Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
„Tafelesch“kommt ohne Ökopunkte aus
Im Aulendorfer Stadtrat wird Kritik an neuer Rechtslage laut – Stadt spart sich den Ausgleich und 80 000 Euro
ZOLLENREUTE - „Wir nutzen die Möglichkeiten, die der Gesetzgeber uns gibt – nicht mehr und nicht weniger.“So hat Bürgermeister Matthias Burth jüngst das Vorgehen der Stadt in Bezug auf das in Zollenreute geplante Neubaugebiet „Tafelesch“verteidigt. Hintergrund ist, dass die Stadt das Bebauungsplanverfahren ändert, deshalb keine Ökopunkte zahlen muss und damit knapp 80 000 Euro einspart. Im Gemeinderat stieß das Vorgehen allerdings nicht nur auf Zustimmung – auch wenn die Mehrheit letztlich zustimmte.
Stein des Anstoßes ist der Paragraf 13b des Baugesetzbuchs. Den nämlich hat der Gesetzgeber neu eingeführt, er soll seit dem Frühjahr erleichtern, im Außenbereich schnell Bauland zu schaffen. Ein beschleunigtes Verfahren, um einen Bebauungsplan aufzustellen, ist damit auch für Gelände möglich, das am Ortsrand an die bebaute Fläche anschließt. Aus Reihen des Umweltund Naturschutzes gab es im Vorfeld der Novellierung Kritik. Der NabuBundesverband etwa kritisierte in einer Stellungsname, der Paragraf konterkariere das grundsätzliche Ziel des Vorrangs der Innenentwicklung und die Pflicht, sparsam mit Grund und Boden umzugehen. Und ein weiterer Aspekt störte die Umweltschützer. Denn mit dem neuen Paragrafen ist es möglich, auf Ausgleichsflächen zu verzichten, wenn landwirtschaftliche oder naturbelassene Räume in Wohnbauland umgewandelt werden. Im Fall des geplanten Baugebiets „Tafelesch“hatte die Stadt vorgesehen, den naturschutzrechtlichen Ausgleich über Ökopunkte zu erbringen. 77 583 solcher über Naturschutzmaßnahmen entstandenen Punkte wären dafür fällig gewesen. Noch im vergangenen Jahr hatte der Gemeinderat beschlossen, den Bebauungsplan „Tafelesch“samt örtlichen Bauvorschriften aufzustellen, und die Stadt war ins Verfahren gestartet. Da sich der zwischenzeitlich geänderte Paragraf 13b auf das Gelände am Zollenreuter Ortsrand anwenden lässt, schlug die Stadtverwaltung vor, diesen auch zu nutzen, das bisherige Bebauungsplanverfahren zu stoppen und den Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren auf die Beine zu stellen.
Hochwasser auf dem Acker
„Schade, dass man den Naturschutz da jetzt raushält“, übte BUS-Rätin Karin Halder grundsätzliche Kritik an der Gesetzesänderung und dem weggefallenen Ausgleich. Da müsse man sich nicht wundern, dass das Wasser nirgendwo mehr hinkönne, schob sie nach als Replik auf die Anmerkung von Stadtrat und Zollenreutes Ortsvorsteher Bernhard Allgayer. Der hatte von Hochwasser auf dem Acker, der zu Bauland werden soll, und einer Überflutung der nahe gelegenen Imterstraße berichtet. „Das muss durch das Baugebiet besser werden“, drängte er.
„Ich sehe keine Notwendigkeit, zu switchen“, befand SPD-Stadtrat Pascal Friedrich zum Vorschlag der Verfahrensänderung, auch wenn es verständlich sei, dass die Stadt die Ökopunkte einsparen wolle. Dass mit der Novellierung eine solche Außenentwicklung gleich privilegiert werde, wie Innenflächen, die schon einmal versiegelt gewesen seien, kritisierte Friedrich deutlich. „Das muss man nicht verstehen, das entspricht der bisherigen Erziehung.“Bürgermeister Burth verwies darauf, dass der neue Paragraf es Kommunen, die beim Wohnbedarf hinterherhinken würden, helfe. Mit dem neuen Verfahren versuche die Stadt, die Erschließungskosten niedrig zu halten und 80 000 Euro einzusparen.
Am grundsätzlichen Zeitplan ändert die beschlossene Verfahrensänderung indes nichts. Mit der Erschließung soll im Frühjahr 2018 begonnen werden. Dann sollen am Ortsrand von Zollenreute 24 neue Bauplätze entstehen. Eine zwischenzeitlich im Raum gestandene Fernwärmeversorgung durch einen ortsnahen Biogasbetreiber ist indes vom Tisch. Das Energieteam, so heißt es in der Sitzungsvorlage, habe empfohlen, keine Fernwärmeversorgung vorzusehen. Der Anschluss wäre ob des geringen Energiebedarfs heutiger Wohnhäuser zu teuer.