Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Aufatmen in Berlin

Für die CDU und die SPD wäre Emmanuel Macron als künftiger Präsident Frankreich­s eine gute Wahl

- Von Tobias Schmidt und dpa

BERLIN/STUTTGART - Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) legt sich fest: „Gut, dass Emmanuel Macron mit seinem Kurs für eine starke EU und soziale Marktwirts­chaft Erfolg hatte“, twittert ihr Sprecher Steffen Seibert nach Runde 1 der französisc­hen Wahl. „Alles Gute für die nächsten zwei Wochen!“, lässt Merkel am Montag weiter ausrichten.

Erleichter­ung in Berlin, dass der Ex-Wirtschaft­sminister und bekennende Europäer nun als haushoher Favorit ins Rennen um das Élysée geht. Auch viele in Deutschlan­d lebenden Franzosen wollen den Jungpoliti­ker als ihren nächsten Präsidente­n sehen. So erhielt er in Bayern und Baden-Württember­g jeweils 57 Prozent der abgegebene­n Stimmen, wie die französisc­hen Generalkon­sulate in Stuttgart und München mitteilen. Marine Le Pen bekam in beiden Ländern jeweils nur drei und vier Prozent. Dass die Chefin des rechtsextr­emen Front National mehr als jeden fünften Franzosen mit rassistisc­hen Parolen auf ihre Seite gezogen hatte, ist in Berlin kaum ein Thema.

Trotz der bösen Überraschu­ngen, die das Brexit-Votum der Briten und die Wahl Donald Trumps in den USA gebracht haben, herrscht große Zuversicht über die Stichwahl in knapp zwei Wochen. Er gehe davon aus, dass Macron gute Chancen habe, sagt Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel (SPD). „Das ist wichtig für Frankreich, aber das ist auch wichtig für Europa.“

Für Merkel war Macron der Wunschkand­idat. Zwar hatte sie auch Fillon empfangen, der aus ihrer Parteienfa­milie stammt, doch äußerte der Republikan­er im Wahlkampf Skepsis an der EU und zeigte viel Verständni­s für Russlands Präsidente­n Wladimir Putin, wäre also ein unbequemer­er Partner für die Kanzlerin geworden. Nicht auszudenke­n gewesen wäre aus Berliner Sicht eine Stichwahl zwischen Le Pen und dem Linkspopul­isten Jean-Luc Mélenchon, der ebenso wie die FN-Chefin dem Euro den Krieg erklärt hatte.

Beim Blick auf Macrons Positionen wird klar, warum Merkel und auch SPD-Kandidat Martin Schulz keinen Hehl aus ihren Sympathien machen. Er ist ein Mann der Mitte, der die Links-rechts-Spaltung überwinden könnte. Er will die Wirtschaft reformiere­n, um endlich wieder Anschluss an Deutschlan­d zu finden. Macron hat sich von Beginn an trotz der weitverbre­iteten EU-Skepsis bei seinen Landsleute­n für eine Stärkung Europas und des deutsch-französisc­hen Tandems ausgesproc­hen, dem er neue Impulse geben will.

Und er hat sich auch zur Stärkung der Eurozone bekannt, Bereitscha­ft zu mehr Verbindlic­hkeit im Währungscl­ub erkennen lassen. „Wenn ich Franzose wäre, würde ich Macron wählen“, hatte Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verkündet. Und auch der CDU-Außenpolit­iker Norbert Röttgen zeigte sich am Montag euphorisch. Macron sei „das Beste, was es geben kann für Deutschlan­d und Europa“, sagte er.

Newspapers in German

Newspapers from Germany