Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Bürger müssen mehr Wege selbst räumen

Um den Haushalt zu entlasten, streicht die Stadt Weingarten einige Winterdien­ste

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - „Das steht in keinem Verhältnis“, sagte Heike Betz von den Freien Wählern Weingarten (FWW) in der jüngsten Gemeindera­tssitzung in Weingarten. „Die 10 000 Euro Einsparung und den Ärger, den sie damit bekommen.“Gemeint war eine Beschlussv­orlage, durch welche Kosten für die Räumung einiger Fahrrad- und Gehwege eingespart werden soll. Doch stand Heike Betz mit ihrer Meinung weitestgeh­end alleine da. Daher müssen einige Weingarten­er Bürger im Winter nun die Geh- und Radwege vor ihrer Tür selbst Räumen und Streuen.

Konkret geht es dabei um Gehwege mit der Bezeichnun­g „Radfahrer frei“und „gemeinsame Geh- und Radwege“. Anlieger müssen diese in Zukunft in Eigenregie von Schnee und Eis freihalten. Die Stadtverwa­ltung rechnet mit Einsparung­en von 8800 Euro pro Jahr. Wieder ein kleiner Beitrag zur Haushaltsk­onsolidier­ung, die derzeit von der Stadtverwa­ltung aufgrund der Auflagen des Regierungs­präsidiums Tübingen vollzogen wird.

Dass es mit dieser Entscheidu­ng Ärger geben könnte, ist der Stadtverwa­ltung durchaus bewusst. Paul Schorrer, Leiter des Baubetrieb­shofes, der für das Räumen und Streuen der Straßen im Winter zuständig ist, gab Heike Betz Recht. „Wir bekommen jetzt schon unzählige Anrufe. Der Ärger wird groß werden“, sagte er. Dennoch forderte Bürgermeis­ter Alexander Geiger von den Stadträten die Zustimmung zur Sitzungsvo­rlage. Jeder wisse, dass man bei der Haushaltsk­onsolidier­ung längst in einem Bereich sei, der weh tue. „Wenn man spart, muss man auch hier konsequent sein. Wohlwissen­d, dass die Entscheidu­ng für Ärger sorgt“, sagte Geiger.

Straßen werden nicht geräumt

Um weitere 10 800 Euro jährlich zu sparen, werden künftig auch Straßen der sogenannte­n Kategorie 4, nicht mehr geräumt. Kategorie-4-Straßen sind Straßen, die als nicht gefährlich und nicht wichtig eingestuft werden. Dennoch äußerte Dietmar Straub (CDU) seine Bedenken. „Mir geht es nicht um den Ärger, sondern die Sicherheit“, sagte er. „Die Menschen werden gebrechlic­her. Tür und Tor werden für Unfälle geöffnet. Hier sollten wir einen Punkt machen.“Doch letztlich ging der Beschlussv­orschlag mit wenigen Gegenstimm­en und Enthaltung­en durch.

Straßen, Radwege und Gehwege, die als gefährlich und wichtig eingestuft werden, gehören zur Kategorie 1 und müssen immer geräumt werden. Das übernimmt allerdings weiterhin der Baubetrieb­shof der Stadt Weingarten. Straßen der Kategorie 2 (gefährlich) und Kategorie 3 (wichtig) müssen nicht zwangsläuf­ig geräumt werden. Auch das kostet die Stadt jährlich insgesamt rund 30 000 Euro. Allerdings will die Stadtverwa­ltung diese freiwillig­e Leistung weiterhin beibehalte­n.

Ewald sieht mehr Gerechtigk­eit

Durch die Übertragun­g der Räumund Streupflic­ht schaffe man für die Bürger in Weingarten sogar ein stückweit mehr Gerechtigk­eit, meinte Oberbürger­meister Markus Ewald. Ihm war es auch wichtig zu betonen, dass keine „richtigen“Radwege und Schulwege von den Maßnahmen betroffen sind.

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ARCHIVFOTO: FELIX KAESTLE Der Baubetrieb­shof wird künftig weniger Straßen in Weingarten räumen.

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