Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Gnabry und Müller belohnen das stetige Mühen
Beim 2:1 (0:1) über Rumänien sieht Bundestrainer Hansi Flick aber noch einiges Verbesserungspotenzial
(dpa) - Thomas Müller hat als Superjoker dem jungen deutschen Nationalteam einen Sieg des Wollens beschert. Der Bayern-Anführer belohnte nach seiner Einwechslung beim 2:1 (0:1) gegen Rumänien die nie nachlassenden Angriffsbemühungen der Auswahl des auch im vierten Spiel siegreichen Bundestrainers Hansi Flick. Im Hamburger Volksparkstadion mühten sich die DFB-Kicker eine Halbzeit lang trotz großer Moral erheblich – verfielen zur Freude der 25 000 Zuschauer aber nie in altbekannte Lethargie. Damit ist die WM 2022 in Katar ganz nah.
Serge Gnabry (52. Minute) mit seinem 20. Länderspieltor und Müller (81.) mit seinem 40. DFB-Treffer drehten die Partei nach dem frühen Tor des jungen Ianis Hagi (9.), der die DFB-Abwehr sehr zum Missfallen des Bundestrainers narrte. Das erste Gegentor seiner Amtszeit dürfte Flick mit seinen zwar hoch engagierten, aber oftmals fahrigen und in der Chancenverwertung nachlässigen Spielern noch ausgiebig besprechen .
Mit nun 18 Punkten reist die DFBAuswahl als souveräner Erster der Qualifikationsgruppe J nach Skopje, wo am Montag die Revanche gegen Nordmazedonien wartet. Im Idealfall kann Deutschland dort schon das WM-Ticket lösen. Das weiß auch Serge Gnabry: „Je früher wir uns qualifizieren, desto besser. Das war heute ein großer Schritt.“
Attraktiven und begeisternden Fußball will Flick sehen. Bis die deutsche Auswahl die Wunschvorstellung des Bundestrainers verinnerlicht hat, ist aber noch ein Weg zu gehen. Auch wenn die DFB-Auswahl Einsatz, Willen und Leidenschaft zeigte, bekam der frühere Titelsammler des FC Bayern gegen den Weltranglisten-42. einige Schwächen seiner Mannschaft präsentiert. Ungenaues Passspiel in der Offensive, dazu bedenkliche Wackler in der Defensive – und das gegen einen Gegner, der nicht gerade zu den Schwergewichten des Weltfußballs zählt. Die Rumänen stellten die deutsche Mannschaft bei einigen Umschaltaktionen
vor mehr Probleme, als Flick lieb war.
Dabei ging es gut los. Die Fans im fußballerisch nicht verwöhnten Hamburg hätten fast gleich jubeln können. Doch der Videoschiedsrichter hatte etwas dagegen – zu Recht. Nach einer leichten Berührung von Andrei Burca gegen Timo Werner hatte der türkische Referee Cüneyt Cakir auf den Punkt gezeigt (5.), nach Studium der Bilder musste er die Entscheidung aber revidieren.
Anstelle des frühen Führungstreffers gab es im Anschluss aber direkt den Stimmungsdämpfer. Hagi, Sohn des berühmten rumänischen Rekordtorschützen Gheorghe Hagi, setzte sich gegen Thilo Kehrer und mit einem Beinschuss gegen Antonio Rüdiger durch und traf aus halbrechter Position zur überraschenden Führung.
Auch Torhüter Marc-André ter Stegen, der den an den Adduktoren verletzten Kapitän Manuel Neuer vertrat, konnte den ersten Gegentreffer in der Ära Flick nicht verhindern. Für den früheren Gladbacher ein weiterer bitterer Moment im DFBTrikot. Es war ohnehin eine undankbare Aufgabe für den Keeper. Chancen sich auszuzeichnen, hatte er kaum. Dazu ließ die fahrige Defensive mit Rüdiger und Niklas Süle in der Innenverteidigung brenzlige Szenen zu. Ein abgefälschter Schuss von George Puscas hätte den viermaligen Weltmeister sogar noch klarer ins Hintertreffen bringen können (10.).
Das Bemühen war der deutschen Mannschaft nicht abzusprechen. Doch gerade in den ersten 45 Minuten fehlte der finale Pass, sodass der Außenseiter kaum in Bedrängnis geriet.
Das änderte sich auch zu Beginn der zweiten Halbzeit nicht. Wieder herrschte bei einem Konter höchste Not, mit zwei Pässen war die deutsche Abwehr ausgehebelt. Puscas verpasste aber erneut das 0:2 (48.).
Wenn der entscheidende Pass nicht funktioniert, muss halt ein Distanzschuss her. Gnabry beherzigte das und traf aus halbrechter Position zum Ausgleich. Der Treffer war auch ein Signal: Der Druck der deutschen Mannschaft nahm zu, das Pressing wurde konsequenter, die Chancen wurden besser – wie bei Reus aus kurzer Distanz (58.).
Flick wollte die drei Punkte und zog mit Thomas Müller und Kai Havertz in der 68. Minute seine nächsten Joker. Müller, der in München unter Flick zur alten Stärke zurückfand, wurde gleich zum Matchwinner, als er nach Kopfballvorlage von Leon Goretzka zur Stelle war. Fazit des Siegtorschützen: „Ich fand, dass wir ein engagiertes Spiel gemacht haben. Wenn du mit 0:1 in die Pause gehst, ist das kein befriedigendes Gefühl. Wir hatten schon das Gefühl, dass wir mehr verdient gehabt hätten. Umso schöner war es, dass wir uns mit dem 2:1 belohnen konnten.“
Deutschland: ter Stegen (FC Barcelona) - J. Hofmann (Bor. Mönchengladbach)/85. Klostermann (RB Leipzig), Süle (Bayern München), Rüdiger (FC Chelsea), Kehrer (Paris Saint-Germain) Kimmich (Bayern München), Goretzka (Bayern München) - Gnabry (Bayern München), Reus (Borussia Dortmund)/ 67. Havertz (FC Chelsea), Sané (Bayern München)/89. Adeyemi (RB Salzburg) – Werner (FC Chelsea)/67. Th. Müller (Bayern München). – Rumänien: Nita Ratiu, Rus, Chiriches, Burca/50. Manea, Tosca - Hagi/60. Maxim, Stanciu/82. Albu, R. Marin, Mihaila/60. Ivan - Puscas/82. Mitrita. – Tore: 0:1 Hagi (9.), 1:1 Gnabry (52.), 2:1 Th. Müller (81.).