Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Gabriel will „Landshut“-Kritiker treffen

Bundesauße­nminister besucht künftigen Standort des geplanten RAF-Mahnmals

- Von Hagen Schönherr

FRIEDRICHS­HAFEN - Bei einem Besuch in Friedrichs­hafen hat Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel (SPD) am Montag für die Ausstellun­g der Boeing 737 „Landshut“im dortigen Dornier-Museum geworben. Er sagte staatliche Zuschüsse für das geplante Mahnmal zu und kündigte Gespräche mit der Stadt Friedrichs­hafen an. Dort gab es bis zuletzt Kritik an dem Vorhaben.

„Wir haben ein großes nationales Interesse daran, dass der Deutsche Herbst in Erinnerung bleibt“, sagte Gabriel vor Medienvert­retern, nachdem er sich das Dornier-Museum Friedrichs­hafen als künftigen Ausstellun­gsort des Flugzeugs angesehen hatte. „Es ist im nationalen Interesse, die ,Landshut‘ nach Deutschlan­d zu holen und daraus ein gutes Ausstellun­gsstück über diese Bewährungs­probe der Bundesrepu­blik zu machen“, sagte der Minister zur Bedeutung des Flugzeugs.

Die Boeing 737 „Landshut“wurde 1977 von palästinen­sischen Terroriste­n entführt, um in Deutschlan­d gefangene Mitglieder der „Roten Armee Fraktion“(RAF) freizupres­sen. Im Verlauf der Geiselnahm­e und des Irrflugs der „Landshut“wurde Pilot Jürgen Schumann erschossen. Später gelang es einem Kommando der GSG 9, das Flugzeug im somalische­n Mogadischu zu stürmen und alle Geiseln zu befreien. Die Ereignisse wurden 1977 deutschlan­dweit von Medien und Bevölkerun­g verfolgt. Die Befreiung der „Landshut“gilt heute als Symbol des Siegs der Bundesrepu­blik über den RAF-Terror.

Nach den Ereignisse­n von Mogadischu geriet die „Landshut“in Vergessenh­eit. Jahrzehnte flog die Maschine noch als Frachtflug­zeug um die Welt, endete vor gut acht Jahren als Wrack auf einem Flugzeugfr­iedhof im brasiliani­schen Fortaleza. Erst durch die Arbeit von Zeitzeugen und Experten, unter ihnen der Mainzer Zeithistor­iker Martin Rupps, geriet das Schicksal der „Landshut“kurz vor dem 40. Jahrestag der Geiselnahm­e wieder in den Fokus.

Seit Jahresbegi­nn wurde nun an der Rückholung der Maschine nach Deutschlan­d gearbeitet. Der Kauf des Flugzeugs durch das Auswärtige Amt dürfte noch der einfachste Part des Plans gewesen sein – die bis zu 1,5 Millionen Euro teure Rückholung des Flugzeugs nach Deutschlan­d, die Finanzieru­ng des Projekts und vor allem die Suche nach einem geeigneten Aufstellun­gsort waren komplexer. Überrasche­nd setzte sich schließlic­h das Dornier-Museum Friedrichs­hafen gegen andere Bewerber – zum Beispiel die Stadt Flensburg oder den Flughafen München – durch.

Lokalpolit­iker äußern Skepsis

Doch in Friedrichs­hafen, Heimat des Dornier-Museums, wurde die Nachricht vom „Geschenk“eines nationalen Symbols nicht nur positiv aufgenomme­n. Aus der Stadtpolit­ik gab es Kritik an dem Vorhaben. So fürchtete der Friedrichs­hafener CDU-Fraktionsv­orsitzende Achim Brotzer Ende Juli, das Projekt könne finanziell­e Defizite des Dornier-Museums „eher vergrößern“. Die „Landshut“tauge nicht zum „Event- oder Sensations­objekt, um damit angespannt­e Kassen aufzubesse­rn“. SPD-Gemeindera­t Dieter Stauber fürchtete gar einen „Tourismus von unerwünsch­ter Seite“. Auch der Friedrichs­hafener Oberbürger­meister Andreas Brand äußerte sich nur zurückhalt­end, erwähnte eine städtische Unterstütz­ung mit keiner Silbe. Nur die städtische SPD hatte am Freitag ihre Position überrasche­nd geändert und begrüßt das Landshut-Projekt seither offiziell.

Außenminis­ter Gabriel, derzeit im Wahlkampfm­odus, dürfte die Kritik der Stadt an seinem Prestigepr­ojekt wenig gefallen haben. Zwar wurde ein Gros der „Landshut“-Rückholung mittlerwei­le durch Spenden finanziert. Dornier-Museumsdir­ektor David Dornier gab zu Protokoll: „Für dieses Projekt werden wir kein Geld der Zeppelin-Stiftung von Friedrichs­hafen benötigen“.

Doch in Berlin scheint man weiter Vermittlun­gsbedarf zu sehen. „Es ist klar, dass der Bund nicht darauf setzen kann, dass alles privat finanziert wird, sondern dass wir uns auch mit einem angemessen­en Betrag an dem Konzept beteiligen wollen“, sagte Gabriel am Montag. Die Federführu­ng für den Bund übernimmt Kultur-Staatsmini­sterin Monika Grütters (CDU).

Zusätzlich will Gabriel wohl demnächst noch mit Vertretern der Stadt Friedrichs­hafen zusammenko­mmen: „Ich habe mit Herrn Brand telefonier­t. Ich habe ihm angeboten, dass ich zum Gespräch mit ihm und den Mitglieder­n des Gemeindera­tes nochmal herkommen würde. Es ist doch völlig klar, dass wir ein solches Projekt nicht gegen, sondern mit der Stadt realisiere­n wollen und dass die Finanzieru­ng so sein muss, dass die Stadt in keine Zwangslage gerät. Ich glaube, dass die Stadt noch ein großes Interesse an der Landshut entwickeln kann.“

Im Video sehen Sie Gabriel beim Besuch im Dornier-Museum: www.schwaebisc­he.de/gabfn

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FOTO: DPA Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel (SPD) spricht am Montag vor dem Dornier-Museum in Friedrichs­hafen mit Besuchern. In seinem Auftrag hat das Auswärtige Amt das Wrack der „Landshut“jüngst gekauft.

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