Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Der Bürger stellt den Bauantrag papierlos
Die Behörde bietet ihre Leistung digital an – Stichtag ist Ende des Jahres
- Von einigen Kinderkrankheiten abgesehen, geht es mit dem virtuellen Bauamt voran. Bauherren können ihren Bauantrag im Moment noch wahlweise klassisch auf Papier oder digital über ein Internetportal einreichen. Zum Jahreswechsel soll der Papierantrag komplett abgelöst werden. Wie nehmen die Bauherren das Angebot an? Wird die Baugenehmigung künftig schneller erteilt? Wir geben Antworten auf wichtige Fragen.
Wie setzt die Stadt Sigmaringen den digitalen Bauantrag um?
Der Stadtbaumeister Thomas Exler hat vier Musterverfahren ausgewählt, über die das neue Verfahren getestet wird: Zwei private Bauvorhaben und zwei städtische Projekte. Die Erweiterung des Feuerwehrhauses und die Sanierung des Gebäudes 22a auf dem Kasernenareal werden digital abgewickelt. Exler sagt: „Im Moment geht es darum, Kinderkrankheiten abzustellen. Wenn alles funktioniert, lassen wir uns freischalten.“Vorteil: Da die Stadtverwaltung ein Jahr nach dem Baurechtsamt des Landkreises in den Prozess eingestiegen ist, konnte sie bestimmte Abläufe übernehmen.
Wie läuft die Umstellung auf das digitale Bauamt und wo gibt es im Moment noch Probleme?
Im Großen und Ganzen arbeiten die Systeme. Der Teufel steckt, wie so oft bei Systemumstellungen, im Detail. Beispiel: Die Absender eines Bauantrags müssen sich als solche identifizieren. Dies ist über den Online-Personalausweis bei natürlichen Personen oder über ein Elster-Zertifikat (bei Unternehmen) möglich. Aber wie identifiziert sich eine Behörde, wenn – wie beim Sigmaringer Feuerwehrhaus – der Bürgermeister den Bauantrag unterschreiben muss. Stichwort Kommunikation: Sie läuft nicht über E-Mail, sondern über das Portal „Virtuelles Bauamt“. Im Gegenden
satz zur Kommunikation per EMail können die Nachrichten nicht an mehrere Empfänger – Bauherr und Architekt – gleichzeitig versendet werden. Hier erhoffen sich die Verantwortlichen des Landkreises und der Stadt Verbesserungen.
Der Landkreis setzt in der Testphase auf eine Hybridlösung: Der Bauantrag kann entweder digital oder herkömmlich auf Papier gestellt werden. Welche Form bevorzugen die Bauherren?
Wie Nadine Maier vom Baurechtsamt des Landratsamts erklärt, setzen 90 Prozent der Antragsteller im Moment noch auf Papier. Lediglich größere Architekturbüros würden die digitale Variante bevorzugen. Zum Jahreswechsel soll, so der derzeitige Stand, der digitale Bauantrag in Baden-Württemberg zur Pflicht werden. Der Sigmaringer Stadtbaumeister Thomas Exler erwartet jedoch einen weichen Übergang. „Wir werden auch künftig
Wünschen der Bürger entgegenkommen.“Heißt: Bei kleineren Bauvorhaben wie Wintergärten oder Carports sei es verständlich, wenn Skizzen auf Papier vorlägen. Für solche Fällen wolle die Stadt Lösungen anbieten.
Kann komplett auf Papier verzichtet werden?
Das ist zumindest das Ziel. Der Antrag, die Kommunikation bei Rückfragen und die Genehmigung sollen digital erfolgen. Die Kommunikation der Behörden untereinander laufe schon jetzt ausschließlich elektronisch. Ein Problem: Wenn Nachbarn von einem Bauvorhaben betroffen sein können, müssen sie gehört werden. Bislang erfolgte dies per Brief und wird auch weiter so gehandhabt, wenn keine Kommunikation auf digitalem Wege möglich ist. Laut Nadine Maier vom Landratsamt setzt die Behörde, wenn es notwendig sei, auf Papier.
Wird die Baugenehmigung künftig schneller erteilt?
Wenn ein Fall unkompliziert sei, die Unterlagen vorlägen und keine Nachbarn und Behörden zu verständigen seien, könne der rote Punkt innerhalb weniger Tage erteilt werden. Eine gesetzliche Änderung bei der Beteiligung von Nachbarn bereitet dem Sigmaringer Stadtbaumeister allerdings Kopfzerbrechen. Um das Tempo
zu erhöhen, entfällt die generelle Anhörung. Nur bei Betroffenheit werden Nachbarn informiert. Exler beschreibt die Kehrseite der Medaille: „Wir genehmigen, der Bauherr kann beginnen und hinterher wird es spannend.“Für den Bürgerfrieden sei diese Regelung ungut, so der Stadtbaumeister.