Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Das WM-Debüt rückt näher
Anna-Alice Kesenheimer aus Fronreute startet bei der Weltmeisterschaft der Islandpferde in den Niederlanden – Vidalin muss täglich aufs Laufband
FRONHOFEN - Eigentlich hat AnnaAlice Kesenheimer mit ihrer Familie in der kommenden Woche in den Niederlanden Urlaub geplant. Dazu wollte sich die Familie aus Fronreute die Weltmeisterschaft der Islandpferde anschauen. Doch dieser Plan musste geändert werden – denn Anna-Alice Kesenheimer hat sich überraschend für die WM der Junioren qualifiziert.
Mit ihrem Vater und ihren drei Schwestern macht sich die 19-Jährige auf den Weg in die Niederlande – in Oirschot in der Nähe von Eindhoven findet die Islandpferde-Weltmeisterschaft statt. Mutter Elke Kesenheimer bleibt derweil noch ein paar Tage auf dem heimischen Hof in Fronreute-Möllenbronn und kümmert sich um die Kinder, die gerade zur Ferienfreizeit auf dem Islandpferdehof sind. „Vielleicht ist es auch besser, wenn ich die erste Prüfung von Anna nur im Livestream anschauen kann“, sagt Elke Kesenheimer schmunzelnd. „Ich bin vor Ort immer so aufgeregt.“
Aufgeregt ist auch Anna-Alice Kesenheimer. „Die Teilnahme an der WM ist mein bisher größter Erfolg. Das war schon eine coole Nummer.“2014 wurde sie zweifache Deutsche Meisterin in der Jugend, bei den Deutschen Meisterschaften der Erwachsenen kam sie unter die Top zehn. „Für die WM will ich mir keinen Druck machen“, sagt die 19-Jährige. „Wir wollen das Beste geben und versuchen, Deutschland so gut es geht zu repräsentieren.“Wir – das sind Anna-Alice Kesenheimer und ihr Islandpferd Vidalin. Der 13-Jährige wurde in Island geboren und hat seine Stärken im Pass.
Bei der WM gibt es die Passprüfung, bei der auch auf den Ausdruck des Pferdes und der Reiterin geachtet wird, die Passrennen – mehrere Läufe über je 300 Meter gegen die Konkurrenten – und den Speedpass über 100 Meter. Dabei kommen die gleichseitigen Beine immer gleichzeitig auf den Boden und es müssen kurzzeitig alle vier Beine in der Luft sein. „Da liegen unsere Stärken“, meint Kesenheimer. „Vidalin ist schnell und hat Ausdruck.“Dem Tölt, einer weiteren Gangart der Islandpferde, widmen Reiterin und Pferd nicht so viel Aufmerksamkeit. Um für die Turniere – rund acht bis neun pro Jahr – fit zu sein, sitzt AnnaAlice Kesenheimer täglich im Sattel. Zudem muss Vidalin einmal pro Tag für rund 25 Minuten aufs Laufband. „Sein Konditionstraining“, sagt Kesenheimer lachend.
Strenge Vorschriften bei der WM
Der Islandpferdehof Möllenbronn gehört ihren Eltern. Elke Kesenheimer gibt Reitstunden, empfängt Schulklassen, koordiniert die Ferienfreizeiten, Vater Michael Kesenheimer kümmert sich um den Hof. Bei der WM darf nur er als Betreuer mit seiner Tochter zu Vidalin, und das auch nur zu bestimmten Zeiten. Nachts etwa bewachen Sicherheitskräfte die Stallungen. Niemand darf zu den Tieren – aus Angst vor Sabotage. „Das sind ganz andere Dimensionen als bei normalen Turnieren“, sagt Michael Kesenheimer über die Weltmeisterschaft.
Die Veranstalter der WM richten vom 7. bis 13. August einen Livestream im Internet ein – in Deutschland ist der Islandpferdesport jedoch kaum bekannt. Ganz anders in Island. „Da gibt es von den Turnieren TV-Übertragungen“, sagt Anna-Alice Kesenheimer. „Quasi jeder Isländer reitet.“Auch in den nordischen Ländern hat der Islandpferdesport eine größere Tradition als in Deutschland. „Aber er wird auch bei uns bekannter“, freut sich die 19-Jährige. Vom Sport leben können die Reiter nicht, Anna-Alice Kesenheimer hat im Frühjahr ihr Abitur gemacht („Das war mit den Turnieren schon ganz schön anstrengend“) und beginnt voraussichtlich eine Ausbildung zur Pferdewirtin auf dem Hof der Eltern. Ihr Traum ist ein Tiermedizinstudium. Den ersten kleinen Traum erfüllt sie sich aber bereits ab kommender Woche – bei ihrer ersten Teilnahme bei einer Weltmeisterschaft.