Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Die Hüterinnen der Kostüme
Heimattage: Seit über 20 Jahren kümmern sich Frauen darum, dass beim Umzug alles sitzt
- Wie viele Kostüme sie schon für die Heimattage genäht haben, können Luzia Steinhart, Uschi Heinzelmann und Karin Bacher gar nicht genau sagen. Seit sie 2001 mit der Kleidung für die Handwerkerzunft begonnen haben, sind kontinuierlich weitere hinzugekommen. Heute füllen die Kostüme einige Schränke im Dachgeschoss des DRK-Bereichs im Rettungszentrum und am Sonntag werden sie von vielen Gruppen beim historischen Festumzug getragen.
Auch, wenn sie in diesem Jahr keine komplett neuen Kostüme genäht haben: Zu tun haben die Nähfrauen vor und nach den Heimattagen dennoch genug. Der Kostümbestand wird vor der Ausgabe auf Vollständigkeit überprüft und dort ausgebessert, wo nach den letzten Feierlichkeit eine offene Naht oder ein Riss übersehen wurde. „Wir haben unsere abgespielten Abläufe und dokumentieren genau, wer welches Kostüm ausleiht“, sagt Uschi Heinzelmann. Nach den Heimattagen werden die Kostüme gewaschen und gebügelt wieder an ihre Plätze in die von außen beschrifteten Schränke gelegt.
Dort steht: Pestopfer, ein Pfarrer und vier Nonnen, Keltengruppe, Barbarossa, Ludwig der Fromme, Römergruppe, Gänseliesel oder Waschweiber. „Die Kelten bekommen noch Gürtel, Beutel und Schmuck, die
Waschweiber Schürze, Haube und Waschbrett“, erklärt Luzia Steinhart. Vergangenen Mittwoch haben auch Martina Voggel, Sabrina Huber und Isabell Widmann bei der Kostümausgabe geholfen. Die drei hatten sich auf den Aufruf in den Stadtnachrichten gemeldet, mit dem nach weiteren Helfern für den Festausschuss und die einzelnen Verantwortungsbereiche gesucht wurde. Sie merken schnell, dass es auf viele Details zu achten gilt. „Deshalb machen wir es in diesem Jahr gemeinsam und dann klappt es bei den nächsten Heimattagen auch ohne uns Ältere“, so Heinzelmann. Sie hat einen dicken Ordner vor sich, der Fotos von allen Kostümen enthält und Vorlagen, die von den einzelnen Kostümabholern unterschrieben werden müssen. „Es nehmen meistens dieselben Mengener teil, die Gruppen haben sich oft schon vor 20 Jahren gefunden“, sagt Luzia Steinhart. „Dann bekommen die natürlich auch dasselbe Kostüm.“Dass beispielsweise die Mengener Narren die Bauern, der Blochinger Sportverein die Kelten und Mitglieder des TV Mengen die Edelpaare darstellen, habe sich irgendwann so ergeben. Dann sei man dabei geblieben und hätte nur Ersatz gesucht, wenn jemand ausfiel. Weil mittlerweile einige aufgrund ihres hohen Alters ausgeschieden sind, versuchen die Nähfrauen neue Leute zu gewinnen. „Das ist manchmal gar nicht so einfach“, sagt Steinhart. „Von außen sieht es immer so aus, als wenn es eingeschworene Gruppen sind“, findet Martina Voggel. „Dass man sich einfach melden und fragen kann, wo vielleicht noch ein Kostüm frei ist, hätte ich nicht gedacht.“Dabei sei das Mitlaufen im historischen Kostüm für Alt und Jung eine ganz besondere Erfahrung.
Eine Herausforderung stellen aktuell die Edelpaare dar. Es gäbe generell zu wenig interessierte Männer, dabei würden die mit jeder Figur in die Anzüge passen. „Bei den Edelfrauen ist das anders, die Kleider sind sehr schmal geschnitten und nichts für vollbusige Frauen“, sagt
Karin Bacher. Auf Dauer müsse hier vielleicht über die eine oder andere Neuanschaffung nachgedacht werden. „Sonst sieht es so aus, als wären wir total wählerisch.“Auf der To-doListe stehen außerdem neue Kostüme für die Schildträger, da die Kinder immer größer würden und kaum noch hineinpassen.
Besonders gut an ihrer Aufgabe finden die Nähdamen übrigens, dass sie während der Festtage einfach mitfeiern können. Ihren Job erledigen sie einfach vor- und nachher. Sie schlüpfen also selbst in ein Kostüm und mischen sich unters Volk.