Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Balkenmäher soll Flora und Fauna schützen
Modellversuch auf Leutkircher Straßenbegleitflächen – Mähgut wird eingesammelt
LEUTKIRCH - Mehr Artenvielfalt an Straßen – das hat die Fraktion der Grünen vor einigen Monaten in einer Kreistagssitzung gefordert. Das Ergebnis: ein mehrheitlich beschlossener Modellversuch. Dieser soll zeigen, wie sich eine Veränderung bei der Pflege von sogenannten Straßenbegleitflächen auf die Arten- und Blütenvielfalt auswirkt.
Auf drei Grünflächen mit je ungefähr 2000 Quadrametern – nahe Diepoldshofen, Auenhofen und Gebrazhofen – werden im Rahmen des Versuchs die herkömmlichen Mähmaschinen durch sogenannte Balkenmäher ersetzt. Das erklärt Heinz Strubel, Kreistagsmitglied für die Grünen, im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Bisher werde das Gras regelmäßig sehr kurz geschnitten: „Da lebt anschließend nichts mehr“, meint Strubel. Gemeint sind sämtliche Tiere und Pflanzen, die dort beheimatet sind. Zudem kritisiert der Politiker, dass das Mähgut liegen gelassen wird.
Keine lichtabdeckende Schicht
Mit dem Balkenmäher werde das Gras nun unter anderem weiter oben abgeschnitten, um die Fruchtbildung der meisten Blütenpflanzen nicht zu verhindern. Das Mähgut wird anschließend eingesammelt und dient als Tierfutter oder Einstreu. So entstehe ein zunehmend magerer Boden ohne lichtabdeckende Schicht. Laut Strobel sind das gute Bedingungen etwa für Salbei, Lichtnelken, Flockenblumen oder Hornklee.
Der Nachteil dieser Methode: Sie braucht Zeit. „Der Aufwand ist ungefähr doppelt so hoch“, erklärt Thomas Beckers aus Diepoldshofen, der einige Mäharbeiten im Rahmen des Modellversuchs vor Kurzem durchgeführt hat. Dennoch sieht auch er vor allem die positiven Seiten. Das eingesammelte Mähgut könne er als Nebenerwerbsbauer verwenden, um Heu herzustellen. „Man kann es sich dann zum Beispiel sparen, teures Stroh zu kaufen“, so Beckers.
Heinz Strubel verfolgt indes das Ziel, den Einsatz von Balkenmähern langfristig zu etablieren und weitere Straßenbegleitflächen für die Methode zu gewinnen. Der finanzielle Aufwand dafür sei überschaubar: „Das ist eine sehr billige Lösung.“Unter anderem, weil einige Balkenmäher aus früheren Zeiten bereits vorhanden seien und nicht neu angeschafft werden müssten. Der Versuch jedenfalls kostet laut Strubel weniger als Tausend Euro. Schwieriger könnte sich die Suche nach Arbeitern gestalten, die auf freiberuflicher Basis das Gras mähen.
Biologen begleiten Modellversuch
Der aktuelle Modellversuch wird von der Straßenmeisterei Leutkirch unterstützt und von Biologen begleitet. Ein Laufzeitende ist nicht vereinbart. Die Ergebnisse nach den ersten Mäharbeiten seien positiv, ist sich Strubel sicher. Für „gejubel“sei es allerdings noch zu früh. Dennoch: An den bereits mit Balkenmähern bearbeiteten Bereichen befänden sich viele Blütenpflanzen, meint er.
Sinn mache die Methode allerdings nur bei wenig befahrenen Straßen, erklärt Strubel. Dies ist bei unter 1000 Autos pro Tag der Fall. Eine Analyse habe ergeben, dass an Streckenabschnitten, die viele Fahrzeuge passieren, die Qualität des Bodens für den Versuch nicht gut genug ist. Denn dort sei beispielsweise der Reifenabrieb höher.
Ob die Testphase am Ende von Erfolg gekrönt sein wird, werde sich im kommenden Sommer zeigen. „Dann schauen wir, ob es Veränderungen im Artenspektrum gibt“, so der Kreisrat.