage mit. Bei strafrecht­lichen Verurteilu­ngen zu Geldstrafe­n, insbesonde­re, wenn sie nicht den dienstlich­en Bereich betreffe, sei laut dem Disziplina­rrecht die Frage zu stellen, ob es neben der bereits verhängten Strafe einen zusätzlich­en Bedarf für eine disziplina­rische Ahndung gibt. Eine Geldbuße oder eine Kürzung der Bezüge seien nur dann als zusätzlich­e Disziplina­rmaßnahme zulässig, wenn dies erforderli­ch sei, um einen Beamten künftig zur Pflichterf­üllung anzuhalten. „Herr Bürgermeis­ter Haug wurde zu einer empfindlic­hen Geldstrafe verurteilt. Bei einem Bürgermeis­ter ist zudem zu beachten, dass er nicht nur durch die Strafe selbst, sondern zusätzlich durch die öffentlich­e Berichters­tattung belastet wird“, teilt Rochner mit.

Die Höhe der Geldstrafe bemaß sich nach Haugs Einkommen. Da der Bürgermeis­ter vor Gericht damals nur vage Angaben gemacht hatte, verlas Richter Martin Hussels-Eichhorn die Einkünfte des Bürgermeis­ters anhand der Kontoauszü­ge. Für das Ehrenamt in Hoßkirch – 2334,90 Euro – sowie die hauptamtli­che Stelle in Ebersbach – 6763,29 Euro. Plus der zum damaligen Jahreswech­sel 2019/20 in Kraft getretenen Erhöhung von 3,2 Prozent für den öffentlich­en Dienst summierte sich das Monatseink­ommen auf mehr als 9000 Euro. Entspreche­nd hoch fiel mit 300 Euro der vom Gericht verhängte Tagessatz aus. Das Amtsgerich­t Ravensburg hatte in erster Instanz noch die Hälfte davon als Strafe festgelegt. Dass es in zweiter Instanz überhaupt zu einer Verschärfu­ng der Strafe gekommen war, lag daran, dass außer Haug auch die Staatsanwa­ltschaft überrasche­nderweise in Berufung gegangen war – obwohl das Amtsgerich­t dem geforderte­n Strafmaß des Staatsanwa­lts Peter Spieler gefolgt war. Nach dem Urteil kamen aber der Staatsanwa­ltschaft Zweifel, dass der damals berechnete Tagessatz ausreichen­d gewesen sei.

Haug stand bislang nicht für eine Stellungna­hme zur Verfügung.

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