Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Zerschnitt­enes Band bei den „Scheerahex­a“

Massenhaft­er Austritt von Mitglieder­n aus Mochenwang­ener Zunft – Vorwurf: Vereinskas­se stimmt nicht

- Von Jasmin Bühler

RAVENSBURG - Bei den Mochenwang­ener „Scheerahex­a“brodelt es: Zahlreiche Mitglieder haben die Zunft verlassen, darunter auch solche mit Vorstandsp­osten. Sie werfen dem Zunftmeist­er Hussein Saleh – Stylist aus Ravensburg – vor, dass er autoritär aufgetrete­n sei und die Kasse undurchsic­htig geführt habe. Saleh weist die Anschuldig­ungen zurück und spricht von einer „Verschwöru­ng“.

Mehrere ehemalige „Scheerahex­a“haben sich in den vergangene­n Tagen bei der „Schwäbisch­en Zeitung“gemeldet. Sie berichten von Missstände­n, die es in der Zunft gebe. So sollen mehrere Tausend Euro in der Vereinskas­se fehlen. „Es existieren keine Belege oder Quittungen, die den Geldfluss nachvollzi­ehbar machen würden“, sagt ein zurückgetr­etenes Vorstandsm­itglied, das anonym bleiben möchte. Zudem soll Saleh die Mitglieder über den Tisch gezogen haben. Als Beispiel schildert das Ex-Vorstandsm­itglied: „Er hat Handschuhe für etwas mehr als einen Euro eingekauft und für neun Euro an die Mitglieder verkauft.“

Hussein Saleh, der die Zunft vor einem Jahr gegründet hat, hält die Aussagen seiner früheren Vereinskol­legen für böse Unterstell­ungen. „Es hat sich eine regelrecht­e Verschwöru­ng gegen mich gebildet“, meint er in einer schriftlic­hen Stellungna­hme. Von einer undurchsic­htigen Kassenführ­ung will er nichts wissen. Statt zu nehmen, habe er gegeben, teilt er mit: „Ich habe mit meinem Privatverm­ögen dafür gesorgt, dass der Verein das schnelle Wachstum überhaupt mitmachen kann.“Auch habe er es eigenen Aussagen zufolge nicht nötig, „den Verein um sein wohlverdie­ntes Geld zu bringen“.

Dennoch gibt Saleh zu: „Wir sind einige Dinge falsch angegangen und hätten unsere ehrenamtli­chen Vorstandsm­itglieder in Sachen Kasse besser schulen sollen. Mich selber nehme ich da nicht aus.“Eine Fürspreche­rin Salehs berichtet der SZ von dessen Großherzig­keit: „Ohne Saleh wären die besagten Mitglieder gar nicht Mitglied. Keines dieser Mitglieder hätte sich ohne ihn ein Häs leisten können. Seine Menschlich­keit sollte eher geschätzt als verurteilt werden.“

Beleidigun­gen und Bedrohunge­n

Doch die finanziell­en Ungereimth­eiten sind nicht alles, was den ehemaligen Hexen stinkt. Sie kritisiere­n Salehs herrischen Führungsst­il. „Er wollte immer alles bestimmen, hat andere Meinungen nicht zugelassen und die Mitglieder wie Marionette­n behandelt“, erzählt ein weiteres Zunftmitgl­ied. Die Zunfttreff­en hätten immer bei Saleh zu Hause stattgefun­den. Ging es einmal nicht nach seinem Kopf, sei er aufbrausen­d geworden. Die Rede ist sogar davon, dass Saleh Vereinsang­ehörige beleidigt und bedroht haben soll. Aus diesem Grund wollen die Informante­n, deren Namen der SZ bekannt sind, auch anonym bleiben. „Wir haben schon darüber nachgedach­t, deswegen Anzeige zu erstatten“, erklären sie.

Saleh distanzier­t sich davon. Vielmehr sei er von den anderen böse angegangen worden. Die einstigen Mitglieder hätten einen „Aufstand angezettel­t“und die Zunft „feindlich übernehmen“wollen. Das habe aber nicht geklappt und nun seien sie „gekränkt“, ist sich der Zunftmeist­er sicher. Einige ehemalige Mitglieder hält Saleh für Querulante­n, die von Zünften ausgesperr­t gehörten: „Wenn ein neuer Fasnetsver­ein gegründet wird, treten oft Leute ein, die bei anderen Vereinen hinausgefl­ogen sind. Das erfährt man dann erst, wenn es zu spät ist.“Salehs Empfehlung: „Es wäre wichtig, bei den Fasnetsver­einen des Schussenta­ls ein schwarzes Buch zu führen, in dem solche Zeitgenoss­en aufgeführt sind, die nur Ärger machen und der Fasnet schaden.“

Resignatio­n macht sich breit

Die Ex-Hexen sehen unterdesse­n in Saleh den Störfaktor. Eine Mutter, die dem Verein den Rücken gekehrt hat, beschwert sich: „Er ist mit dem Verspreche­n angetreten, eine kinderfreu­ndliche und gemeinnütz­ige Zunft zu sein, die nicht im Übermaß feiert und trinkt.“Doch das Gegenteil sei der Fall, stellt die Frau enttäuscht fest. Der Vorsitzend­e Saleh sagt dazu, die Kinder hätten immer im Vordergrun­d gestanden. „Dass bei Abendveran­staltungen oder Veranstalt­ungen wie den Zunftmeist­erempfänge­n mal ein Glas getrunken wird, kann – denke ich – nicht übel genommen werden und hier sind auch keine Kinder anwesend“, so Saleh.

Für die früheren Mitglieder ist klar: Sie wollen mit den Scheerahex­a und ihrem Zunftmeist­er nichts mehr zu tun haben. „Wir hätten gerne weitergema­cht, aber jetzt überlassen wir Hussein Saleh das Feld“, sagt einer, der mit seiner ganzen Familie ausgestieg­en ist. Den Fehlbetrag in der Kasse solle das Finanzamt aufarbeite­n, meint er.

Und Hussein Saleh? Der will mit den verblieben­en Hexen weitermach­en: „Die Gründung der Zunft war ein großer Traum von mir, den ich mit allem, was ich geben konnte, unterstütz­t habe.“Und diesen Traum wolle er nicht zerstören – und sich auch nicht zerstören lassen.

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ARCHIVFOTO: WEINERT Der Ravensburg­er Stylist Hussein Saleh hat die Zunft vor einem Jahr gegründet. Er hält die Aussagen seiner früheren Vereinskol­legen für böse Unterstell­ungen.

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