Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Babiš Favorit bei Tschechiens Parlamentswahl
Milliardär mit peinlichen Enthüllungen konfrontiert – Seine Partei liegt dennoch in Umfragen vorn
(AFP) - Bei der Parlamentswahl in Tschechien hofft der umstrittene Regierungschef und Milliardär Andrej Babiš (Foto: Petr David Josek/dpa) auf eine Wiederwahl. Die Wahllokale öffneten am Freitag um 14 Uhr. Die Wähler können noch bis Samstag um 14 Uhr ihre Stimme abgeben. Obwohl der Ministerpräsident zuletzt durch Enthüllungen in den „Pandora Papers“in Erklärungsnot geraten war, trauen Beobachter seiner populistischen Bewegung ANO („Ja“) zu, erneut stärkste Kraft zu werden.
Laut den Enthüllungen des internationalen Recherchenetzwerks ICIJ soll Babiš 2009 über eine Briefkastenfirma anonym ein Landschloss in Südfrankreich für 15 Millionen Euro gekauft haben. Die Vorwürfe brachten ihm im bislang vor allem von den Folgen der CoronaPandemie dominierten Wahlkampf den Hohn seiner Gegner ein. Babiš steht darüber hinaus im Verdacht, mit seinem Unternehmen Agrofert unrechtmäßig EU-Subventionen in Millionenhöhe eingestrichen zu haben. „Hunderte von Millionen über Steuerparadiese gewaschen? JA!“lautete eine Parodie von Babiš’ ANOPlakaten, die der Chef der Piratenpartei, Ivan Bartos, auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte. „Andrej Babiš sammelt (Straf-)Fälle wie Pokemons“,
twitterte Marketa Pekarova Adamova von der Mitte-RechtsGruppierung „Zusammen“.
„Ich will, dass Babiš aufhört“, sagte der Wähler Jakub Kratochvil am Freitag in Prag. „Ich möchte eine transparentere Demokratie und ich möchte, dass wir international respektiert werden.“„Zusammen“sowie ein Bündnis der Piraten mit zentristischen Bürgermeistern und Unabhängigen bilden Babiš’ wichtigste Herausforderer bei der Wahl. Analysten zufolge ist es jedoch unwahrscheinlich, dass der Skandal Babiš’ Unterstützer beeinflussen und so seinen erwarteten Wahlsieg torpedieren würde.
„Die Fans von Babiš haben ihm schon oft verziehen, und dies wird ein weiteres Mal der Fall sein“, sagte der Politikexperte Otto Eibl von der Masaryk-Universität in Brünn der Nachrichtenagentur AFP. ANO lag in den jüngsten Umfragen am vergangenen Sonntag noch mit 25 Prozent an der Spitze. Tschechische Ermittlungsbehörden leiteten am Montag eine Untersuchung ein. Babiš betonte jedoch, er habe „nie etwas Illegales oder Falsches getan“, und bezeichnete die Anschuldigungen als Verleumdungskampagne.
„Die entscheidende Frage ist, ob die populistische Politik sich gegenüber den traditionellen und verantwortungsvolleren Politikern durchsetzen wird“, sagte Tomas Lebeda von der Palacky-Universität in Olomouc. ANO versuche, die Gesellschaft zu spalten, und mache „Populismus, wie er im Buche steht“.