Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Was die kleine Powerknolle kann – und was nicht
Knoblauch zu essen, gilt als gesund – Studien legen das zwar tatsächlich nahe – Aber es liegt wohl nicht an dem Lauchgewächs allein
Dieser Geruch, dieser Geschmack, er spaltet die Gemüter: Die einen lieben Knoblauch, andere finden ihn nur eklig. Egal, wie man es mit ihr hält – die Knolle gilt als gesund, manche halten sie gar für ein Allheilmittel.
Sicher ist, sie liefert Kohlenhydrate, Eiweiß und Ballaststoffe, aber auch Mineralstoffe wie Selen, B-Vitamine sowie Vitamin C. Doch warum müffelt sie so? „Das typische Aroma von Knoblauch ist auf Schwefelverbindungen zurückzuführen“, erläutert Professor Martin Smollich vom Institut für Ernährungsmedizin am Universitätsklinikum SchleswigHolstein in Lübeck.
Geht man dem Geruch genauer auf den Grund, dann findet sich da zunächst einmal das Alliin, eine schwefelhaltige Aminosäure. Sie ist geruchlos. Doch sobald die Zellen durch Schneiden, Pressen oder Kauen beschädigt werden, bildet sich daraus Allicin – und das riecht man. Allicin wiederum zerfällt in weitere geruchsintensive Schwefelverbindungen, unter anderem Ajoen. „Sowohl Allicin als auch Ajoen sind charakteristisch für den Geschmack und Geruch von Knoblauch“, so Smollich.
Doch das ist nicht alles: Dem Ernährungsmediziner zufolge geht auf diese beiden Schwefelverbindungen vermutlich auch die positive, also gesundheitsförderliche Wirkung von Knoblauch zurück. Allicin und Ajoen wird nachgesagt, dass sie blutverdünnend und blutdrucksenkend wirken. Wodurch sie Herz-Kreislauferkrankungen oder Thrombosen vorbeugen sollen. Die Schwefelverbindungen sollen außerdem den Cholesterinspiegel günstig beeinflussen und sich positiv auf Wachstumsprozesse auswirken.
Knoblauch punktet auch mit seinem Gemisch an sekundären Pflanzenstoffen. Ihm wird zudem die Fähigkeit zugeschrieben, Viren, Bakterien und Pilze schachmatt zu setzen. „Es wirkt offenbar wie ein natürliches Antibiotikum“, sagt Daniela Krehl, Ernährungsberaterin von der Verbraucherzentrale Bayern. Wobei die Knolle keinesfalls ein Lebensmittel
zum Heilen im Sinne eines Arzneimittels sei, sondern eher eines zur Krankheitsvorbeugung.
Zahlreiche Studien liefern laut Wissenschaftler Martin Smollich Hinweise auf heilsame Wirkungen von Knoblauch. So soll die Knolle etwa Erkältungsviren den Garaus machen, was gerade im Herbst eine willkommene Wirkung ist, oder Parodontitis verhindern. „Allerdings wurde dies überwiegend an Zellkulturen im Labor und in Tierversuchen ermittelt“, erklärt der Experte. Auch wenn vieles darauf hindeutet, dass Knoblauch eine gesundheitsfördernde Wirkung hat: „Man kann nicht sagen, dass der günstige Einfluss etwa auf den Fettstoffwechsel oder auf den Blutkreislauf allein auf Knoblauch zurückzuführen ist“, stellt Smollich klar.
Denn es komme unter dem Strich auf die Ernährung insgesamt an, so der Experte. Entscheidend ist also, was sonst noch gegessen wird. Im Idealfall ist es eine ausgewogene Ernährung im Sinne einer mediterranen Kost, mit viel Obst, Gemüse, Fisch und Nüssen. „Man kann sich nicht schlecht ernähren, zum Beispiel Unmengen Fleisch und Zucker verzehren und glauben, dies könne man nun mit viel Knoblauch einfach ausgleichen“, sagt Smollich.
Täglich frischen Knoblauch zu sich zu nehmen, kann grundsätzlich nicht schaden. Es sollten aber nicht mehr als fünf Gramm pro Tag sein, empfiehlt Ernährungsexpertin Daniela Krehl. Eine höhere Dosis könnte den Magen-Darm-Trakt reizen und unter Umständen zu Sodbrennen führen.
Ob Nahrungsergänzungsmittel mit Knoblauch die gleiche positive Wirkung erzielen wie die frische Knolle, ist noch nicht hinreichend belegt. Generell sollte man aber unbedingt auf Wechselwirkungen von Knoblauchprodukten mit Medikamenten achten, rät Krehl. Möglich sei, dass Knoblauchprodukte gerinnungshemmende Medikamente und blutdrucksenkende Arzneimittel in ihrer Wirkung verstärken und andere Medikamente gegebenenfalls blockieren.
Wer regelmäßig Medikamente einnimmt, sollte den Einsatz von Knoblauchprodukten – egal, ob Nahrungsergänzungsmittel oder ein Arzneimittel auf Knoblauchbasis – immer mit dem Arzt oder der Ärztin besprechen. Knoblauchhaltige Nahrungsergänzungsmittel können bei hohen Dosierungen Probleme bereiten. Beschwerden wie Erbrechen, Übelkeit, Durchfall und Blähungen sind nicht ausgeschlossen. „Um ein Aufstoßen zu vermeiden, sollte man solche Produkte nicht auf nüchternen Magen nehmen“, rät Krehl. Für Kinder sind diese Mittel nach ihren Angaben ungeeignet, weil sie auf die Inhaltsstoffe besonders empfindlich reagierten.
Wer Knoblauch in der Küche frisch verarbeitet, hat ein anderes Problem. Die Frage ist dann meist: was hilft gegen die müffelnden Hände nach dem Zubereiten und gegen den Mundgeruch nach dem Essen? „Nach dem Essen kann es helfen, Petersilie, Salbei, Minze oder einige Kaffeebohnen zu kauen“, sagt Ernährungsmediziner Smollich. Ebenfalls einen Versuch wert, wenn man etwas härtergesotten ist: ein paar Zitronenstücke kauen. „Auch ein Glas Milch nach dem Essen kann den Knoblauchgeruch aus dem Mund vertreiben“, sagt Verbraucherschützerin Krehl. Um den Händen den Geruch zu nehmen, kann man sie zum Beispiel mit Essig und lauwarmem Wasser waschen. Oder in den feuchten Händen etwas Kaffeesatz verreiben und sie danach abwaschen.
Knoblauch lagert der Expertin zufolge wie Zwiebeln „am besten trocken, dunkel und kühl, aber nicht im Kühlschrank“. Einzelne Zehen sollten auch nach längerer Lagerung noch fest sein und dürfen keine weichen Stellen haben. Wenn doch: Bitte wegwerfen! Die Zehe kann verdorben sein.