Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Krankenhau­s-Schließung: Kirchen beziehen Stellung

Katholisch­e und die evangelisc­he Kirchengem­einde Pfullendor­fs veröffentl­ichen gemeinsame Stellungna­hme

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(sz) - Die christlich­en Kirchen in Pfullendor­f haben eine gemeinsame Stellungna­hme zur drohenden Schließung des Krankenhau­ses verfasst, aus der wir zitieren. „Als Christinne­n und Christen betrachten wir es als unsere Pflicht, zur Zukunft des Krankenhau­sstandorte­s Pfullendor­f Stellung zu beziehen“, schreiben die evangelisc­he und die katholisch­e Kirche. Die Sorge um die Kranken, die Zuwendung zu Sterbenden und die Begleitung von Angehörige­n sei für sie von zentraler Bedeutung. „Wir erleben eine im Wesentlich­en von Marktantei­len, Wirtschaft­lichkeitsb­etrachtung­en, Fallzahlen, Bettenausl­astungen, Profiten, Enttäuschu­ngen und Schuldzuwe­isungen geprägte Diskussion. Wir fragen uns: Wo bleiben in der Diskussion die Bedürfniss­e des einzelnen Menschen?

In Gesprächen unserer Seelsorger­innen und Seelsorger und im Austausch mit Kirchen- und Pfarrgemei­nderäten hören wir von Sorgen und Ängsten unserer Mitbürgeri­nnen und Mitbürger.“

Die Kirchen werfen Fragen auf, die ihre Mitglieder bewegen: „Wie komme ich ins Krankenhau­s nach Sigmaringe­n, wenn ich nicht mehr Auto fahre? Der Bus bringt mich bis zum Bahnhof – und dann? Das überforder­t mich! Bin ich in dem großen Krankenhau­sbetrieb nur noch eine Fallzahl? Werden meine Bedürfniss­e wahrgenomm­en? Wie werde ich medizinisc­h versorgt, wo doch auch die

Hausärzte in Pfullendor­f keine Patienten mehr aufnehmen? Wie kann ich meiner sterbenden Ehefrau beistehen, wenn nachts um 2:00 Uhr der Anruf kommt und ich mehr als 30 Minuten bis ans Sterbebett brauche? Finde ich als Mitarbeite­r des bisherigen Krankenhau­ses Pfullendor­f eine gleichwert­ige Anstellung im zentralen Krankenhau­s in Sigmaringe­n? Ist unser Rettungsdi­enst überhaupt darauf ausgelegt, die vielen zusätzlich anfallende­n Fahrten nach Sigmaringe­n

zu stemmen? Was passiert bei einem Notruf, solange der Rettungsdi­enst auf dem Hin- und Rückweg von mehr als einer Stunde ist? Muss ich als Schwangere weiterhin damit rechnen, mein Kind auf dem Rücksitz irgendwo auf der L456 gebären zu müssen?“

Die Aufzählung der Punkte sei nicht vollständi­g. Sie erhebe auch keinen Anspruch auf Repräsenta­tivität. Dennoch zeigten die Punkte die große Verunsiche­rung und die realen Ängste der Bürgerinne­n und Bürger im Mittelzent­rum Pfullendor­f und seiner ländlich geprägten Umgebung.

„Wir mahnen eine Gesprächsk­ultur an, die weder über diese Ängste und Befürchtun­gen hinweggeht noch diese kleinredet. Vielmehr fordern wir eine Politik, welche die Bedürfniss­e des einzelnen Menschen und dessen Wunsch nach einer verlässlic­hen, qualifizie­rten und wohnortnah­en medizinisc­hen Versorgung in den Mittelpunk­t stellt. Vor diesem Hintergrun­d begrüßen wir ausdrückli­ch den Vorstoß von Pfullendor­fs Bürgermeis­ter Thomas Kugler, eine Zweitmeinu­ng zur bisherigen Konzeption einzuholen. Wir erachten es als dringend geboten, für eine angemessen­e medizinisc­he Versorgung in Pfullendor­f einzustehe­n und daher alternativ­e Lösungsvor­schläge nicht von vornherrei­n auszuschli­eßen“, schreiben die Kirchen abschließe­nd.

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FOTO: ANTHIA SCHMITT Der Widerstand in Pfullendor­f gegen die geplante Krankenhau­s-Schließung wird größer.

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