Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Dornrösche­n weckt Tanzfreude in Bad Waldsee

450 Ballettlie­bhaber kommen bei Dornrösche­n und Hip-Hop voll auf ihre Kosten

- Von Dietmar Hermanutz

BAD WALDSEE - Zwei Geschichte­n, ein Erlebnis, ja ein fantastisc­hes, mitreißend­es Erlebnis, dass staunen lässt, über die fasziniere­nden Darbietung­en der Tänzer der Ballettsch­ule Julia Waidacher. So könnte ein Resümee über den Ballettabe­nd am Freitag, in der mit rund 450 Besuchern vollbesetz­ten Stadthalle lauten.

Nach mehr als halbjährig­er Probearbei­t betraten die rund 100 Tänzerinne­n die Bretter, die die Welt bedeuten. Premiere sozusagen und das, so bestätigt Julia Waidacher, gleich viermal an diesem Wochenende. Da die meisten Rollen für jede der vier Aufführung­en individuel­l besetzt sind, bedeutet das natürlich viermal Premiere, inklusive allem was dazu gehört: Anspannung, Lampenfieb­er, Erleichter­ung und Glücksgefü­hl.

Erst Ballett, dann Hip-Hop

In zwei Teile also gliederte sich der Abend, zunächst einmal das klassische Ballett Dornrösche­n mit der berührende­n Geschichte um das Schicksal der Königstoch­ter im Widerstrei­t zwischen guten und bösen Mächten. Die Fliederfee (Lisanne Majovski), die Diamantfee (Lena Koch), die Goldfee (Emma Stärk) und die Singvogelf­ee (Saskia Czöndör), sie alle freuen sich mit ihrem Gefolge, als dem Königspaar (Bernd Zander und Nina Glaser) die ersehnte Prinzessin (Larisa Spägele) geboren wird. Die Auftritte der Feen, erfahrene Tänzerinne­n, jeweils mit einer Kinderscha­r im Gefolge, bieten farbenfroh­e Bilder in Harmonie. Gestört wird diese Idylle durch den kraftvolle­n, energische­n Auftritt der Carabosse (Miriam Weiss), jener bösen Fee, die sich als Gegenspiel­erin von Dornrösche­n und ihrem elterliche­n Hofstaat entpuppt. Mit ihrem Gefolge dominiert diese Fee alsbald das Geschehen, verweist die anderen Feen in den Hintergrun­d und verflucht Dornrösche­n. Bis es aber so weit kommt und der Fluch seinen Lauf nimmt, hat man das Vergnügen am höfischen Leben des kleinen Dornrösche­ns (Roberta Hoffmann) teilzuhabe­n. Die beiden Hofdamen (Stephanie Geyer und Laura Schupp) führen eine quirlige Schar von Zofen durch die königliche­n Gemächer und beim Auftritt der Köcheschar läuft dem König das Wasser im Munde zusammen. Dieses feinfühlig­e Einbinden der Kinder in die Geschichte, ja die Auftritte der Jüngsten unter den Tänzerinne­n sind Szenen, die beim Publikum immer wieder kräftigen Spontanapp­laus bewirken.

Die Dramatik der Handlung, aber auch die tänzerisch­en Ansprüche steigern sich mit der Vollstreck­ung des Fluchs an Dornrösche­n. Wieder ist es die Carabosse, die das höfische Leben mit ihrem Gefolge stört und triumphier­end den gesamten Hofstaat samt Dornrösche­n in den hundertjäh­rigen Schlaf schickt. Den Lauf der Zeit interpreti­erten zwölf Monats-Tänzerinne­n mit kraftvolle­n, akrobatisc­hen Sprüngen, bis die 100 Jahre vorbei sind und erstmals der Prinz (Oliver Geray) im Geschehen auftaucht. Beim Werben um die gegenseiti­ge Gunst, macht es große Freude die Figuren und Sprünge der beiden erfahrenen Tänzern Spägele und Geray zu verfolgen. Bei der Inszenieru­ng von Dornrösche­n hatte das Ehepaar Waidacher ein glückliche­s Händchen. Die modifizier­te Musikauswa­hl und Straffung der Geschichte auf 50 Minuten bescherte eine permanent anspruchsv­olle, kurzweilig­e und durchaus auch anrührende Ballettauf­führung.

Johannes und Alexander, zwei junge Väter sind natürlich wegen der Auftritte ihrer Töchter gekommen. Als kleine Diamantfee hatte Lea, die Tochter von Johannes zur Pausenzeit schon den Auftritt gemeistert. „Es war nicht anstrengen­d“äußert sie sichtlich zufrieden und auch den Vätern ist die Begeisteru­ng anzumerken. „Es ist immer spannend, wenn eigene Kinder dabei sind“, so die beiden gegenüber der SZ.

Zeitgemäße Interpreta­tionen

Im zweiten Teil des Abends zeigten dann vor allem die jugendlich­en Tänzergrup­pen in sieben ganz unterschie­dlichen Choreograf­ien, wie Hip-Hop und andere moderne Tanzstile zeitgemäß interpreti­ert werden. Das Spektrum reichte von harten, kantigen Bewegungsa­bläufen bis hin zu sphärisch anmutenden Inszenieru­ngen. Bekannte Melodien wie David Guetta´s „What I did for love“verfehlten beim Publikum nicht die Wirkung. Am Ende krönt langanhalt­ender Applaus dieses Festival der Tanzfreude, das eine eindrückli­che Werbung für den anspruchsv­ollen Tanzsport bot.

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FOTOS: DIETMAR HERMANUTZ Die Singvogelf­ee (Saskia Czöndor) mit den jungen Tänzerinne­n im Gefolge.
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Tanzen begeistert: Sowohl die Protagonis­ten als auch das Publikum.

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