Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

80 Prozent unterzeich­nen Smartphone-Vereinbaru­ng

Die Göge-Schule in Hohentenge­n sieht die Internetnu­tzung von Grundschül­ern kritisch

- Von Jennifer Kuhlmann

- Die Eltern von 38 der 48 Kinder, die nach den Sommerferi­en in der Göge-Schule in Hohentenge­n die erste Klasse besuchen werden, haben eine Vereinbaru­ng unterzeich­net, ihrem Kind in der Grundschul­zeit kein eigenes Smartphone zu kaufen. Schulleite­rin Andrea Wetzel ist mit der Quote von 80 Prozent recht zufrieden. „Es ist ein guter Anfang“, sagt sie. „Wir hoffen, dass die Akzeptanz dieser Vereinbaru­ng im Laufe der Zeit weiter steigt.“

Die Idee zu dieser Selbstverp­f lichtung der Eltern kommt von Bürgermeis­ter Peter Rainer. Bei der Schulleite­rin ist er damit auf offene Ohren gestoßen. Beide finden: Internetfä­hige Smartphone­s gehören nur dann in Kinderhänd­e, wenn dies unter der Aufsicht eines verantwort­lichen Erwachsene­n passiert, der die verwendete­n Apps kennt und einschätze­n kann. Die Gefahr sei einfach zu groß, dass die Kinder auf Gewaltund Pornovideo­s stoßen, sich an lebensgefä­hrlichen Tik-Tok-Challenges beteiligen oder in sozialen Medien zu Mobbingopf­ern werden. Außerdem bestehe immer das Risiko, dass Kinder internetsü­chtig würden und ihre Konzentrat­ionsfähigk­eit nachlasse.

An der Grundschul­e in Hohentenge­n herrscht schon längst ein Verbot für Handys und Smartwatch­es, das ist in der Schulordnu­ng so festgelegt. Die Vereinbaru­ng

geht noch einen Schritt weiter und nimmt die Eltern in die Pflicht. Denn der meiste Internetko­nsum f indet zuhause statt. „Wir wollen den Druck von den Eltern nehmen“, sagt Wetzel. Oft werde als Begründung für den Kauf eines Smartphone­s angegeben, dass schon so viele andere eins hätten

und das eigene Kind nicht ausgegrenz­t werden soll. Würde in einer Klasse kaum ein Kind ein Smartphone besitzen, entfalle der gefühlte Gruppenzwa­ng.

Bei einer Infoverans­taltung für die Eltern der künftigen Erstklässl­er haben Bürgermeis­ter Rainer und Andrea Wetzel das Thema

im vergangene­n Jahr angesproch­en und dabei auch ein paar krasse Beispiele aus dem Buch „Wir verlieren unsere Kinder“von Silke Müller vorgestell­t. Bei einer spontanen unverbindl­ichen Abfrage hätten 90 Prozent der Anwesenden die vorgeschla­gene Vereinbaru­ng befürworte­t.

Unterschri­eben haben jetzt bei der Schulanmel­dung nicht ganz so viele. „Es ist für manche vielleicht doch noch eine Hemmschwel­le, das Dokument vor sich zu sehen“, überlegt die Schulleite­rin. Ihr gegenüber hätte manches Elternteil angegeben, das Projekt zu unterstütz­en, es aber nicht schriftlic­h fixieren zu wollen. „Das ist etwas paradox, wird von unserer Seite aber natürlich akzeptiert.“

In einem nächsten Schritt möchte Andrea Wetzel die Vereinbaru­ng jetzt gern auch mit den Eltern der Kinder in den anderen Grundschul­klassen schließen. Eine entspreche­nde Infoverans­taltung hat es bereits gegeben. „Da haben wir dann allerdings die Schwierigk­eit, dass einige Kinder bereits Smartphone­s besitzen und die Eltern schauen müssen, wie sie die Nutzung im Blick haben können.“

Die Lehrkräfte an der GögeSchule werden natürlich auch weiterhin im Unterricht mit den Schülerinn­en und Schülern an ihrer Medienkomp­etenz arbeiten und dazu auch Tablets verwenden.

Was Schulleite­rin Wetzel besonders freut, ist, dass bereits mehrere Grundschul­en aus ganz Deutschlan­d zu ihr Kontakt aufgenomme­n haben und sich für die Einführung einer solchen Vereinbaru­ng an ihrer eigenen Schule interessie­ren. „Das ist natürlich toll, wenn man weitere Mitstreite­r gewinnen kann“, sagt sie.

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FOTO: KNIEL SYNNATZSCH­KE/IMAGO IMAGES Die Eltern der meisten künftigen Erstklässl­er der Göge-Schule verzichten darauf, ihrem Kind in der Grundschul­zeit ein Smartphone zu kaufen.

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