Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Ran an die Promibacke

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Früher war ja alles besser. Und das können wir beweisen. Früher, also, wenn man mal einen Prominente­n traf, holte man sich ein Autogramm. Man pirschte sich beispielsw­eise zu Zeiten, in denen der VfB Stuttgart seine Meistersch­aften noch in der Ersten und nicht in der Zweiten Liga zu gewinnen pflegte, ehrfürchti­g an die Spieler heran, hielt ihnen stumm vielleicht einen Wimpel hin und ließ sie ihre Namen draufschre­iben. Anschließe­nd bedankte man sich. Zu Hause konnte man dann stundenlan­g sinnieren, ob der krakelige Haken nun „Wiggerl Kögl“bedeutete oder „Slobodan Dubajic“. Jedenfalls war damit dokumentie­rt, dass man einen Star getroffen, für einen Moment denselben Quadratmet­er Boden geteilt, denselben Kubikmeter Luft geatmet hatte.

Heute dagegen, wenn man einen Prominente­n trifft, macht man ein Selfie mit ihm. Dazu stürmt man unter Gekreische – „Oh, mein Gott!“etwa – zum Beispiel auf das jeweils amtende Germany´s Next Topmodel zu, zieht es nah an sich heran, versucht die eigene so nah wie irgendmach­bar an die Modelbacke zu schmiegen und macht dann mit dem Handy selbst ein Foto. Dann sagt man: „Nix geworden. Nochmal.“Das ist oft selbst dem langmütigs­ten Promi derart zu viel, dass er sich dem Selfie-Fotografen entwindet. Dem bleibt dann nur, dem Promi nachzuschl­eichen und ihn aus der Hüfte abzulichte­n. So entstehen die Motive „Model kauft Klopapier“, „Nationalsp­ieler tankt Biodiesel“oder „Schauspiel­er am Milchregal“. Das nennt sich Leserfoto und man kriegt dafür mancherort­s bis zu 250 Euro.

Was zu beweisen war.

 ?? FOTO: AFP ?? Nicht schlecht geselfiet, nur der Herr links müsste noch näher an den Promi – der in der Mitte – ranschmuse­n.
FOTO: AFP Nicht schlecht geselfiet, nur der Herr links müsste noch näher an den Promi – der in der Mitte – ranschmuse­n.

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