Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Schlusslicht mit Aufwind
Immer mehr Menschen im Kreis Sigmaringen haben einen Zugang zum öffentlichen Nahverkehr
(hel/sz) - Auf dem Land ist in Baden-Württemberg immer noch jeder Fünfte bis Zehnte aufs Auto angewiesen. Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) habe dort noch die größten Lücken, meldete kürzlich in Stuttgart der Landesverband Baden-Württemberg des Verkehrsclubs Deutschland (VCD). Der VCD hat den Erreichbarkeitsindex des Bündnisses „Allianz pro Schiene“ausgewertet und die Ergebnisse in der Landeshauptstadt veröffentlicht. Eine ÖPNV-Anbindung hat demnach, wer eine Bushaltestelle in höchstens 600 Metern oder einen Schienenhaltepunkt in höchstens 1200 Metern erreicht und von dort aus mindestens 20 Fahrtmöglichkeiten am Tag hat. Während das in einigen Landkreisen auf einen hohen Prozentsatz der Bevölkerung zutrifft, belegt Sigmaringen den letzten Platz in Baden-Württemberg.
Bundesweit betrachtet ergebe sich für Baden-Württemberg „ein guter vierter Platz nach den deutlich dichter besiedelten Ländern Saarland, Hessen und Nordrhein-Westfalen“, sagte der VCD-Landesvorsitzende Matthias Lieb. Insgesamt habe sich seit 2018 das Land um einen Prozentpunkt verbessert. Jetzt hätten 95,8 Prozent der baden-württembergischen Bevölkerung eine ÖPNVAnbindung. Die regionalen Unterschiede seien jedoch geblieben. So schneiden die Stadtkreise im Südwesten gut ab. Pforzheim liegt mit einer Erschließung von 99,93 Prozent an der Spitze und damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 91,4 Prozent. Am anderen Ende sieht es dagegen für die Region etwas düsterer aus: Die letzten Plätze
im Südwesten belegen die Kreise Sigmaringen (82,09 Prozent) und Ravensburg (82,27 Prozent).
Lieb sagte, dass alle Landkreise, die in der letzten Untersuchung 2018 als unterdurchschnittlich erschlossen identifiziert wurden, sich verbessert hätten. Das falle jedoch unterschiedlich stark aus. Am deutlichsten aufgeholt habe der Landkreis Schwäbisch Hall mit sechs Prozentpunkten auf jetzt gut 91, gefolgt vom Main-Tauber-Kreis mit fünf Prozentpunkten auf jetzt knapp 90. Das Schlusslicht Landkreis Sigmaringen habe sich dagegen nur um rund 1,6 Punkte verbessert – und damit weniger als die bundesweite Verbesserung, die bei 1,7-Prozentpunkten lag.
Und wie sieht die Lage in den anderen Nachbarlandkreisen aus? Im Kreis Zollernalb haben 95,18 Prozent der Bevölkerung eine ÖPNV-Anbindung, im Kreis Tuttlingen 97,91 Prozent und damit etwas mehr als die Bevölkerung im Kreis Konstanz mit 97,83 Prozent. Im Bodenseekreis beläuft sich die Zahl derer, die einen Zugang zum öffentlichen Personennahverkehr haben, auf 94,3 Prozent der Bevölkerung, im Kreis Biberach auf 88,1 Prozent und im Kreis Reutlingen auf 96,98 Prozent. Für das Erreichbarkeits-Ranking von Bus und Bahn in Deutschland verwendet die Allianz pro Schiene laut eigenen Angaben Daten des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR).
Aus den Zahlen geht hervor, dass der hessische Main-Taunus-Kreis mit 99,47 Prozent unter den Landkreisen in der Bundesrepublik am besten abschneidet, der bayerische Landkreis Dingolfing-Landau mit 29,1 Prozent am schlechtesten. Wenig überraschend kommen die meisten kreisfreien Städte auf Werte von bis zu 99,9 Prozent. Während Mainz (99,9) Spitzenreiter ist, liegt Jena mit 97,55 Prozent bei diesem Ranking auf dem letzten Platz.