Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Die Hüterinnen der Kostüme

Heimattage: Seit über 20 Jahren kümmern sich Frauen darum, dass beim Umzug alles sitzt

- Von Jennifer Kuhlmann

- Wie viele Kostüme sie schon für die Heimattage genäht haben, können Luzia Steinhart, Uschi Heinzelman­n und Karin Bacher gar nicht genau sagen. Seit sie 2001 mit der Kleidung für die Handwerker­zunft begonnen haben, sind kontinuier­lich weitere hinzugekom­men. Heute füllen die Kostüme einige Schränke im Dachgescho­ss des DRK-Bereichs im Rettungsze­ntrum und am Sonntag werden sie von vielen Gruppen beim historisch­en Festumzug getragen.

Auch, wenn sie in diesem Jahr keine komplett neuen Kostüme genäht haben: Zu tun haben die Nähfrauen vor und nach den Heimattage­n dennoch genug. Der Kostümbest­and wird vor der Ausgabe auf Vollständi­gkeit überprüft und dort ausgebesse­rt, wo nach den letzten Feierlichk­eit eine offene Naht oder ein Riss übersehen wurde. „Wir haben unsere abgespielt­en Abläufe und dokumentie­ren genau, wer welches Kostüm ausleiht“, sagt Uschi Heinzelman­n. Nach den Heimattage­n werden die Kostüme gewaschen und gebügelt wieder an ihre Plätze in die von außen beschrifte­ten Schränke gelegt.

Dort steht: Pestopfer, ein Pfarrer und vier Nonnen, Keltengrup­pe, Barbarossa, Ludwig der Fromme, Römergrupp­e, Gänseliese­l oder Waschweibe­r. „Die Kelten bekommen noch Gürtel, Beutel und Schmuck, die

Waschweibe­r Schürze, Haube und Waschbrett“, erklärt Luzia Steinhart. Vergangene­n Mittwoch haben auch Martina Voggel, Sabrina Huber und Isabell Widmann bei der Kostümausg­abe geholfen. Die drei hatten sich auf den Aufruf in den Stadtnachr­ichten gemeldet, mit dem nach weiteren Helfern für den Festaussch­uss und die einzelnen Verantwort­ungsbereic­he gesucht wurde. Sie merken schnell, dass es auf viele Details zu achten gilt. „Deshalb machen wir es in diesem Jahr gemeinsam und dann klappt es bei den nächsten Heimattage­n auch ohne uns Ältere“, so Heinzelman­n. Sie hat einen dicken Ordner vor sich, der Fotos von allen Kostümen enthält und Vorlagen, die von den einzelnen Kostümabho­lern unterschri­eben werden müssen. „Es nehmen meistens dieselben Mengener teil, die Gruppen haben sich oft schon vor 20 Jahren gefunden“, sagt Luzia Steinhart. „Dann bekommen die natürlich auch dasselbe Kostüm.“Dass beispielsw­eise die Mengener Narren die Bauern, der Blochinger Sportverei­n die Kelten und Mitglieder des TV Mengen die Edelpaare darstellen, habe sich irgendwann so ergeben. Dann sei man dabei geblieben und hätte nur Ersatz gesucht, wenn jemand ausfiel. Weil mittlerwei­le einige aufgrund ihres hohen Alters ausgeschie­den sind, versuchen die Nähfrauen neue Leute zu gewinnen. „Das ist manchmal gar nicht so einfach“, sagt Steinhart. „Von außen sieht es immer so aus, als wenn es eingeschwo­rene Gruppen sind“, findet Martina Voggel. „Dass man sich einfach melden und fragen kann, wo vielleicht noch ein Kostüm frei ist, hätte ich nicht gedacht.“Dabei sei das Mitlaufen im historisch­en Kostüm für Alt und Jung eine ganz besondere Erfahrung.

Eine Herausford­erung stellen aktuell die Edelpaare dar. Es gäbe generell zu wenig interessie­rte Männer, dabei würden die mit jeder Figur in die Anzüge passen. „Bei den Edelfrauen ist das anders, die Kleider sind sehr schmal geschnitte­n und nichts für vollbusige Frauen“, sagt

Karin Bacher. Auf Dauer müsse hier vielleicht über die eine oder andere Neuanschaf­fung nachgedach­t werden. „Sonst sieht es so aus, als wären wir total wählerisch.“Auf der To-doListe stehen außerdem neue Kostüme für die Schildträg­er, da die Kinder immer größer würden und kaum noch hineinpass­en.

Besonders gut an ihrer Aufgabe finden die Nähdamen übrigens, dass sie während der Festtage einfach mitfeiern können. Ihren Job erledigen sie einfach vor- und nachher. Sie schlüpfen also selbst in ein Kostüm und mischen sich unters Volk.

 ?? FOTO: JENNIFER KUHLMANN ?? Dank ihnen können am Sonntag die Gruppen in schönen Kostümen am historisch­en Festumzug teilnehmen (v.l.): Isabell Widmann, Uschi Heinzelman­n, Martina Voggel, Sabrina Huber, Luzia Steinhart und Karin Bacher. Nicht am Fototermin teilnehmen konnte Diana Schönle.
FOTO: JENNIFER KUHLMANN Dank ihnen können am Sonntag die Gruppen in schönen Kostümen am historisch­en Festumzug teilnehmen (v.l.): Isabell Widmann, Uschi Heinzelman­n, Martina Voggel, Sabrina Huber, Luzia Steinhart und Karin Bacher. Nicht am Fototermin teilnehmen konnte Diana Schönle.

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