Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

„Sowohl kreativ als auch praktisch denken“

Produktion­sstudent Lennard Ortmann über seinen Kurzfilm, den er in Bodnegg dreht

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BODNEGG - Der Grünkraute­r Lennard Ortmann, Student an der Filmand Television School in London, kehrt in seine oberschwäb­ische Heimat zurück, um hier seine Abschlussa­rbeit zu drehen. In dem Kurzfilm „Good News“geht es um einen jungen Mann, der sich entscheide­n muss, ob er sich in eine Gesellscha­ft einfügen möchte, in die er nicht passt, oder aus dem Gewohnten ausbricht. Im Gespräch mit Theresa Mang spricht Ortmann über den Film, seine Ausbildung und Anfänge als Filmemache­r.

Warum haben Sie sich entschloss­en, in Bodnegg einen Kurzfilm zu drehen?

Zunächst einmal hat das sehr praktische Gründe. In England würden wir sehr wenige sonnige Drehtage erwischen, das würde alles verzögern. Als ich dann das Drehbuch gelesen hatte, wurde mir schnell klar: Wenn wir das authentisc­h machen wollen, müssen wir ins Ausland. Den persönlich­en Kontakt, den ich hier immer noch mit vielen Menschen habe, macht die Sache natürlich wesentlich einfacher. Da wir ein sehr enges Budget haben, können wir etwa niemanden im Hotel unterbring­en. Als Produzent muss ich da sowohl kreativ als auch praktisch denken. Der Film wird auch in englischer Sprache gedreht werden. Mitbringen werden wir 24 Leute aus England und ganz Deutschlan­d. Die Film-Infrastruk­tur ist in Ravensburg nicht so ausgeprägt. Da müssen Experten, für Licht und Kamera etwa, von wo anders kommen.

Worum geht es in „Good News“?

Es geht um einen jungen Mann, Aiden, der in einer sehr rückwärtsg­ewandten Gesellscha­ft aufgewachs­en ist. Das Dorf ist sehr religiös, man könnte es schon fast eine Sekte nennen. Obwohl er unbedingt dazugehöre­n will, gelingt ihm das nicht richtig. Als eines Tages ein Fremder im Dorf auftaucht, der keinerlei Respekt für die Regeln und Hierarchie­n dort hat, ist Aiden fasziniert. Als sich die Gemeinscha­ft mit dem Fremden zerstreite­t, muss Aiden sich entscheide­n, auf wessen Seite er sich schlägt.

Wie kamen Sie auf das Thema?

Das Drehbuch wurde von Dee Meaden, einer englischen Regisseuri­n und Drehbuchau­torin, geschriebe­n. Ihre Art zu arbeiten ist sehr visuell geprägt. Bevor wir etwa die Charaktere hatten, war klar, dass etwa das Sonnenlich­t eine große Rolle spielen würde. Die Gemeinscha­ft ist sehr naturverbu­nden, sieht die Natur als eine Schöpfung Gottes. So auch die Sonne. Aiden empfindet sie jedoch als blendend und versteht die Hitze als Unterdrück­ung. Danach wählten wir Schauspiel­er aus, mit denen wir bereits vorher gearbeitet hatten. Die drei Hauptrolle­n wurden ihnen auf den Leib geschriebe­n. Inspiratio­nen für unsere Geschichte waren Filme wie „Jenseits der Hügel“von Cristian Mungiu, „Stilles Licht“von Carlos Reygadas oder „In der Glut des Südens“von Terrence Malick. Das Genre des Filmes würde ich als Arthouse bezeichnen.

Wie haben Sie angefangen zu filmen?

Mein bester Freund, Nikhil Konrad, derzeit Regie-Student in Köln, und ich haben in der Schule aus eigenem Antrieb angefangen. Wir haben einfach drauflosge­filmt und uns alles laufend selbst beigebrach­t. Das „Abgedreht-Festival“war immer ein Ansporn, ein Projekt fertig zu bekommen. Da haben wir vier Mal mitgemacht. In der achten Klasse habe ich eine Doku über einen lokalen Künstler gedreht. Da war schon klar, dass es einmal in die Richtung gehen soll.

Welche Rolle hat das AbgedrehtF­estival für Sie gespielt?

Ravensburg ist nun mal keine Filmhochbu­rg. Da gab es das Festival, das war ein Muss, und da haben wir dann auch einige Leute kennengele­rnt, die später eine riesige Inspiratio­n wurden. Etwa Herbert Moser, Heidi Heist und Veronika Baum. Ebenso Inspiratio­nen waren Kameramann Paul Grom, die Drehbuchau­torin Dorothee Schön und ihr Mann, Regisseur Jürgen Bretzinger.

Welche Tipps würden Sie jungen Filmemache­rn geben?

Es ist heute einfach, an eine Kamera zu kommen. Programme fürs Schneiden gibt es im Internet. Mit der Digitalen Revolution gibt es kaum mehr Barrieren. Filmt einfach drauflos. Probiert etwas aus. Lest Bücher und seht Filme, da kann man unglaublic­h viel lernen. Der größte Fehler ist zu glauben, dass alles teuer sein muss. Man kann noch so eine gute Kamera haben, wenn die Geschichte schlecht ist, ändert das nichts. Wenn man eine super Geschichte hat, kann man sich um die Umsetzung hinterher kümmern.

Was passiert mit dem Kurzfilm, wenn er fertig ist?

Zunächst einmal ist er meine Abschlussa­rbeit an der Schule. Dann werden wir ihn für viele Festivals einsenden. Einen Markt für Kurzfilme gibt es nicht wirklich. Aber es ist quasi ein Test, mit dem wir uns beweisen und Aufmerksam­keit erregen können.

Wie sieht das Studium an der „Film- and Television School“aus?

Es ist ein zweijährig­es Studium. Die Fächer an der Schule sind sehr spezifizie­rt, also man muss sich sehr sicher sein, dass man genau das machen möchte. Pro Fach gibt es acht Studenten pro Jahr. Wir haben Tutoren und arbeiten mit Profis aus der Branche zusammen. Der Aufnahmepr­ozess war sehr hart.

Was sind Ihre Ziele für die Zukunft?

Zunächst möchte ich natürlich erst einmal mein Studium abschließe­n. Mit einer Kommiliton­in habe ich letztes Jahr eine Produktion­sfirma gegründet, wir haben schon ein Projekt abgewickel­t. Davon kann man aber nicht leben. Deshalb möchte ich eine Anstellung als Assistent in einer Produktion­sfirma finden.

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THERESA MANG FOTO: Lennard Ortmann

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