Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
80 Prozent unterzeichnen Smartphone-Vereinbarung
Die Göge-Schule in Hohentengen sieht die Internetnutzung von Grundschülern kritisch
- Die Eltern von 38 der 48 Kinder, die nach den Sommerferien in der Göge-Schule in Hohentengen die erste Klasse besuchen werden, haben eine Vereinbarung unterzeichnet, ihrem Kind in der Grundschulzeit kein eigenes Smartphone zu kaufen. Schulleiterin Andrea Wetzel ist mit der Quote von 80 Prozent recht zufrieden. „Es ist ein guter Anfang“, sagt sie. „Wir hoffen, dass die Akzeptanz dieser Vereinbarung im Laufe der Zeit weiter steigt.“
Die Idee zu dieser Selbstverpf lichtung der Eltern kommt von Bürgermeister Peter Rainer. Bei der Schulleiterin ist er damit auf offene Ohren gestoßen. Beide finden: Internetfähige Smartphones gehören nur dann in Kinderhände, wenn dies unter der Aufsicht eines verantwortlichen Erwachsenen passiert, der die verwendeten Apps kennt und einschätzen kann. Die Gefahr sei einfach zu groß, dass die Kinder auf Gewaltund Pornovideos stoßen, sich an lebensgefährlichen Tik-Tok-Challenges beteiligen oder in sozialen Medien zu Mobbingopfern werden. Außerdem bestehe immer das Risiko, dass Kinder internetsüchtig würden und ihre Konzentrationsfähigkeit nachlasse.
An der Grundschule in Hohentengen herrscht schon längst ein Verbot für Handys und Smartwatches, das ist in der Schulordnung so festgelegt. Die Vereinbarung
geht noch einen Schritt weiter und nimmt die Eltern in die Pflicht. Denn der meiste Internetkonsum f indet zuhause statt. „Wir wollen den Druck von den Eltern nehmen“, sagt Wetzel. Oft werde als Begründung für den Kauf eines Smartphones angegeben, dass schon so viele andere eins hätten
und das eigene Kind nicht ausgegrenzt werden soll. Würde in einer Klasse kaum ein Kind ein Smartphone besitzen, entfalle der gefühlte Gruppenzwang.
Bei einer Infoveranstaltung für die Eltern der künftigen Erstklässler haben Bürgermeister Rainer und Andrea Wetzel das Thema
im vergangenen Jahr angesprochen und dabei auch ein paar krasse Beispiele aus dem Buch „Wir verlieren unsere Kinder“von Silke Müller vorgestellt. Bei einer spontanen unverbindlichen Abfrage hätten 90 Prozent der Anwesenden die vorgeschlagene Vereinbarung befürwortet.
Unterschrieben haben jetzt bei der Schulanmeldung nicht ganz so viele. „Es ist für manche vielleicht doch noch eine Hemmschwelle, das Dokument vor sich zu sehen“, überlegt die Schulleiterin. Ihr gegenüber hätte manches Elternteil angegeben, das Projekt zu unterstützen, es aber nicht schriftlich fixieren zu wollen. „Das ist etwas paradox, wird von unserer Seite aber natürlich akzeptiert.“
In einem nächsten Schritt möchte Andrea Wetzel die Vereinbarung jetzt gern auch mit den Eltern der Kinder in den anderen Grundschulklassen schließen. Eine entsprechende Infoveranstaltung hat es bereits gegeben. „Da haben wir dann allerdings die Schwierigkeit, dass einige Kinder bereits Smartphones besitzen und die Eltern schauen müssen, wie sie die Nutzung im Blick haben können.“
Die Lehrkräfte an der GögeSchule werden natürlich auch weiterhin im Unterricht mit den Schülerinnen und Schülern an ihrer Medienkompetenz arbeiten und dazu auch Tablets verwenden.
Was Schulleiterin Wetzel besonders freut, ist, dass bereits mehrere Grundschulen aus ganz Deutschland zu ihr Kontakt aufgenommen haben und sich für die Einführung einer solchen Vereinbarung an ihrer eigenen Schule interessieren. „Das ist natürlich toll, wenn man weitere Mitstreiter gewinnen kann“, sagt sie.