Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Bürger müssen mehr Wege selbst räumen
Um den Haushalt zu entlasten, streicht die Stadt Weingarten einige Winterdienste
WEINGARTEN - „Das steht in keinem Verhältnis“, sagte Heike Betz von den Freien Wählern Weingarten (FWW) in der jüngsten Gemeinderatssitzung in Weingarten. „Die 10 000 Euro Einsparung und den Ärger, den sie damit bekommen.“Gemeint war eine Beschlussvorlage, durch welche Kosten für die Räumung einiger Fahrrad- und Gehwege eingespart werden soll. Doch stand Heike Betz mit ihrer Meinung weitestgehend alleine da. Daher müssen einige Weingartener Bürger im Winter nun die Geh- und Radwege vor ihrer Tür selbst Räumen und Streuen.
Konkret geht es dabei um Gehwege mit der Bezeichnung „Radfahrer frei“und „gemeinsame Geh- und Radwege“. Anlieger müssen diese in Zukunft in Eigenregie von Schnee und Eis freihalten. Die Stadtverwaltung rechnet mit Einsparungen von 8800 Euro pro Jahr. Wieder ein kleiner Beitrag zur Haushaltskonsolidierung, die derzeit von der Stadtverwaltung aufgrund der Auflagen des Regierungspräsidiums Tübingen vollzogen wird.
Dass es mit dieser Entscheidung Ärger geben könnte, ist der Stadtverwaltung durchaus bewusst. Paul Schorrer, Leiter des Baubetriebshofes, der für das Räumen und Streuen der Straßen im Winter zuständig ist, gab Heike Betz Recht. „Wir bekommen jetzt schon unzählige Anrufe. Der Ärger wird groß werden“, sagte er. Dennoch forderte Bürgermeister Alexander Geiger von den Stadträten die Zustimmung zur Sitzungsvorlage. Jeder wisse, dass man bei der Haushaltskonsolidierung längst in einem Bereich sei, der weh tue. „Wenn man spart, muss man auch hier konsequent sein. Wohlwissend, dass die Entscheidung für Ärger sorgt“, sagte Geiger.
Straßen werden nicht geräumt
Um weitere 10 800 Euro jährlich zu sparen, werden künftig auch Straßen der sogenannten Kategorie 4, nicht mehr geräumt. Kategorie-4-Straßen sind Straßen, die als nicht gefährlich und nicht wichtig eingestuft werden. Dennoch äußerte Dietmar Straub (CDU) seine Bedenken. „Mir geht es nicht um den Ärger, sondern die Sicherheit“, sagte er. „Die Menschen werden gebrechlicher. Tür und Tor werden für Unfälle geöffnet. Hier sollten wir einen Punkt machen.“Doch letztlich ging der Beschlussvorschlag mit wenigen Gegenstimmen und Enthaltungen durch.
Straßen, Radwege und Gehwege, die als gefährlich und wichtig eingestuft werden, gehören zur Kategorie 1 und müssen immer geräumt werden. Das übernimmt allerdings weiterhin der Baubetriebshof der Stadt Weingarten. Straßen der Kategorie 2 (gefährlich) und Kategorie 3 (wichtig) müssen nicht zwangsläufig geräumt werden. Auch das kostet die Stadt jährlich insgesamt rund 30 000 Euro. Allerdings will die Stadtverwaltung diese freiwillige Leistung weiterhin beibehalten.
Ewald sieht mehr Gerechtigkeit
Durch die Übertragung der Räumund Streupflicht schaffe man für die Bürger in Weingarten sogar ein stückweit mehr Gerechtigkeit, meinte Oberbürgermeister Markus Ewald. Ihm war es auch wichtig zu betonen, dass keine „richtigen“Radwege und Schulwege von den Maßnahmen betroffen sind.